Tödliche Geschäfte
eigentlich durchkommen«, sagte er. »Wollen wir hoffen, daß der gute Dr. Mason noch genug anorganische Chemie drauf hat, um beeindruckt zu sein.«
Janet beobachtete, wie Sean das Gefäß in den Glaskasten trug. Sie fragte sich, ob er den Bezug zur Realität verloren hatte. Man hatte ihn zugegebenermaßen zu immer verzweifelteren Aktionen getrieben, doch die Masons mit vorgehaltener Waffe zu entführen war ein krimineller Quantensprung, der sie schwindelig machte. Die juristischen Konsequenzen einer solchen Tat mußten gravierend sein. Janet kannte sich in Gesetzesfragen nicht gut aus, aber sie wußte, daß sie bis zu einem gewissen Maß tatbeteiligt war. Und sie bezweifelte, daß die von Sean vorgeschlagene Geschichte, er hätte sie zur Teilnahme gezwungen, sie vor strafrechtlichen Konsequenzen schützen würde. Sie wünschte, sie wüßte, was sie tun sollte.
Sie beobachtete, wie Sean den Masons den Inhalt des Erlenmeyerkolbens als gefährlichen Sprengstoff verkaufte. Nach dem Eindruck, den es auf Dr. Mason machte, vermutete sie, daß jener tatsächlich über genügend chemische Grundkenntnisse verfügte, um die Präsentation für plausibel zu halten. Er hatte die Augen weit aufgerissen, während Ms. Mason sich entsetzt den Mund zuhielt. Als Sean den Glaskolben heftig schwenkte, wichen beide zurück. Dann steckte Sean den Kolben in das vorbereitete Eisbad, sammelte die von Janet zurückgelassenen Krankenakten ein und verließ den Glaskasten. Die Akten deponierte er auf einem freien Labortisch.
»Was haben die Masons gesagt?« fragte Janet.
»Sie waren angemessen beeindruckt«, sagte Sean. »Vor allem, als ich ihnen erzählt habe, daß der Gefrierpunkt von Nitroglyzerin bei nur zwölf Grad liegt und der Stoff in fester Form unberechenbar ist. Ich hab ihnen gesagt, sie sollen da drinnen schön vorsichtig sein, weil selbst ein Stoß gegen den Tisch das Zeug hochgehen lassen könnte.«
»Ich finde, wir sollten die ganze Sache abblasen«, sagte Janet. »Du gehst zu weit.«
»Da bin ich anderer Meinung«, erwiderte Sean. »Außerdem bin ich derjenige, der hier etwas tut, nicht du.«
»Aber ich bin beteiligt«, sagte Janet. »Wahrscheinlich macht mich schon meine bloße Anwesenheit zur Komplizin.«
»Wenn alles erledigt ist, wird Brian sich darum kümmern«, sagte Sean. »Vertrau mir.«
Janets Aufmerksamkeit wurde von dem Pärchen in dem Glaskasten abgelenkt. »Du hättest die Masons nicht allein lassen dürfen«, sagte sie. »Dr. Mason macht gerade einen Anruf.«
»Gut«, meinte Sean. »Ich habe fest damit gerechnet, daß er das tut. Ich hoffe sogar, er ruft die Polizei. Ich will hier einen Riesenzirkus, verstehst du.«
Janet starrte ihn an. Zum ersten Mal dachte sie, daß er möglicherweise einen Nervenzusammenbruch hatte. »Sean«, sagte sie sanft, »ich habe das Gefühl, die letzten Tage waren vielleicht ein bißchen viel für dich. Der Druck und alles.«
»Ganz im Ernst«, sagte Sean. »Ich will die reinste Karnevalsstimmung. Dann sind wir viel sicherer. Das letzte, was ich gebrauchen kann, ist irgendein frustriertes Einsatzkommando oder Robert Harris, der mit einem Messer im Mund durch die Luftschächte kriecht, weil er unbedingt ein Held sein will. Das sind die Situationen, in denen Menschen verletzt werden. Ich will, daß Polizei und Feuerwehr sich vor dem Gebäude postieren und sich ratlos den Kopf kratzen, aber ihre Möchtegern-Paladine in Schach halten. Ich möchte, daß sie für mindestens vier Stunden denken, ich sei wahnsinnig.«
»Ich verstehe dich nicht«, sagte Janet.
»Das wirst du schon noch«, versicherte Sean ihr. »In der Zwischenzeit habe ich Arbeit für dich. Du hast mir doch erzählt, daß du dich mit Computern auskennst. Lauf hoch in die Verwaltung im siebten Stock.« Sean gab ihr den Ring mit den Schlüsseln. »Geh zu dem Glaskasten, den wir gesehen haben, als wir die Akten kopiert haben, wo der Computer das Programm mit den neunstelligen Zahlen hat durchlaufen lassen. Ich glaube, diese Zahlen sind Sozialversicherungsnummern. Und dann die Telefonnummern! Ich glaube, das waren die Nummern von Krankenversicherungen. Sieh zu, ob sich das bestätigen läßt. Und dann versuche, in den Forbes-Hauptrechner zu kommen. Ich möchte, daß du dir die Dienstreisen der Klinikmitarbeiter ein wenig genauer ansiehst. Vor allem die von Deborah Levy und Margaret Richmond.«
»Kannst du mir nicht erklären, warum ich das alles tun soll?« fragte Janet.
»Nein«, sagte Sean. »Es ist wie bei einer
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