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Tödliche Ewigkeit

Tödliche Ewigkeit

Titel: Tödliche Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Marquet
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nachjage. Es gibt bei diesen beiden Todesfällen ungeklärte Elemente.«
    »Bei Steve Buchanan vielleicht. Nicht aber bei Lucie Milton.«
    »Ich verstehe Ihre Sichtweise. Sie können mir nicht folgen. An Ihrer Stelle würde ich genauso reagieren.«
    »Dann akzeptieren Sie die Stimme der Vernunft. Weil Sie diese Frau auf dem Revier gesehen zu haben glauben, haben Sie sich in einer Sackgasse verrannt. Egal ob dort nun eine Frau war oder nicht, es kann nicht Lucie Milton gewesen sein.«
    »Sie war es aber.«
    »Das ist unmöglich. Das wurde wissenschaftlich nachgewiesen.«
    »Was ist schon ein Beweis?«
    Ann schwieg. Sie hatte Angst. Jeffs impulsive Art hatte sie von Anfang an verwirrt und in ihr eine unangenehme Mischung von Furcht und Anziehung ausgelöst. Doch diese irrationale Komponente führte den Sergeant jetzt an den Rand des Wahnsinns, den sie selbst durch den Schutzpanzer ihres analytischen Geistes immer auf Distanz gehalten hatte … Nun, da ihre Argumente diesen Mann nicht zur Vernunft bringen konnten, war sie wieder mit ihrer eigenen psychischen Labilität konfrontiert.
    »Jeff«, begann sie mit flehender Stimme, »versuchen Sie sich an die Logik des Polizisten zu erinnern, an die Zeit, bevor Sie in diese Besessenheit abgeglitten sind … Wie hätten Sie den Mann beurteilt, der Sie heute sind?«
    Jeff dachte einen Augenblick nach.
    »Vielleicht richtet der Mann, zu dem ich mich entwickle, über den, der ich früher war …«
    »Unsinn!«
    »Ann, ich danke Ihnen für alles, was Sie für mich getan haben. Wenn ich scheitere, sehen wir uns vermutlich nicht wieder. Daher möchte ich Ihnen noch eines sagen: Geben Sie den Beruf nicht auf. Er ist es wert, ein wenig dafür zu leiden.«
    Die Ermittlerin versuchte die Rührung zu verbergen, die sie plötzlich überkam.
    »Sie sind ein unglaublicher Starrkopf …«
    Jeff lächelte, was so gar nicht zu seiner düsteren Wesensart zu passen schien. Ann musterte ihn einige Sekunden, bevor sie fortfuhr:
    »Jeff, ich glaube, dass Sie verloren sind. Aber ich kann nicht anders, ich muss Sie unterstützen. Wenn Sie mich brauchen, rufen Sie mich an. Ich werde Ihnen helfen.«
    Er fasste sie sanft bei den Schultern und sah ihr in die Augen.
    »Warum?«
    Ohne den Blick abzuwenden, nahm sie seine Hände und machte sich frei:
    »Da Sie ja so ein guter Psychologe sind … Raten Sie!«
    Am 1. November fand Jeff in seinem Briefkasten einen kleinen Sarg, auf dem sein Name eingraviert war. Er biss hinein: Er war aus Zucker, und Jeff wusste sofort, wer der Absender war. Sofort rief er Leticia an. Diese lud ihn für den nächsten Abend zum mexikanischen Totenfest ins Barrio Latino ein.
    »Das bringt dich auf andere Gedanken«, meinte sie, und Jeff hätte nicht sagen können, ob die Bemerkung ironisch gemeint war.
    In der 110th Street East herrschte ein lärmendes Treiben. Es dunkelte bereits, aber die Straßenlaternen brannten noch nicht, und das einzige Licht kam von den vielen Fackeln auf dem Bürgersteig und von den unzähligen Kerzen auf den Fensterbrettern. An den vielen Ständen am Straßenrand wurden nicht nur Zuckersärge verkauft, sondern auch Hefegebäck in Form von Knochen oder Totenköpfen und ein buntes Durcheinander von Heiligenbildern, Kerzen, Plastikblumen, Holzminiaturen, vergoldeten Waagen, Soda, Tequila und Mezcal, Knallfröschen und Glöckchen. Eine Bäckerei verkündete stolz: »Hier echtes Totenbrot«. Jeff zuckte mit den Schultern. Der mexikanische Brauch, die Toten am Tag ihres Festes mit Nahrung zu versorgen, war ihm bekannt, doch er hatte nie etwas mit diesem abergläubischen Zeug anfangen können.
    Leticia hatte ihn zu Freunden in ein kleines baufälliges Haus an der Ecke zwischen 110th Street und First Avenue bestellt. Als er gerade eintreten wollte, hielt ihn ein Junge auf, schob ihm einen Totenkopf aus Zucker in die Hand und rannte davon. Jeff brachte es nicht übers Herz, ihn wegzuwerfen, und hielt ihn ungeschickt in der Hand, während er die Stufen hinaufstieg. In dem nur vom Kerzenschein erhellten Treppenhaus kreuzten sich flüchtige Schatten. In allen Stockwerken waren die Türen geöffnet, und man wechselte vom einen zum anderen. Überall war leises Gelächter zu hören, vermischt mit Flüstern und gedämpften Rufen. Die Stimmung war zugleich feierlich und fröhlich.
    Im vierten Stock trat Jeff in die linke Wohnung. Er wurde von einem kleinen dunkelhäutigen Mann mit vernarbtem Gesicht empfangen, den er sogleich erkannte: ein polizeilich gesuchter

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