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Tödliche Feindschaft

Tödliche Feindschaft

Titel: Tödliche Feindschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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befestigt, die dazu dienen mochten, einen sich vor Schmerzen bäumenden Patienten zu fesseln.
    Michel konnte sich an diesen Dingen nicht satt sehen. Wenn man diese Einrichtung genau betrachtete, konnte man nicht umhin, den Stand der medizinischen Fürsorge für die Wadschagga zu bewundern. Nichts ähnelte der Primitivität, die den anderen Negerstämmen eigen war. Es war erstaunlich. Michel kam der Gedanke, daß diese Leute von den Ägyptern abstammen könnten. Vielleicht war es ein Stamm, dessen Vorfahren vor Jahrtausenden das ägyptische Reich verlassen hatten, um sich bis nach Zentralafrika durchzuschlagen. Ihre ganze Kultur, ihre Art zu leben, ihre Staatsform, alles war anders als bei den meisten anderen Negerstämmen.
    Michel war nun gespannt zu erfahren, womit dieser wunderbare Doktor das Fieber bekämpfte. Aber da öffnete der Leibarzt des Königs schon eine andere Tür, die Michel bisher übersehen hatte. Als er den dahinter liegenden Raum betrat, stand er in einer hellen, freundlichen Krankenstube. Auch hier gab es wieder die erhöhten Ruhebetten aus Bast. Fensterartige Mauerdurchbrüche ließen tagsüber Licht, Luft und Sonne herein. Dabei waren die Fensterlöcher so durch den Felsen gebrochen,
    daß es nie hereinregnen konnte. Ganz gleich, von welcher Seite der Regen kam.
    Auf einem der Ruhelager lag Tscham. Der Arzt wies mit einer einladenden Bewegung auf den Patienten. Und da es Nachtzeit war, brannten in den vier Ecken des Raumes hell flackernde Fackeln. Sie hinterließen keine Spur von Ruß oder brandigem Geruch. Michel trat zu Tscham. »Tscham, mein Freund, wie geht es dir?«
    »Oh, ich fühle mich ausgezeichnet. Ich glaube, es wird nicht lange dauern, und ich kann aufstehen.«
    »Das klingt ja fast unglaublich. - Um ehrlich zu sein, ich hatte dich beinahe aufgegeben. Dafür
habe ich nun sechs Jahre Medizin studiert, daß ich heute sprachlos vor den Heilerfolgen eines
Eingeborenenarztes stehe.«
»Freut es dich nicht, daß ich wieder gesund werde?«
»Aber, Junge, es gibt keine bessere und frohere Botschaft für mich. Es wäre mir schrecklich
gewesen, wenn...«
»War es so schlimm?« fragte Tscham.
    »Noch schlimmer«, nickte Michel. Der Doktor glaubte, daß sich der Patient nun genug mit seinem Freund unterhalten habe. Er trat an das Lager und legte seine Hand auf Tschams Kopf. Dann zog er ein Stück Bambusrohr aus der Tasche, setzte es mit der einen Seite auf Tschams Brust und horchte auf der anderen Seite dessen Herztöne ab. Der Pfeifer staunte und fragte: »Was machst du da?«
    Der Eingeborenenarzt erklärte ihm, daß er die Herztöne des Patienten abhöre. Michel runzelte die Stirn. Von der Untersuchungsmethode, bei der der Arzt dieim Körper vorhandenen Geräusche wahrnimmt und unterscheidet, um daraus auf den normalen oder krankhaften Zustand der inneren Teile zu schließen, hatte Michel schon auf der Universität gehört. Es war allerdings eine Methode, derer man sich bisher noch kaum bediente. Wozu er das Bambusrohr brauche, fragte Michel weiter. Der Königsdoktor erläuterte das. Er behauptete, daß das Schlagen des Herzens durch das Rohr besser zu vernehmen sei als mit bloßem Ohr. Selbstverständlich hatte er keine Ahnung von physikalischen Gesetzen. Deshalb meinte er, der Klang des Herzens würde in dem Rohr gefangen, bekäme dann Angst, wolle hinaus, und würde dadurch naturgemäß stärker; denn auch der Mensch, der Angst habe, könne seine Kräfte verdoppeln.
    »So hörst du den Herzschlag tatsächlich lauter als mit bloßem Ohr?« fragte Michel. Der Arzt überließ ihm das Bambusstück, und Michel horchte.
    Seine Gesichtszüge waren gespannt. Tatsächlich, es gab keinen Zweifel, der alte Mann hatte recht. Durch dieses Rohr konnte man sogar noch Nebengeräusche hören. Es klang alles irgendwie verdichtet. Kopfschüttelnd gab Michel das Bambusrohr dem Arzt zurück.
    Dieser setzte seine Untersuchung fort. »Drei Tage noch«, sagte er, »dann wird dein Freund gesund sein, und ihr könnt reisen.«
    »Und wenn das Fieber unterwegs wiederkommt?« fragte Michel.
    Der Alte lächelte. »Es wird sich nicht wieder einstellen. Aber für alle Fälle und für dich, wenn du es bekommen solltest, will ich dir ein Pulver mitgeben, das du einnehmen kannst, sobald du fühlst, daß dir heiß wird.«
    Michel unterhielt sich noch eine Weile mit Tscham. Er befürchtete, daß der Junge nicht kräftig genug sein würde, schon in drei Tagen aufzubrechen. So beschlossen sie, den König zu bitten, ihnen noch

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