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Tödliche Ewigkeit

Tödliche Ewigkeit

Titel: Tödliche Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Marquet
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Frühjahr verschwunden ist? Armer Teufel … Das musste ja passieren!«
    »Warum?«
    »Ein Typ, der hier aufkreuzt und ganz offensichtlich nicht in Topform ist, wenn Sie verstehen, was ich meine. Blass, Ringe unter den Augen, den Blick ins Leere gerichtet … Und gleich am ersten Tag nach seiner Ankunft setzt er sich in den Kopf, eine extrem schwere Tour zu machen. Dabei war klar, dass er nie höher gekommen ist als auf das Empire State Building, und das auch nur per Aufzug!«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Nun, erst mal bricht einer, der die Berge kennt, niemals mit Turnschuhen zu einer Wanderung in über dreitausend Meter auf, vor allem nicht im Mai.«
    »Haben Sie ihm das gesagt?«
    »Selbstverständlich! Er hat geantwortet: ›Wieso, das Wetter ist doch schön.‹«
    »Stimmte das nicht?«
    »Sie sind genau wie er! Haben Sie noch nie gehört, dass ab einer gewissen Höhe das Wetter innerhalb weniger Minuten umschlagen kann? Und genau das war auch der Fall. Es gab Gewitter. Und da der arme Teufel ohne Karte oder Kompass aufgebrochen ist …«
    »Ja und?«
    Der Hotelbesitzer musterte Jeff Mulligan wie einen Vollidioten.
    »Bei schlechtem Wetter können Sie von einem Moment zum nächsten die Hand nicht mehr vor Augen sehen, geschweige denn Ihren Weg. Und wenn Sie sich erst einmal in den Bergen verirrt haben … Noch dazu hatte er nicht mal einen Rucksack dabei.«
    »Sie werden mich erneut für einen kompletten Trottel halten, aber …«
    Zum ersten Mal erschien ein leichtes Lächeln auf dem Gesicht des Mannes.
    »Wenn Sie sich im Gebirge verirren, werden Sie gesucht, okay? Doch das braucht Zeit. In dieser Gegend gibt es Hunderte von zum Teil winzigen Tälern, ganz abgesehen von den Schluchten, den Steilhängen, die vom Rettungshubschrauber aus nicht einzusehen sind … Deshalb muss man eine Ausrüstung dabeihaben, mit der man zwei oder drei Nächte überleben kann: ausreichend Wasser, Lebensmittel, warme Kleidung. Es kann nachts frieren, selbst mitten im Sommer.«
    »Bestimmt haben Sie ihn gewarnt …«
    »Ich habe ihm sogar vorgeschlagen, mit meinem Cousin aufzubrechen, der Bergführer ist. Aber wissen Sie …«
    Der Mann zögerte.
    »Was ich Ihnen jetzt sage, ist mein ganz persönlicher Eindruck«, fuhr er in vertraulichem Tonfall fort. »Dieser Junge wollte sterben.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Er wirkte sehr niedergeschlagen. Und außerdem hat er all meine Warnungen in den Wind geschlagen … Ich glaube, er wusste, dass er nicht zurückkehren würde.«
    Jeff dankte dem Hotelbesitzer und verließ ihn nachdenklich. Und wenn dieser Zombie Steve gar nicht, wie er gedacht hatte, bei einem Wanderunfall gestorben war? Wenn er Selbstmord begangen hatte? Doch aus welchem Grund? Er hatte Erfolg im Beruf und Glück in der Liebe …
    Es sei denn, in seinem Leben hatte es einen dunklen Fleck gegeben … War er vielleicht in eine dubiose Affäre verwickelt? Eine Geschichte, die etwas mit dem Mord an Lucie zu tun hatte?
    Reine Spekulationen … Jeff Mulligan hatte definitiv nichts Konkretes in der Hand.
    Er verbrachte den Tag damit, die Einwohner von Steamboat Springs in Sachen Buchanan zu befragen. Er erfuhr nichts Neues. Obwohl alle von einem jungen Mann aus New York wussten, der vor mehreren Monaten als vermisst gemeldet worden war, konnten sich doch nur wenige genauer an ihn erinnern. Jeff machte einen Mann von der Bergwacht ausfindig, der an der Suche teilgenommen hatte, was ihn aber auch nicht weiter brachte. Vier Tage lang hatten sie das Gebirge durchforstet. Keine Spur. Am fünften Tag hatte ein Unwetter eingesetzt, das eine halbe Woche angedauert hatte. Danach erübrigte es sich weiterzusuchen.
    Jeff kehrte früh in sein Zimmer zurück und aß vor dem Fernseher ein Sandwich, ohne dem Programm Beachtung zu schenken. Eine abgrundtiefe Niedergeschlagenheit überfiel ihn. Für seine Recherchen gab es weder eine Grundlage noch eine Richtung. Er hatte nicht die geringste Chance.
    Trotzdem beschloss er, am nächsten Morgen den Pfaden zu folgen, auf denen Steve Buchanan verschwunden war. Welche Spuren konnten nach vier Monaten von einem Mann zurückgeblieben sein, der tagelang vergebens von Hubschraubern gesucht worden war? Doch das war die letzte Möglichkeit.
    Als Jeff Mulligan nach einer Stunde Fußmarsch die glatte Oberfläche des Gold Creek Lake betrachtete, war seine schlechte Stimmung plötzlich wie weggeblasen. Ein Fisch, der aus dem Wasser sprang, entlockte ihm ein Lächeln. Der Gesang der Vögel und

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