Tödliche Ewigkeit
der Zellteilung eines Organismus bestimmt über seine Lebenslänge.«
»Es gibt also eine zeitliche Begrenzung.«
»Sie lässt sich aber unbegrenzt hinauszögern.«
»Machen Sie Scherze?«
Blanchard lächelte.
»Bei der Arbeit nie, Miss.«
»Sie behaupten allen Ernstes, man könne die Lebensdauer eines Menschen uneingeschränkt verlängern?«
»An den Chromosomenenden der Zelle befinden sich DNA-Fragmente, die sogenannten Telomere. Mit jeder Zellteilung geht ein winziger Teil der Telomere verloren. Unterschreitet die Telomerlänge ein gewisses Minimum, kann sich die Zelle nicht länger teilen, was zum Zelltod führt. Und genau das begrenzt unsere Lebensdauer. Nun gibt es ein Enzym, die Telomerase, das die Telomere nach jeder Zellteilung repariert. Die Zelle verfügt über die nötigen Gene, um dieses Enzym zu produzieren. Wenn sie es tut, ist sie unsterblich! Nun wird die Telomerase in unseren somatischen Zellen unterdrückt. Wäre das nicht der Fall, würden sich unsere Zellen endlos teilen.«
»Wir wären also unsterblich?«
»Da gibt es nur ein kleines Problem.«
»Und zwar?«
Ann bemerkte, dass Angst in ihrer Stimme mitschwang. Wünschte sie sich, dass ihr der Wissenschaftler einen Hoffnungsschimmer bot, nie sterben zu müssen?
»Außer den Keimzellen vermehrt sich nur noch eine andere Zellenart fast unbegrenzt: die Krebszellen. Ihre Zellteilung trägt nicht zum Erhalt der Organe bei, sondern dient, wenn man so sagen darf, ›egoistischen‹ Zielen.«
»Sie streben in gewisser Weise die Unsterblichkeit für sich selbst an?«
»Wenn Sie so wollen. Wir müssten versuchen, Zellen mit der Fähigkeit zu unbegrenzter Vermehrung zu entwickeln, die jedoch der internen Organisation des Organismus untergeordnet sind – eine Art intelligenter Krebs, wenn Sie verstehen, was ich meine …«
»Dann gäbe es kein Altern, keinen Tod mehr?«
»Man würde nur noch aus unfallbedingten Gründen sterben.«
»Oder aus verbrechensbedingten«, mischte sich Jeff ein.
»Wir sind bereits imstande, eine gealterte Zelle zu verjüngen, indem wir ihr das Gen einpflanzen, das für die Produktion der Telomerase verantwortlich ist, und zwar ohne eine maligne Transformation auszulösen. Die Erweiterung dieses Verfahrens auf den gesamten Organismus ist theoretisch möglich, seine tatsächliche Anwendung erfordert aber noch erhebliche Arbeit. Hingegen können wir bereits auf den zweiten Alterungsfaktor Einfluss nehmen.«
»Der immer noch nichts mit der verstreichenden Zeit zu tun hat?«
»So ist es. Eher mit der großen Zahl von äußeren Angriffen, denen unser Organismus ausgesetzt ist. Unsere Zellen werden ständig von ihrer Umgebung attackiert. Die Hauptaggressoren sind die freien Radikalen.«
»Davon ist oft in der Kosmetikwerbung die Rede«, sagte Ann. »Doch ich habe nie richtig begriffen, worum es sich dabei handelt.«
»Die freien Radikalen sind Sauerstoffmoleküle, die ein ungepaartes Elektron besitzen. Daher stehlen sie den Molekülen der DNA und den Zellwänden Elektronen, um ihre Stabilität zu erhalten. Somit schädigen sie die Zellen und sind für viele degenerative Krankheiten, für Krebs und für das Altern an sich verantwortlich.«
»UV-Strahlung, Zigarettenrauch, Alkohol führen zu ihrer Entstehung, nicht wahr?«
»Ja. Aber auch und vor allem die einfache Tatsache, dass man atmet, sich ernährt, kurz, lebt. Wenn Sie atmen, wenn Sie essen oder trinken, beliefern Sie Ihre Zellen mit dem Sauerstoff und den Kohlenstoffen, die sie benötigen. Angefangen bei diesen Elementen synthetisiert die Zelle ihren Kraftstoff, das Adenosintriphosphat.«
»Wie bitte?«
»Nicht so wichtig. Sie müssen nur wissen, dass die Zelle durch die Erzeugung ihrer Nahrung freie Radikale produziert, die zu ihrem Verfall beitragen. Die Zellen, die am meisten unter dieser Situation leiden, sind aber gerade diejenigen, die sich nicht teilen.«
»Gibt es denn solche?«
»Natürlich. Einige Ihrer Zellen haben dasselbe Alter wie Sie selbst. Sie sind die sensibelsten Ihres Organismus. Und zufällig sind es auch die wichtigsten, aus denen sich Ihr Gehirn zusammensetzt, Ihr Herz …«
»Sie suchen also nach Mitteln, um gegen diese schrecklichen freien Radikalen anzukämpfen?«
»Minimierung der aggressiven Wirkung auf die Zelle, Stimulation der Zellregenerierung … Alle forschen in diese Richtung. Wir aber haben einen enormen Vorsprung. Dank des Genies von Professor Irkalla sind wir in der Lage, eine Spitzenbehandlung
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