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Toedliche Brautnacht - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Erster Roman

Toedliche Brautnacht - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Erster Roman

Titel: Toedliche Brautnacht - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Erster Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordian Robert
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aufzusuchen. Es würde nicht schwer sein, die Schweine zu finden, denn ihre Klauenspuren waren in der feuchten Erde leicht zu verfolgen. Schwieriger würde es sein, innerhalb einer Stunde genug Holz zu schlagen, um die geforderten fünf Klafter zusammenzubringen. Das kleine Beil war abgenutzt und taugte kaum dazu, einen Baum umzuhauen. Es blieb mir also nichts anderes übrig, als Bruchholz zu sammeln, Äste abzutrennen und mich vielleicht an einigen dünnen Pappeln zu versuchen.
    Würde Thiedericus seine Drohung wahrmachen, wenn ich nicht rechtzeitig zurückkam? Eigentlich konnte es unter keinen Umständen rechtens sein, eine Kuh anstelle eines Schweins zu beschlagnahmen, doch es gab niemanden, den wir ob einer solchen Ungerechtigkeit um Beistand anrufen konnten. Die Bewohner unseres Dorfes waren keine Freibauern, sondern Hörige, und Thiedericus selbst besaß die niedere Gerichtsgewalt. Gewiss gab es noch das gräfliche Gericht, doch das war im fernen Blankenburg, und da der Graf unsere abgelegene Besitzung nie aufgesucht hatte, erschien er mir ebenso fern und unerreichbar wie der Papst. Konnte es tatsächlich wahr sein, dass Thiedericus mich und meinen Vater aus einer missgünstigen Laune heraus zum Hungertod verurteilte?
    Heilige Jungfrau, Mutter unseres Erlösers, betete ich, während ich über ein brachliegendes Feld stapfte und den Wald erreichte. Lass nicht zu, dass dies geschieht.
    Ich bat die Muttergottes, all jenes Unglück zu bedenken, das mich und meinen Vater bereits heimgesucht hatte: das Hinscheiden meiner Mutter, den Tod meines Bruders, Elend, Krankheit und Not. Doch noch eine andere Stimme im Innern meines Geistes mischte sich dazu, und diese verwünschte den grausamen Verwalter. Er selbst sollte Weib und Kind verlieren, seine Tiere sollten an Seuchen zugrunde gehen, die Früchte in seinem Garten sollten verderben und er selbst vom Pilzbrand heimgesucht werden, dass es ihm die Eingeweide zerriss. Ich schalt mich angesichts solcher bösen Gedanken, die meine Gebete störten, vermochte die rachsüchtige Stimme jedoch nicht zum Schweigen zu bringen. Und als ich endlich einen Baum gefunden hatte, den umzulegen ich mir zutraute, hieb ich mit dem kleinen Beil wie besinnungslos auf den Stamm ein und stellte mir vor, es sei der Hals des Schurken.
    Wenn ihm doch nur der hässliche Kopf von den Schultern getrennt würde, dachte ich zornig.
    Und vielleicht vernahm der Teufel meine Bitte, denn zuweilen gibt er den Menschen durchaus, was sie verlangen, stets jedoch unter Hohngelächter und zu ihrem Schaden.
    Als nämlich die schlanke Pappel endlich umknickte, hielt ich inne, durch ein Geräusch aufgestört, und spähte zwischen den Bäumen hindurch in Richtung der Hügel jenseits des Waldes. Zuerst meinte ich, es sei nur das Scharren und Grunzen der Schweine, die sich irgendwo in der Nähe aufhalten mussten. Dann jedoch begriff ich, dass etwas Ungeahntes in der Ferne heraufzog, etwas, das wie der Ansturm einer Rinderherde klang und mich mit plötzlichem Entsetzen bannte. Unwillkürlich packte ich das Beil fester und umschloss den Griff mit beiden Händen, während ich gegen die Vormittagssonne blinzelte.
    Der Lärm schwoll an, und mit einem Mal erhoben sich dunkle Schatten auf den Hügeln und fluteten ins Tal, geradewegs auf das Dorf zu. Ich fühlte mein Herz heftig schlagen, als ich Fußknechte in ledernen Waffenröcken erkannte, Äxte und Streitpickel schwingend. Hinter ihnen tauchten Reiter auf, in voller Rüstung mit Schild und Kettenhemd.
    Im nächsten Moment stürzten die fünf Schweine an mir vorbei, die am Waldrand Eicheln aufgelesen hatten. Sie stoben quiekend und grunzend zum Dorf zurück, und ihre Flucht riss endlich auch mich aus meiner Erstarrung. Ich folgte ihnen und rannte um mein Leben. Inzwischen gewahrten auch die übrigen Dorfbewohner die Heimsuchung. Männer, die auf den Feldern arbeiteten, richteten sich erschrocken auf, ließen ihre Hacken sinken und beschatteten die Hände gegen die Sonne. Rinder und Ziegen auf der Weide scharrten, blökten erregt und warfen die Köpfe empor. Frauen kreischten und trieben ihre Kinder in die Häuser.
    „Feinde!“, schrie ich, als ich die Dorflinde erreichte, den Weg zum Haus meines Vaters einschlug und Gunde erblickte, die an ihrem Gartenzaun stand und mir entgegenstarrte. Der Korb mit den Äpfeln fiel ihr aus der Hand, und sie stürzte zur Haustür.
    Im nächsten Moment fühlte ich mich am Kragen gepackt, wirbelte herum und starrte in das verhasste

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