Tödliche Beute
das ist seit Jahren der erste neue Anzug, den ich mir gekauft habe.«
Therri musste unwillkürlich lachen. »
Unglaublich.
Sie wären beinahe erschlagen worden und machen sich Sorgen um Ihren Anzug.« Sie schloss ihn herzlich in die Arme.
Austin beklagte sich nicht einmal dann, als ihr Körper sich gegen seine Messerwunde presste. Therri roch sehr gut, dachte er. Plötzlich zuckte sie zusammen, wich zurück und blickte erschrocken an ihm vorbei.
»Kurt, Vorsicht!«
Austin fuhr herum und sah, dass der verbliebene Angreifer das Bewusstsein wiedererlangt hatte und sich schwerfällig aufrappelte. Der Mann starrte sie einige Sekunden an und war offenbar immer noch benommen.
Austin ballte die Fäuste und trat vor, um den Kerl zurück ins Traumland zu schicken, hielt jedoch abrupt inne, als ein kleiner hellroter Punkt auf der Stirn des Mannes erschien.
»Runter!«, schrie er Therri an. Als sie zögerte, riss er sie zu Boden und schirmte sie mit dem eigenen Körper ab.
Der Mann kam ein Stück auf sie zu, schien urplötzlich gegen eine unsichtbare Wand zu stoßen, ging in die Knie und fiel bäuchlings auf den Gehweg. Austin hörte Schritte und sah jemanden die Straße hinunterlaufen. Dann half er Therri wieder auf die Beine und entschuldigte sich für sein grobes Verhalten.
»Was ist passiert?«, fragte sie verwirrt.
»Man hat unseren Freund erschossen. Ich habe den Leuchtpunkt der Laserzielvorrichtung bemerkt.«
»Warum sollte jemand so etwas tun?«
»Vielleicht wollte sein Arbeitgeber ihm auf besonders drastische Weise kündigen.«
»Oder man wollte nicht, dass er redet«, sagte sie und musterte den Toten.
»In beiden Fällen erscheint es gesünder, sich nicht länger hier aufzuhalten.«
Er nahm Therri beim Arm und führte sie weg.
Unterwegs hielt er beständig nach den Angreifern Ausschau. Erst als die Lichter ihres Hotels in Sicht kamen, atmete Kurt erleichtert auf. Die Cocktailbar des Palace kam ihnen wie eine andere Welt vor. Austin und Therri nahmen an einem Ecktisch Platz, hörten überall um sich herum fröhliches Stimmengewirr und im Hintergrund ein Jazzpiano, das ein Stück von Cole Porter spielte. Austin hatte für jeden einen doppelten Scotch bestellt.
Therri trank einen großen Schluck und ließ den Blick über die anderen Gäste schweifen. »Ist das da draußen
tatsächlich
passiert?«
»Es war keine Neuaufführung der
West Side Story
, falls Sie das meinen. Woran können Sie sich erinnern?«
»Es ging alles so schnell. Zwei dieser Schläger haben mich gepackt.« Sie runzelte die Stirn. »Sehen Sie nur, was die mit meiner Frisur angestellt haben.« Je mehr ihre Angst sich legte, desto wütender wurde sie. »Wer
waren
diese Kerle?«
»Der Überfall war gut koordiniert. Die wussten, dass wir in Kopenhagen sind, und müssen uns heute Abend beobachtet haben, um diesen Hinterhalt zu legen. Wie lautet Ihre Vermutung?«
»Oceanus?«, erwiderte Therri ohne zu zögern.
Austin nickte grimmig. »Ich habe auf den Färöern selbst erlebt, dass Oceanus nicht nur gewaltbereit ist, sondern auch über zahlreiche Schlägertypen sowie die entsprechenden Mittel verfügt. Was ist dann geschehen?«
»Die beiden haben mich losgelassen. Einfach so. Dann sind sie weggerannt, und die anderen Männer haben sie verfolgt.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich wünschte, unsere barmherzigen Samariter wären geblieben und ich hätte mich bedanken können. Sollen wir zur Polizei gehen?«
»Normalerweise ja, aber ich weiß nicht, ob es viel nützen würde. Womöglich tut man alles als versuchten Raubüberfall ab. Und in Anbetracht Ihrer heiklen Beziehung zu den dänischen Behörden könnten Sie länger als gewünscht in polizeilichem Gewahrsam landen.«
»Sie haben Recht«, sagte Therri und trank aus. »Ich gehe jetzt lieber auf mein Zimmer. Wir fliegen morgen sehr früh zurück.«
Austin brachte sie bis zur Tür. »Ist auch wirklich alles in Ordnung?«
»Ja, es geht mir gut. Vielen Dank für den interessanten Abend. Sie wissen, wie man einem Mädchen die Zeit vertreibt.«
»Das war doch noch gar nichts. Bei unserer nächsten Verabredung gebe ich mir mehr Mühe.«
Sie lächelte und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen.
»Ich kann’s kaum erwarten.«
Er war beeindruckt, wie schnell Therri sich wieder gefasst hatte. Sie erwies sich als zarter Schmetterling mit eisernem Panzer. »Rufen Sie mich an, falls Sie etwas brauchen.«
Sie nickte. Austin wünschte ihr eine gute Nacht und ging zum Auf zug. Als die Türen sich
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