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Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung

Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung

Titel: Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Oliver Bischoff
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Strafantrag zurückziehen«, sagte sie mit ausdrucksloser Miene, wobei es ihr sichtlich Mühe bereitete, das Wort Strafantrag auszusprechen.
    Verdammter Mist, dachte Nora. Sie nahm eine Visitenkarte aus ihrem Portemonnaie und hielt sie dem Mädchen hin. »Vielleicht willst du es dir in Ruhe überlegen? Du kannst mich jederzeit anrufen.«
    Ihr Gegenüber schüttelte resigniert den Kopf.
    »Soll ich mir deinen Maksym mal vornehmen?«
    Noch heftigeres Kopfschütteln.
    Nora stand auf und öffnete die Tür. »Also gut. Gehen wir wieder runter in die Wache.«
    Ihre Hoffnung, das Mädchen würde auf dem Weg nach unten doch noch seine Meinung ändern, blieb unerfüllt. Sie erledigten den Papierkram im Beisein des Wachhabenden, der Nora aufmunternd von der Seite zublinzelte. Trotzdem fühlte sie sich, als sei es ihre Schuld, dass wieder einer ungeschoren davonkam. Das Mädchen verabschiedete sich und wurde hinaus in den Besucherraum geleitet.
    »Machen Sie sich nichts draus«, beruhigte sie der Wachhabende. »Manche wollen sich nicht helfen lassen.«
    Auf der anderen Seite der Panzerglasscheibe nahm das Mädchen neben seinem Cousin Platz, zog eine Schachtel aus der Tasche und steckte sich mit fahrigen Bewegungen eine Zigarette zwischen die Lippen.
    »Rauchverbot!«, schnarrte es unverzüglich durch den Lautsprecher.
    Der Junge flüsterte seiner Cousine etwas ins Ohr.  
    Sie nickte.  
    Dann sah er zu Nora herüber. Diesmal wirkte sein Lächeln triumphierend.
    Nora lächelte zurück. Und formte mit den Lippen ein Wort: Arschloch.
    *
    Kanther streckte sich im Ohrensessel aus wie ein Walross und hörte die Callas. Casta Diva aus der Norma . Er hörte überhaupt immer nur die Callas. Lauschte ihrer Stimme, die wie ein Nebelfetzen über dem Orchester schwebte, und soff Kognak. Eine Zigarette klemmte zwischen dem gelb verfärbten Mittel- und Ringfinger, der größte Teil hing zu Asche verbrannt herab. Es war Mittag, die erste Flasche geleert.
    Kanther nahm die Brille mit dem monströsen schwarzen Kunststoffgestell ab und putzte sie mit einem Stofftaschentuch. Die Schlieren wurden schlimmer. Er besah sich seine Fingernägel, bevor er die Brille wieder auf die Nase schob. Seine Mutter hätte, solange sie lebte, niemals geduldet, dass er sich so gehen ließ. Nervös strich er sich die Fransen aus dem Gesicht und wischte mit dem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. Es lag wohl am Übergewicht, dass er ständig schwitzte. Ganz egal, ob er saß oder stand, schlenderte oder eilte. Das Saufen machte es nicht besser. Sein rundes Gesicht strahlte rot wie ein verglühender Planet. Nur seine Augen blitzten wach unter seinen dunklen Brauen. Kanther stank nach Schnaps, Schweiß und Zigarettenqualm, so wie die ganze Wohnung, bis zur Stuckdecke hinauf.
    Schnaubend wuchtete er seinen massigen Leib aus dem Sessel und machte sich auf den Weg, um eine neue Flasche zu holen. Vorbei am Spiegel. Den wollte ich auch schon lange mal abhängen, dachte er. Man will sich ja nicht unbedingt beim Abstieg zusehen.  
    Er stopfte einen heraushängenden Hemdzipfel in die Cordhose und zerrte den Hosenbund am Gürtel hoch. Dann setzte er sich in Bewegung. Schwerfällig, aber leise, so wie er es sich angewöhnt hatte in den letzten zwanzig Jahren. Es war praktisch unmöglich, in einer Altbauwohnung mit Dielenboden lautlos umherzugehen, vor allem für jemanden mit seiner Körperfülle, aber Kanther konnte es: Er kannte jede einzelne Diele, wusste, wo lautes Knarren zu erwarten war und wo das Holz fest saß. Er schlich durch den Flur und passierte das Arbeitszimmer, in das er nur einen flüchtigen Blick warf. Auf dem Bildschirm des Rechners leuchtete ein virtuelles Blatt Papier. Ein einziges Wort stand darauf geschrieben: Ich . Der Cursor blinkte teilnahmslos hinter dem kleinen h.
    Schnell steuerte er die Küche an. Wenn er schon mal da war, konnte er sich auch etwas zu essen machen. Er riss die Kühlschranktür mit einem Ruck auf, um ein Haar wäre ihm eine halb volle Weinflasche vor die Füße gefallen. Er warf einen prüfenden Blick auf den Inhalt des Kühlschranks und rümpfte die Nase. Ein halbes Päckchen Butter, eine vertrocknete Pizza und eine quasi leere Tube Senf, extra scharf. Konnte man sich daraus eine Mahlzeit zubereiten? Mit gerunzelter Stirn nahm er das Stück Pizza und schob es in die Mikrowelle.
    Aus dem Küchenfenster blickte er in den Hof hinunter. Ein paar Mülltonnen standen dort, die Deckel halb geöffnet, Abfall quoll heraus. Eine

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