Tödliche Ernte
mit stattlichen Säulen und Toreinfahrt.
Langsam tastete ich nach dem Türgriff. Chesas Tod setzte mir zu.
Komm schon, Kindchen, reiß dich zusammen. Ich fuhr mit den Fingern durch meine wilden Locken, legte ein bisschen Lippenstift auf und ging hinein.
Dave Haywood kam mir in der Eingangshalle entgegen. Haywood war einer der Besten in diesem Geschäft. Ein herzlicher Mann mit sportlicher Figur und einem für Nebraska typischen Gesicht. Seine Familie brachte schon seit Generationen Tote unter die Erde.
»Hi, Tally! Lange nicht gesehen.« Haywood drückte mich an sich und ließ mich einen Tick zu spät wieder los.
»Können wir uns im Anbau unterhalten?«, fragte ich.
»Klar. Du siehst aus, als könntest du einen Drink vertragen.« Er führte mich durch die Besucherräume zu der fröhlichen, gelb gestrichenen Wohnung hinter dem Bestattungsunternehmen.
»Ich kann den Old Grandad beinahe schmecken, aber da wir erst Mittag haben, wäre ein Kaffee vielleicht besser.«
Er fing an, den Kaffee zuzubereiten. »Du leidest unter Appetitmangel, Tally. Das seh ich dir an. Obwohl du natürlich wie immer umwerfend aussiehst. Ich habe Karten für das Eishockeyspiel nächsten Sonntag. Die Bruins spielen. Hast du Lust?«
»Ich bin doch sonntags immer bei Veda«, sagte ich lahm.
»Dann ein andermal?«
»Dave, ich …«
»Mir fällt bestimmt noch was Besseres ein.«
Na toll. Ich lächelte.
»Also, Tally, wenn es nicht die Bruins sein sollen, was kann ich dann für dich tun?«
Ich traf alle Vorkehrungen für Chesas Trauerfeier mit der anschließenden Einäscherung. Dann erzählte ich ihm von Dellas verschwundener Leiche und McArdle.
Er stellte unsere Tassen auf den Kaffeetisch und ließ sich auf den Stuhl mir gegenüber gleiten. »Was für eine seltsame Welt. Manchmal will unsereins seine Toten beschützen. Vielleicht hat er sie deshalb an sich genommen.«
»Kennst du McArdle?«
»Sagt mir nichts.« Seine Hand wanderte zu meiner. Er fing an, sie zu reiben.
Nach einer Sekunde tat ich so, als wolle ich Milch in meinen Kaffee gießen und zog sie zurück. Das war einer von diesen peinlichen Momenten zwischen Mann und Frau, die ich hasste. Ich überging ihn, indem ich am Kaffee nippte.
»Ich kann nachvollziehen, warum McArdle eine Riesenangst vor Blessing hat«, sagte ich. »Aber es ist so frustrierend, dass er nicht wiederaufgetaucht ist.«
»Er ist vermutlich Zeuge am Mord deiner Freundin gewesen, richtig?«
»So habe ich es noch gar nicht gesehen, aber ja, stimmt. Er könnte sich verstecken, bis Blessing geschnappt wird.«
»Hört sich an, als wäre er ein Weichei.«
»Vielleicht ein bisschen nervös. Aber er kam mir wie ein anständiger Kerl vor. Du weißt schon, wie jemand, der das Richtige tut. Für Obdachlose arbeitet er manchmal sogar kostenlos.«
Seine Brauen fuhren in die Höhe. »Gratis für die Obdachlosen? Das ist mir neu.«
»Ich möchte ihn wirklich dringend finden, damit ich Chesas Schwester beerdigen kann. Und ich möchte mit ihm reden. Er war einer der Letzten, die Chesa vor ihrem Tod gesehen haben.«
Dave lehnte sich zurück. »Ist dir schon mal der Gedanke gekommen, dass dieser McArdle nicht ganz ehrlich ist?«
»Nein. Warum sollte er?«
Er zuckte die Achseln. »Du weißt doch, was eine Trauerfeier mit Beerdigung kostet. Hat er diesen Typen Gräber gekauft oder sie eingeäschert?«
»Er hat Erdbestattungen angedeutet.«
»Klingt komisch in meinen Ohren. Ich überprüf das mit den Gratisbeerdigungen mal. Wir sind ja nicht viele in dem Geschäft. Einer meiner Kollegen würde davon wissen, wenn jemand Obdachlose gratis beerdigen würde.«
»Besorg mir einfach McArdles Telefonnummer und Adresse.« Ich stand auf.
»Kein Problem. Ach, und wie wäre es mit Karten für die neue Show im Colonial?«
»Dave, ich … Gerne.«
Am nächsten Morgen überraschte ich Dixie O’Toole mit einer Schachtel Krispy Kreme Doughnuts. Sie war gerade dabei, sich die Lockenwickler aus dem üppigen braunen Haar zu nehmen.
Ich brannte förmlich darauf, Blessings Bleibe zu erforschen, doch Dixie ließ sich von niemandem je aus der Ruhe bringen.
Sie schnappte sich die Schachtel Doughnuts. »Bin in einer Sekunde fertig.« Als sie wieder aus dem Bad auftauchte, saß jedes Haar perfekt; seitlich und hinten war es zu einer Vierzigerjahrefrisur hochgesteckt. Obwohl es mitten im Winter war, trug sie einen gepunkteten Seidenrock und umwerfende Stöckelschuhe.
»Was hast du dich wieder aufgetakelt«, sagte ich.
»Das muss
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