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Tödliche Feindschaft

Tödliche Feindschaft

Titel: Tödliche Feindschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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Eberstein.
    Noch einmal besprachen sie alle Einzelheiten des Plans. Sie legten die ungefähre Zeit fest. Dann trennten sie sich.

    43

    Andreas Baum unterbrach seine unruhige Wanderung. Für einen Augenblick stockte sein Herzschlag. Unten war, zaghaft fast, der Türklopfer in Bewegung gesetzt worden.
    Andreas atmete ein paarmal tief, um seine Ruhe wiederzufinden. Dennoch vollführte sein Herz rasende Schläge, die ihm einen regelrechten physischen Schmerz bereiteten.
    Er lauschte. Aber das Klopfen wiederholte sich nicht. Er straffte seine Gestalt. Er verschränkte seine Hände auf dem Rücken, um ihr Zittern zu unterbinden. Dann endlich ging er die wenigen Stufen der Treppe hinab.
    Er öffnete die Haustür — und starrte in ein fremdes, von Wind und Sonne gegerbtes Gesicht. Aber es war keine anhaltende Fremdheit. Des Vaters Herz erkannte sein eigen Fleisch und Blut auch durch die veränderte Hülle.
    »Vater«, kam das Wort von Michels Lippen, das er fast für ein Jahrzehnt nicht mehr
    ausgesprochen hatte. Es lag der ganze Ausdruck einer zitternden Seele darin. Es klang und wurde ausgesprochen wie ein Begriff höchster sprachlicher Kostbarkeit. Für Michel hatte das Wort in diesem Augenblick die tiefste Bedeutung.
    Er trat ein und drückte die Tür hinter sich ins Schloß. Die beiden Männer standen sich für eine Sekunde stumm gegenüber. Andreas' Lippen bebten in verhaltenem Schluchzen. Dann löste sich ein Tränenstrom und rollte über die alten, zerfurchten Wangen.
    »Mein Junge«, stammelte der alte Mund.Vater und Sohn lagen sich in den Armen. Um sie herum versank die Wirklichkeit.
    »Daß ich dich wiederhabe —, oh, daß ich dich wiederhabe, mein Junge«, murmelten die Lippen des alten Baum unaufhörlich.
    Arm in Arm gingen sie die schmale Stiege empor. »Setz dich, Michel, mein Junge.«
    Michel folgte dieser Aufforderung stumm. Der Vater stellte eine Flasche auf den Tisch. Das Zittern seiner Hände hatte aufgehört. Mit festem Griff nahm er zwei Römer aus dem Schrank. Bald funkelte alter Falerner darin.
    Beide hoben die Gläser. Andreas sagte: »Willkommen in der Heimat, mein Junge!« In seiner Stimme klang eine innerliche Feierlichkeit mit.
    Sie tranken. Das Erlebnis der Rückkehr klang noch so stark nach, daß keiner von ihnen das Bedürfnis fühlte zu sprechen. Erst, als der Wein die Zungen löste, begann Andreas :
    »Es muß eine ganz besondere Gnade Gottes sein, daß er dich mir wieder geschenkt hat. Jahrelang hielt ich dich für tot.«
    »Man sagt«, lächelte Michel, »die Totgesagten leben besonders lange.« Andreas nickte gedankenvoll.
    »Keine Lüge auf der Welt ist so fein gesponnen, daß sie nicht eines Tages zerreißt. Aber warum Rudolf von Eberstein mir das angetan hat, ist mir unerklärlich.«
    »Er ist schlecht«, sagte Michel, »durch und durch schlecht. Ich bin weder ein Moralprediger noch ein kleinlicher Mensch geworden in den zurückliegenden Jahren; aber nie war mein Gefühl für die Schlechtigkeit eines anderen so groß wie gerade jetzt. Und es ist ja nicht nur unsere Familie, der durch die Ebersteins Unglück widerfahren ist. Gerade jetzt haben sie, wie ich gestern abend hörte, ein neues Verbrechen auf ihre Seele geladen.«
    »Verderben wir uns nicht die erste halbe Stunde unseres Wiedersehens durch ein Gespräch über diese Leute. — Sage mir, mein Junge, wie ist es dir ergangen? Waren die Jahre schlimm? Haben sie dich zerstört? Haben sie dich aufgebaut? Sind es verlorene Jahre? Oder waren sie für dein inneres Wachstum wertvoll?«
    »Für einen Baum«, erwiderte Michel, »ist ein Jahrzehnt keine verlorene Zeit. Es fördert sein Wachstum, es kräftigt seine Rinde und klärt sein ungebändigtes Geäst, indem es armstarke Zweige wachsen läßt. Das einzige Schmerzliche an den vergangenen zehn Jahren war der Mangel an einer Verbindung mit dem Ursprung. Aber wie sollte ich aus der Wildnis, von der anderen Seite der Erde, aus den Dschungeln Indiens und Südafrikas Nachricht an dich schicken? Es war nicht immer leicht. Freilich, der Körper hat alle Strapazen überstanden. Aber ob Geist und Seele auch, das vermag ich heute noch nicht zu sagen.« »Du hast die Welt gesehen, mein Junge, und das ist viel.« Michel nickte.
    »Es ist sehr viel. Es ist eigentlich viel mehr, als ein normaler Mensch zu verarbeiten vermag.« »Damals, nachdem du gegangen bist, dachte ich, dein Ziel wäre Amerika. Nie hätte ich es für möglich gehalten, daß dich der Weg des Schicksals bis in die fernsten

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