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Tödliche Feindschaft

Tödliche Feindschaft

Titel: Tödliche Feindschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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Gefilde unserer Erde führen würde.«
    »Daß ich Amerika nicht erreichte, lag nicht an meinem Willen, sondern an den tausend widrigen Umständen, diemich immer wieder von seinen Küsten ferngehalten haben. Wäre ich ein Mohammedaner«, lächelte Michel, »so würde ich glauben, daß es mir im Buch Allahs vorbestimmt sei, Amerika niemals zu erreichen. Nun, ich werde hinkommen. Das Schiff eines bekannten Kapitäns wartet in Hamburg auf mich.« Traurigkeit zeichnete sich auf dem Gesicht des Vaters ab. »Das heißt, daß du mich bald wieder verläßt?« Michel nickte.
    »Es wird mir wohl nichts anderes übrigbleiben; denn ich denke, daß die Desertion eines Soldaten auch in zehn Jahren nicht verjährt. Wenn Eberstein zum Beispiel merkt, daß ich wieder in Kassel bin, wird er keine Minute ungenutzt lassen, um mich hinter Schloß und Riegel zu bringen oder — gar noch Schlimmeres.« Andreas nickte.
    »Daran habe ich in diesem Augenblick nicht gedacht. Tja, deine Flucht ist also noch nicht zu Ende. Nun, diesmal lasse ich dich freudig gehen. Habe ich doch die Gewißheit, daß du lebst und daß du dir irgendwo in einer freieren Welt ein eigenes Leben aufbauen wirst.«
    »Ja, und hinzukommt, daß es von Amerika aus leichter sein wird, mit dir brieflich in Verbindung zu treten, Vater.«
    »Du hättest dich nicht einer Gefahr aussetzen sollen, indem du hierhergekommen bist. Mir hätte es genügt, wenn irgend jemand eine Nachricht gebracht hätte, aus der ich ersehen hätte, daß du lebst. Aber — aber — ich denke, es gibt wohl noch einen anderen Grund als nur deinen Vater, nicht wahr?«
    Andreas lächelte ermunternd. »Und ich glaube, du bist noch zur rechten Zeit gekommen, mein Junge. Seit Jahren schon macht Eberstein Charlotte den Hof. Erfolglos allerdings. Es sind noch nicht zwei Stunden her, daß sie bei mir war und mir versicherte, sie würde ihn nicht heiraten. Sie hat in all den Jahren ein besseres Gefühl für seinen wahren Charakter bewiesen als ich; denn ich muß zu meiner Schande gestehen, daß ich ihm alles geglaubt habe, was er mir sagte. Er ist ein grandioser Schauspieler. Als er mir den Degen wiederbrachte, den ich dir einst auf die Reise mitgab, als er mir vom Tode erzählte, der dich an seiner Seite kämpfend ereilte, da übermannte ihn selbst die Erinnerung an jene Szene, und die Erschütterung schnitt ihm die Sprache ab. Es war so echt, daß ich nicht daran zweifeln konnte.« Michels Miene verfinsterte sich.
    »Er ist ein Teufel. Er geht nicht nur über Leichen, sondern er zertritt rücksichtslos Seelen, wenn es ihm von Nutzen erscheint. Er erzählte offensichtlich dieses Märchen doch nur, um Charlotte klarzumachen, daß ich nie wiederkehren würde und sich durch die angebliche Freundschaft mit mir ein Ansehen bei Charlotte zu verschaffen, das ihm nicht zukommt. Nun, ich werde mit ihm abrechnen.«
    »Willst du ihn töten? Das kannst du nicht, Junge. Du bist hier nicht unter Wilden, du bist nicht in Afrika. Man würde dich wegen Mordes verfolgen.«
    »Keine Sorge, Vater. Ich habe noch nie aus Rache oder aus dem Drang nach Vergeltung einen Menschen getötet. Auch die Afrikaner oder die Südsee-Insulaner sind Menschen. Und wenn mich auch das Gesetz wegen ihrer Tötung nicht belangen würde, so doch mein eigenes Gewissen. — Nein, ich will Eberstein nicht ans Leben. Aber einen Denkzettel muß er erhalten. Ich würde mit den ordentlichen Gerichten wegen Verleumdung gegen ihnvorgehen, wenn ich nicht selbst ein Verfolgter wäre. Aber ich glaube, auch ohnedies würde ich kein Recht bekommen; denn viel scheint sich ja in den Jahren während meiner Abwesenheit nicht geändert zu haben. Wahrscheinlich herrschen noch die alten Vorurteile, wahrscheinlich ist der einfache Bürger noch immer Mensch zweiter Klasse, und vermutlich haben die Grafen und Fürsten nach wie vor das Heft in der Hand.« Andreas Baum nickte.
    »Du hast leider recht, mein Sohn. Und ich glaube, weder du noch ich werden es erleben, daß es hier bei uns anders wird. Viele Jahre werden noch darüber hingehen.« Andreas schenkte die Gläser wieder voll.
    »Es ist ein Unglück, daß ich meinen Freund nicht mitgebracht habe«, lächelte Michel, »er sitzt
beim Krugwirt und trinkt schlechtes Bier. Dabei würde er seine Seligkeit für ein gutes Glas
Wein hergeben.«
»Weshalb hast du ihn nicht mitgebracht?«
»Diese Stunde sollte nur dir und mir gehören, Vater.«
    »Recht, mein Junge, aber nun kannst du ihn holen. Im Haus ist Platz genug. Solange ihr

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