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Tödliche Ewigkeit

Tödliche Ewigkeit

Titel: Tödliche Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Marquet
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bürgte. Sie schloss auf, trat als Erste ein, drehte sich um und warf sich in seine Arme. Die Wärme der jungen Frau tat ihm gut. Sie zog ihn ins Schlafzimmer und begann ihn auszuziehen. Es ließ es geschehen. Als sie nackt neben ihm lag, wollte sie sein Geschlecht berühren, doch er zog sie heftig an sich. So konnte sie nur seinen Rücken streicheln, und ihre Hand glitt über seinen Nacken und die Wirbelsäule hinab. Aus der sinnlichen Liebkosung wurde eine beruhigende Massage, der sich Jeff ganz hingab, und die aufgestauten Spannungen fielen nach und nach von ihm ab.
    »Hast du keine Lust?«, flüsterte sie.
    »Ich habe Lust, in deinen Armen zu sein.«
    Er legte den Kopf in ihre Halsbeuge und suchte hinter dem schweren Parfum, das sie für ihre Kunden trug, ihren eigenen Duft. Sie legte die Hände auf seinen Kopf.
    »Sie wollen mich rausschmeißen«, sagte er.
    »Das sagst du schon seit Jahren.«
    »Ich habe Mist gebaut.«
    Sie streichelte sanft sein Haar.
    »Das tust du auch schon seit Jahren.«
    »Die Polizei ist mein Leben.«
    »Du verabscheust die Cops noch mehr als ich.«
    »Ich bin auch einer.«
    »Bist du sicher, dass du mich heute nicht lieben willst?«
    »Etwas in mir sucht den Tod.«
    Leticia schob ihn ein wenig zurück, um ihn anzusehen.
    »Der Tod ist wie ein Vater. Er wird dich holen kommen.«
    Jeff Mulligan spürte, wie sein Geschlecht hart wurde, drehte Leticia auf den Rücken und drang in sie ein.
    Dann lagen sie für eine Weile umschlungen da. Schließlich brach sie das Schweigen mit einem Scherz:
    »Ich muss zurück ins Büro.«
    »Bleib noch etwas«, bat er.
    »Meinem Zuhälter wird das nicht gefallen …«
    Er lächelte. Vor vier Jahren war Leticia Gonzales Esperanza illegal aus Mexiko in die Vereinigten Staaten gekommen. In New York, wo ein entfernter Cousin in der Küche eines großen Hotels arbeitete, war sie rasch in die Fänge eines Zuhälters geraten. An einem einsamen Abend war Jeff Mulligan mit auf ihr Zimmer gegangen. Bei diesem ersten Mal hatten sie sich nur unterhalten. Er war zurückgekommen, getrieben von einer unerklärlichen Sehnsucht, die die junge Frau in ihm geweckt hatte. War es ihr weicher mexikanischer Akzent, oder waren es ihre sanften Hände, die für einen kurzen Augenblick die tief vergrabene Erinnerung an seine einstige Lebensfreude geweckt hatten? Langsam hatten sie sich angefreundet, und auch sie dehnte diese Momente ihrer von Gewalt geprägten Existenz gern in die Länge. Dass sie so viel Zeit mit dem Polizisten verbrachte, verärgerte schließlich ihren Zuhälter. Eines Morgens war Jeff Mulligan auf der Treppe zu dem trübseligen Zimmer, das sie damals bewohnte, dem großen Puertoricaner mit dem von Narben entstellten Gesicht begegnet. Oben lag Leticia mit geschwollenem Gesicht in einer Blutlache. Er war dem Kerl nachgerannt und hatte ihn vor aller Augen mitten in seinem Viertel in eine kleine Seitenstraße geschleift. Danach hatte man in Harlem nie mehr etwas von ihm gehört. Leticia hatte keinen Zuhälter mehr. Jeff Mulligan hasste Zuhälter.
    Sein Kopf ruhte auf der Brust der jungen Frau, und er schlief ein. Fünf Nächte lang hatte er kein Auge zugetan.

ZUR SELBEN ZEIT, CIUDAD JUÁREZ,
NORDMEXIKO
     
    Ein rosafarbenes Kreuz mit einem Namen darauf. Der Name der Frau, die an dieser Stelle tot aufgefunden worden ist. In Juárez wimmelt es von solchen improvisierten Gedenkstätten, die die Passanten daran hindern sollen zu vergessen.
    Zu vergessen, dass sie sich in der Stadt befinden, in der weltweit die meisten Frauen getötet werden.
    Mit über 1 300 000 Einwohnern ist Ciudad Juárez die größte Stadt des Bundesstaates Chihuahua. Sie liegt am rechten Ufer des Rio Bravo, den die Gringos Rio Grande nennen und der die Grenze zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko bildet. Geht man am Ufer spazieren, sieht man auf der anderen Seite eine andere Stadt: El Paso. Vom Flugzeug aus gesehen wirkt es wie ein einziger Ort, durch den ein breiter Fluss fließt. Doch vom Boden aus betrachtet sind es zwei gegensätzliche Welten, getrennt durch eine stark bewachte metallene Grenze. El Paso, die sechstgrößte Stadt von Texas, ist eine der bestgesicherten der Vereinigten Staaten. In Ciudad Juárez, so sagen seine Bewohner, »hat sich der Teufel niedergelassen«. Nach den Angaben von Amnesty International wurden innerhalb von zehn Jahren 375 Frauen ermordet. Vierhundert weitere gelten als vermisst. Manche behaupten, Tausende seien wie vom Erdboden verschluckt. Auch viele

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