Tödliche Ewigkeit
ich habe dir gesagt, dass ich dich liebe, nachdem ich zum ersten Mal sah, wie ungewollt ein Lächeln über dein Gesicht huschte … Aber du lächelst nicht mehr .«
»Genug«, schrie Steve und presste seine Hand auf Jeffs Mund. Auch dieser wollte den Redefluss stoppen, der seinen Körper durchströmte. Doch eine innere Kraft befreite ihn aus dem Griff seines Gegners, und weitere Worte kamen über seine Lippen. Es war zwar seine Stimme, doch es war nicht er, der sprach.
» Du bist tot, Steve, du bist tot. Du glaubst, für das Leben einzutreten, indem du den Tod bekämpfst, doch du bist nur das Werkzeug deiner Angst vor dem Leben. Der Tod gehört nun mal dazu. Fürchte dich nicht vor dem Tode, sondern davor, als Lebender tot zu sein, erstarrt in der Angst vor dem Leben .«
Buchanans Finger krallten sich in Jeffs Hals.
»Seien Sie still! Seien Sie endlich still!«
Als sich ein rotschwarzer Schleier über Jeffs Augen legte, stürmten zwei Wachposten in das Zimmer.
»Alles in Ordnung, Professor?«
Der Wissenschaftler lockerte seinen Griff und wich einen Schritt zurück.
»Ja, ja, schon gut.«
»Sind Sie sicher, Sir?«
»Ich sagte es doch schon, alles in Ordnung. Gehen Sie auf Ihren Posten zurück.«
Steve verließ das Zimmer, ohne Jeff anzusehen.
Dieser rang noch immer nach Atem und sagte sich, dass Lucie wohl gerade ihren letzten Trumpf ausgespielt hatte.
Und dass alles verloren war.
Ann versank nach und nach in einen Dämmerzustand. In ihren letzten bewussten Augenblicken hatte sie sich gesagt, dass sie nun sterben würde und es auch besser so wäre. Denn dann würde sie nicht mehr leiden müssen.
Jeff spürte, wie er allmählich wieder zu Kräften kam, doch er rechnete nicht damit, sie noch einmal nutzen zu können. Er lag an sein Bett gefesselt da, während die Tage verstrichen. Steve Buchanan ließ sich nicht mehr blicken.
Lucie hatte es versucht.
Und war gescheitert.
Zwei Leben waren dafür vertan worden, seins und Anns. Merkwürdigerweise nahm er Lucie das nicht übel. Sich selbst und niemand anderem machte er dagegen große Vorwürfe, seine junge Kollegin in dieses verhängnisvolle Abenteuer hineingezogen zu haben. Er war der einzig Schuldige. Und er konnte nicht aufhören, an sie zu denken. Nur wegen seiner Gewissensbisse?
Ann war hochanständig, noch dazu hübsch. Und, das gestand er sich nun ein, eine begehrenswerte Frau.
Er hätte alles dafür gegeben, sie aus dieser Hölle zu befreien.
Es ist 4.00 Uhr morgens, und Steve Buchanan schläft nicht. Nichts hat ihn aufgeweckt, und doch … wartet er.
Aber sie kommt nicht.
Er hätte es beinahe geglaubt.
Geglaubt, dass die einzige Frau, die er je geliebt hat – er, der nicht imstande war zu lieben –, aus dem Reich der Toten zurückgekehrt war, um ihn mit dem Leben zu versöhnen.
Einbildung.
Alles nur Einbildung.
Und diese flüchtige Hoffnung hat ihm lediglich bewusst gemacht, wie sehr er das Leben verabscheut, das er selbst gewählt hat.
Gegen den Tod ankämpfen, wozu?
Wozu überhaupt kämpfen, ganz gleich wogegen?
Niemals zu sterben genügt nicht, um einem Leben einen Sinn zu geben, das unwiderruflich sinnlos ist.
Steve steht auf und öffnet das Fenster.
Eine leichte Brise lindert die unerbittliche Trockenheit der Wüste. Er lässt zu, dass sie sein Gesicht streichelt.
Wie sie es so gerne tat, mit diesem selbstvergessenen Ausdruck, der so typisch war für sie.
Der Sinn des Lebens ist es, am Leben zu sein .
Der Tag brach an. Gemeinsam beobachteten sie, wie die Sonne, ihre lodernde Schönheit, am Horizont aufging. Sie hatte stets diesen Satz vor sich hingemurmelt.
Lucie.
An der Grenze zwischen nächtlichem Himmel und ausgedörrter Erde zeichnet sich der erste Schimmer ab.
Da, für einen kurzen Moment, in der vergänglichen Zärtlichkeit der Morgenröte, ist sie da.
Er spürt sie.
Sie .
Ein Schwall unendlicher, unerklärlicher, ungebändigter Freude, der seinen Körper durchströmt. Er fühlt sich geliebt. Er fühlt auch sich imstande zu lieben. Als Nächstes, wie ein schmerzhafter Biss, der Zweifel: Hat er nur geträumt?
Dann entschwindet dieser Eindruck wie ein Windhauch und hinterlässt in Steve eine unsägliche Leere.
Tränen rinnen über seine Wangen.
Ein Strom von Tränen, den er nicht einmal aufzuhalten versucht.
Mulligan war halb eingenickt, als Buchanan sein Zimmer betrat.
»Wie spät ist es?«, fragte Jeff mit schwerer Zunge.
Der Wissenschaftler löste die Riemen, die in seine Handgelenke schnitten. Kein
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