Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödliche Feindschaft

Tödliche Feindschaft

Titel: Tödliche Feindschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
Vom Netzwerk:
dieser Rachel
vor Gericht — wenn es überhaupt dazu kommen sollte — mehr gilt, als das eines landgräflichen
Offiziers?«
»Ich habe meine Zweifel.«
    »Verlaß dich drauf, es wird gar nicht erst bis vors Gericht kommen. Wir haben ja immer noch den gestohlenen Ring als letzten Trumpf. Es wird ihnen nichts übrigbleiben, als zu schweigen.« »Gut denn. Du bist mein Freund, und dein alter Herr ist mein Gönner. Ich mache mit. Wenn's schief geht, mach ich es genauso wie mein Vetter Michael und verziehe mich. Mit vierhundert Dukaten im Sack hat man für eine ganz schöne Strecke Wegzehrung.«
    »Unsinn, ein solches Opfer würde ich nie von dir verlangen. Es wird gar nichts passieren.«
»Also gut, wann?«
»Sagen wir morgen am frühen Nachmittag.«

    36

    Seit dem Tag der für sie entsetzlichen Entscheidung wohnte Rachel mit zwei bediensteten Mädchen im Waldhäuschen am See. Ringsum war Stille. Ringsum war Frieden. Hier draußen in der Abgeschiedenheit gab es keine Erschütterungen. Es war der richtige Ort zum Meditieren. Das Grün der Bäume und das stille Wasser des Sees wirkten beruhigend auf Rachel.
    Nun war die große Entscheidung gefallen. Sie konnte nicht mehr zurück. Sie war aus der Stadt geflohen, um Jehu Rachmann, dem geliebten Musiker, nicht mehr vor die Augen treten zu müssen.
    Nur ein Gefühl beherrschte sie, das Verlangen nach Rache, die sie an der Familie Ebersteins nehmen wollte.
    Haß war in ihr, nur Haß, ein grenzenloser unbeschreiblicher Haß.
    Es war Mittag geworden, als ihr die Köchin den Besuch eines jungen Offiziers meldete.
»Major von Eberstein?« fragte sie scharf.
»Nein, es ist ein anderer, viel jüngerer.«
»Ich lasse bitten.«
Herein trat Richard Baum.
»Ah, der Herr Premierleutnant. Ihr seid sicher gekommen, um mir Grüße Eures Vorgesetzten
auszurichten?«
Baum machte ein bekümmertes Gesicht.
    »Nein, gnädiges Fräulein, ganz im Gegenteil. Ich stehe hier in eigener Sache vor Euch. Ich bin gekommen, um Euch meiner tiefsten Anteilnahme zu versichern.« »Ihr habt das schmutzige Spiel doch mitgespielt.«
    »Nein, nein«, stotterte Baum. »Bei allem, was ich indieser Angelegenheit getan habe, habe ich
mir nichts gedacht.«
»Und was wollt Ihr jetzt?«
    Richard Baum hob den Blick und sah sie mit strahlenden Augen an.
    »Ich wollte Euch sagen, daß — daß — daß — daß ich Euch liebe.«
    Sie sah ihn an. Ihre Augen glichen Flammen. Ihre Lippen bebten. »Unverschämter!« rief sie.
    »Ich bin bereit, alles zu tun, um Euch zu helfen«, sagte Richard Baum mit schüchterner Stimme. »Mir kann niemand mehr helfen.« Er breitete die Arme aus. »Flieht mit mir!«
    »Fliehen? — Wie denkt Ihr Euch das? Und was wird aus meinen Eltern?«
    Baum ließ die Schultern hängen. Darauf wußte er auch keine Antwort.
    Auf der Konsole an der Wand stand eine Uhr und tickte. Immer wieder wanderten die Augen des Premierleutnants zum Zifferblatt. Fünf Minuten hatte er noch Zeit. In fünf Minuten würde Eberstein draußen stehen. Baum hatte keine Lust, seinen Besuch allzulange auszudehnen. Das, was er versprochen hatte mußte er ausführen.
    Der junge leichtsinnige Bursche war sich bisher überhaupt noch nicht darüber klargeworden, welche Konsequenzen sein Tun einmal nach sich ziehen könnte. Er betrachtete alles mehr oder weniger als Spaß. Diese Hirschfelders waren gerade die richtige Familie, an der man seine Lausbubenstreiche auslassen konnte. Und wenn man dafür gar noch vierhundert Dukaten erhielt, so bedeuteten die noch Würze für diese Streiche. »Nun, was wollt Ihr noch?« fragte Rachel scharf.
    Die Uhr schlug zwei.
    »Nichts mehr, gnädiges Fräulein. Ich möchte Euch nur bitten, mich aus dem Haus zu begleiten.
Draußen habe ich etwas sehr Wichtiges in der Satteltasche, was ich Euch gern zeigen möchte.«
»Könnt Ihr es nicht hereinholen?«
»Nein.«
»Nun, dann interessiert es mich nicht.«
»Bedaure, gnädiges Fräulein. — Ihr werdet es bereuen.«
Er wandte sich um und tat, als wollte er gehen.
Weshalb sollte sie nicht mit ihm hinausgehen? fragte sie sich. Vielleicht hatte er wirklich etwas
Wichtiges. Vielleicht wollte er ihr tatsächlich helfen.
Sie lenkte ein.
    »Seid mir nicht böse, Herr Premierleutnant. Ich wollte Euch nicht kränken. Die letzten Tage haben mich ein wenig verwirrt.«
    »Aber, gnädiges Fräulein, ich habe großes Verständnis für Eure Sorgen. Und — ich — liebe Euch wirklich.«
    Seine Augen strahlten soviel Offenheit aus, daß etwas wie Wärme in ihr aufkam.

Weitere Kostenlose Bücher