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Tödliche Ernte

Tödliche Ernte

Titel: Tödliche Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicky Stiefel
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Aufnahmegerät.
    Meine Augen füllten sich mit Tränen. Ich fuhr mir mit dem Unterarm übers Gesicht.
    Fogarty hob das Messer, um den Y-förmigen Schnitt in Chesas Brust zu machen und weiter bis zum Schambein zu schneiden.
    Statt die Chesa von heute zu sehen, sah ich sie als Elfjährige, deren Eingeweide aufgeschnitten wurden. Dann sah ich mich selbst. Ich trug eine zerschlissene Jeans und einen Pulli, einen blauen mit rosa Blumen drauf – den hatte ich auch an, als ich meinen Dad gefunden hatte. Dann malte ich mir aus, wie Fogarty durch meinen Körper schnitt, langsam, kontrolliert, und wie er mich gleichzeitig untersuchte, über mich redete, verbal das Verbrechen sezierte, während meine Hülle offen und widerstandslos auf einer kalten Stahlbahre lag.
    Ich drehte mich um und ging hinaus.

6
    Leise schloss ich die Tür zu meinem Büro hinter mir. Penny jaulte. Ich stützte mich am Schreibtisch ab. Ich zitterte. So etwas hatte ich noch nie getan – im Geiste die Leichen auf dem Autopsietisch ausgetauscht. Ich drückte eine gekühlte Limodose gegen meine Stirn.
    Ein leises Klopfen. »Herein«, sagte ich.
    »Hi, Tally.« Marys sanfte braune Augen trafen meine, dann glitten sie weiter zum Fenster. »Ich, ähm, ich hab gestern Abend einen komischen Anruf erhalten. Ich dachte, du solltest davon wissen. Habe ich einen schlechten Zeitpunkt erwischt?«
    »Ganz und gar nicht.« Marys Mutter war ermordet worden. Das hatte sie gebeugt. Für immer. Genau, wie es mich gebeugt hatte.
    Sie war seit drei Jahren bei uns und wurde allmählich zu einer erstklassigen Beraterin. Sie war lieb, ruhig und unsicher, und sie trug mehr Make-up als eine Showtänzerin. Diese Maske war ihr Schutz gegen den Schmerz. Ich verstand das nur zu gut.
    »Erzähl erst mal von dem Anruf«, sagte ich.
    »Er hat gesagt … gesagt, dass er mich beobachtet. Dich und Donna auch. Dass er uns vermisst. Dass wir etwas ganz Besonderes für ihn sind.« Sie zuckte die Achseln. »Gert war auch der Meinung, dass ich es dir sagen soll. Vielleicht ist es ja gar nichts, aber … Es könnte auch Roland Blessing gewesen sein.«
    »Hat er dir gedroht?«
    »Nicht wirklich.«
    Sie kaute auf ihrer Lippe. »Nicht gerade mit Worten. Aber sein Tonfall machte mich nervös. Weißt du, was ich meine?«
    »Klar weiß ich das. Hast du es der Polizei gesagt?«
    »Ja. Sofort.«
    Ich nickte. »Bitte sei besonders vorsichtig, Mary.«
    »Oh, das bin ich. Donna und ich haben die Polizei bei uns zu Hause angerufen, und sie werden ein Auge auf uns haben. Du solltest das auch tun.«
    »Mach ich, Mary. Danke.«
    Nachdem sie weg war, machte ich mir eine heiße Schokolade. Blessings Anruf war eigenartig für jemanden mit seinem Profil. Die Unvollständigkeit dieses Profils störte mich. Ich rief Dixie an, die bestätigte, dass Blessing niemanden hatte. Das passte. Er konnte uns beobachten, um Verbindung aufzunehmen.
    Laut Dixie lebte er in einem schäbigen kleinen Mietshaus. Sie behauptete, er habe all sein Geld für Moiras Musikunterricht und ihre Wohnung ausgegeben. Das ließ ihn nobel erscheinen. Aber sie erzählte mir auch von seiner schäbigen Masche, bei der er vorgab, für einen Wohltätigkeitsverein der Polizei zu sammeln. Er nahm alten Leutchen Geld ab, die nicht erkannten, dass er ein Betrüger war.
    Ich war sicher, dass er ein Stück von diesem Kuchen an Pisarro abtrat.
    »Er ist ein kleiner Fisch«, sagte sie. »Aber er hält sich gern im Dunstkreis der ganz Großen auf. Steht auf die harte Nummer.«
    »Wirklich? Das scheint mir nicht so. Oh, ich weiß, dass er üble Dinge anstellt, doch in meinen Augen ist er verängstigt, er ist ein Mann, der andere Ganoven als Tarnung benutzt.«
    »Nie im Leben«, sagte Dixie. »Er ist ein großmäuliger …«
    »Genau das meine ich. Er hat eine große Klappe, ergreift aber nie die Initiative. Und doch hat er gemordet. Kannst du uns Zutritt zu seiner Wohnung verschaffen?«
    »Ich weiß nicht, Tally. Wenn er uns ertappt, wird er bestimmt ganz schön sauer.«
    »Dix, komm schon.«
    »Gib mir ’n bisschen Zeit.«
    Eine Stunde später rief sie zurück und sagte zu. Wir verabredeten uns für den nächsten Morgen, dann nahm ich Penny an die Leine und brach Richtung Newton zum Beerdigungsunternehmen Haywood auf.
    Es war an der Zeit, Chesas Trauerfeier vorzubereiten. Außerdem tippte ich darauf, dass Dave Haywood McArdle für mich auftreiben konnte. Ich hoffte nur, dass er mich nicht um ein Date bat.
    Eine halbe Stunde später hielt ich vor einem Anwesen

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