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Tödliche Feindschaft

Tödliche Feindschaft

Titel: Tödliche Feindschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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angreift. Wer greift euch schon an?«
    »Das kommt darauf an. Wenn sie nicht angreifen, dann greifen wir sie an.«
    »Siehst du, so ist das. Hauptsache, Krieg. Hauptsache, Leute wie du können Schlachten
schlagen, Helden werden und Orden tragen. Warum und wozu das alles ist, darüber hast du dir
wohl noch nie Gedanken gemacht, wie?«
»Offen gestanden, nein.«
»Na, dann fang mal langsam damit an. Vielleicht haben wir noch des öfteren Gelegenheit, uns zu
unterhalten. Dann werde ich dir zeigen, daß es auf dem Schlachtfeld wohl Mut, aber niemals
Heldentum gibt. Das Heldentum wächst woanders. Hast du schon mal etwas von Paracelsus
gehört?«
»Ja, Ihr — du meinst den Arzt?«
»Ganz recht, den großen Pestarzt des Mittelalters.«
»Und was ist mit dem?«
»Das ist zum Beispiel ein Held, ein wahrer Held. Ein ganzes Dutzend tapferer Generale wiegen
diesen Heldenmut nicht auf.«
»Es ist ein wenig schwer für mich, das zu verstehen.«
»Nicht nur für dich, leider für die meisten. Die Welt ist so verdreht, daß sie das Schlechte für
groß hält. — Nun, gehen wir jetzt erst einmal nach Hause. Ich möchte nämlich gern heute noch
zu deinen Eltern«, wandte er sich an Charlotte.
»Die werden Augen machen«, freute sich das Mädchen.
»Darf ich mich verabschieden?« fragte Richard höflich.
»Wenn du uns nicht begleiten willst?«
»Nein, es geht nicht. Ich bin heute abend Offizier vom Dienst.«
    »Nun denn, auf Wiedersehen bei meinem Vater. Ich werde für ein paar Tage bei ihm wohnen.« »Morgen vormittag um zehn Uhr habe ich dienstfrei. Dann schaue ich herein, wenn ich darf.« »Du darfst.«
    Mit einem Aufwiedersehen stob der junge Premierleutnant davon.

    46

    Der jungen Offizier war aufgerüttelt von dem Erlebnis des heutigen Nachmittags. In Gedanken malte er sich bereits aus, was er Eberstein alles an den Kopf werfen würde. Freilich, von dem Erlebten durfte er im Offizierkorps nichts preisgeben, um den Vetter nicht zu gefährden. Er kannte das Delikt in allen Einzelheiten, um dessentwillen Michel damals desertiert war. Sein Oheim hatte es ihm oft erzählt. Ganz verstanden hatte er es jedoch nie; denn in seinen Augen war Soldat Soldat, gleichgültig ob freiwillig oder gezwungen.
    Und sein Vetter Michel führte ja auch sonderbare Reden. Premierleutnant Baum mußte lachen, als er sich ins Gedächtnis zurückrief, wie Michel den Begriff des Heldentums definiert hatte. Wie konnte ein Pestbeulen behandelnder Doktor mehr wert sein als ein General!
    Nun, vielleicht würde er Gelegenheit haben, sich über dieses Thema noch ausführlich mit seinem Vetter zu unterhalten.
    Wenn er allerdings bedachte, wie sich Eberstein benommen hatte, wenn er sich vorstellte, daß dieser vielleicht auch einmal General werden könnte, so mochte Michels
    Ansicht doch nicht ganz unbegründet sein. Nun, mit seinem ehemaligen Freund Eberstein hatte er noch zu reden. Mit solchen Gedanken behaftet, erreichte er die Unterkunft.
    Er übergab sein Pferd dem Burschen und betrat dann die Wachstube, um seinen Dienst anzutreten.
    Er war gerade damit beschäftigt, die Eintragungen im Wachbuch zu überprüfen, als Eberstein an der Spitze eines halben Wachzugs das Lokal betrat.
    Da Richard im Dienst war, konnte er jetzt nichts anderes tun, als pflichtgemäß seine Meldung an den Vorgesetzten abzugeben. So erhob er sich denn und nahm Haltung an.
    »Premierleutnant Baum meldet gehorsamst: Wache übernommen, keine besonderen
Vorkommnisse.«
Eberstein dankte nicht.
»Gebt Euern Degen ab«, befahl er förmlich.
Richard Baum wurde leichenblaß.
»Meinen Degen?« fragte er entsetzt.
    »Ja. Betrachtet Euch als arretiert. Für morgen vormittag ist eine Militärgerichtsverhandlung anberaumt. Ihr steht unter Anklage, einem Zivilisten, der sich an einem Offizier Eures Regiments vergriffen hat, durch Überlassung Eurer Waffe Vorschub geleistet zu haben.« »Da — das — das — das ist doch nicht möglich! Das kannst du doch nicht tun, Rudolf!« »Ich bitte«, sagte Eberstein mit schneidender Stimme, »sich an die dienstliche Anredevorschrift zu halten, Premierleutnant Baum.« »Jawohl, Herr Major.«
    Er schnallte seinen Degen ab und übergab ihn dem Grafen.Die Leute von der Wache nahmen ihn in ihre Mitte und führten ihn hinüber zum Arrestlokal.
    Richard Baum fand sich auf der hölzernen Pritsche einer dunklen Zelle wieder. Er konnte noch nicht ganz übersehen, was man ihm angetan hatte. Er war fassungslos. Selbst, wenn man aus seiner Handlungsweise ein Verbrechen

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