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Tödliche Feindschaft

Tödliche Feindschaft

Titel: Tödliche Feindschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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gefährlich aus. Sie wohnt in Providence. Wir haben dort ein hübsches Haus am Meer.« »Dann kann ich Euch nur beglückwünschen.«
    Und nach einer Pause: »Wann gedenkt Ihr in See zu gehen, Monsieur?«
»Übermorgen früh.«
»Großartig«, sagte Michel. Und Ojo schloß sich begeistert an.
Kurz bevor sie auseinandergingen, meinte Michel noch :
    »Hört, Monsieur de Mounsier, ich hätte eine großeBitte. Habe da einen guten Freund, einen Neger allerdings. Ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr ihn irgendwo auf dem Schiff unterbringen könntet.«
    »Ausgezeichnet«, rief Dieuxdonné. »Mein Smutje ist schon die ganze Zeit auf einen schwarzen Küchengehilfen scharf. Allerdings eins, verträgt er ein anständiges Glas Rum? Leute, die nicht trinken, kann unser Koch nicht ausstehen.«
    »Oh, was das anbelangt, so kann mein Freund in jede Konkurrenz eintreten.«
    »Nun, dann wären ja alle Dinge geklärt. Also denn, findet euch übermorgen früh an Bord ein. Mit all euren Sachen. Auf gute Fahrt in die weite See, Messieurs !«

    21

    Blau lag der Sommerhimmel über der Residenzstadt des Landgrafen Friedrich II. von HessenKassel.
    Vor einem kleinen Tabakladen in der Altstadt saß in der mittäglichen Stille des Gäßchens ein alter Mann auf einer Bank. Hin und wieder blinzelte er mit trüben Augen durch die
    Qualmwolken, die er seiner langen Pfeife entlockte, die Sonne an, so, als wollte er sich davon überzeugen, daß sie noch schien. Um diese Stunde — es mochte etwa halb zwei Uhr nachmittags sein — war er weit und breit der einzige Mensch, der zu sehen war.
    Jeden Mittag saß der alte Mann hier, soweit es das Wetter erlaubte. In der Altstadt war er eine bekannte Erscheinung, und niemand stieß sich daran, daß er zur Mittagszeit, wenn die anderen Bürger entweder die Mahlzeit zu sich nahmen oder auf dem Sofa ein Nickerchen hielten, auf jener Bank vor seinem Laden in der Sonne saß.
    In diesen Zeiten war das Tabakrauchen noch nicht sehr weit verbreitet. Ein Pfeife rauchender Mann auf der Straße war eine ungewöhnliche Erscheinung.
    Nun, in den Augen der umwohnenden Bürger war jener alte Mann ein Original. Damals, es mochte fast ein Jahrzehnt darüber verstrichen sein, als sein Sohn plötzlich verschwunden war, war er etwas wunderlich geworden. Eigentlich war er der Typ eines Einsiedlers. Er sprach nicht viel, hielt kaum einen Schwatz; war aber auch nicht mürrisch, sondern behandelte die Leute, die ihm höflich entgegenkamen, ebenso höflich. Zudem war noch nie ein Raucher enttäuscht worden, wenn er von ihm Tabak bezog.
    Es galt schon als eine Marotte, daß er einen Laden besaß, in dem man nichts als Tabak kaufen konnte. Da er jedoch nach der Meinung der Bürgerschaft durch den ausschließlichen Umgang mit dieser Ware eine spezielle Kennerschaft der Herbae sanctae erworben hatte, verließ man sich auf seinen Ratschlag in der Auswahl der Sorte und deckte den Bedarf fast ausschließlich bei dem wunderlichen Alten. Und da ihm auch die benachbarten Kaufleute wegen seines gütigen Wesens gewogen waren — er war für sie nicht eigentlich ein Konkurrent —, vermieden sie es anständigerweise, neben ihren Waren auch noch Tabak feilzuhalten.
    So kam es, daß der alte Andreas Baum in der Kasseler Altstadt so etwas wie ein Tabaksmonopol innehatte.
    Als zwei Schläge der Glocke der Sankt Martinskirche verkündeten, daß es zwei Uhr war, kam ein schönes, nicht mehr ganz junges Mädchen die Straße herunter und setzte sich neben den Alten auf die Bank. Sollten die anliegenden Bewohner wegen eines zu tiefen Mittagsschlafs jemals die zwei dumpfen Glockenschläge von der Sankt Martinskirche überhören, so konnten sie bei schönem Wetter ihre Uhren nach dem Erscheinen des Mädchens stellen. Jeder kannte es, jeder wußte, daß es pünktlich erscheinen würde. Das Mädchen gehörte ebenso zu dem mittäglichen Bild der Straße wie der Alte. Kaum jemand nahm Notiz von ihm. Man hatte sich im Lauf der Jahre daran gewöhnt und den Grund, warum das so war, längst vergessen.
    Das Mädchen, das etwa achtundzwanzig Jahre alt sein mochte, hatte, wie nur wenige Frauen auf der Welt, nicht eine einzige Freundin oder Feindin, die es beneidete. Es war nicht verheiratet und schien trotz seiner Schönheit keinen Blick für Männer zu haben. Die einzige Ausnahme bildete eben jener alte Andreas Baum, der jedoch längst ihr Großvater hätte sein können.

    Herba sancta, lat. — heiliges Kraut
    »Nun, Vater Baum, hat Euch die Sonne schön

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