Tödliche Geschäfte
Anderson. »Ich wiederhole nur, was Dr. Mason gesagt hat. Es hat den Anschein, als sei Murphy verärgert, weil man ihm die Mitarbeit an einem bestimmten Projekt verwehrt hat. Vielleicht arbeitet er daran. Er ist jedenfalls bewaffnet. Dr. Mason sagt, er hätte vor ihren Augen eine Waffe gezogen, als er in ihr Haus eingedrungen ist.«
»Was für eine Waffe?«
»Nach Dr. Masons Beschreibung klingt es wie eine 38er Detective Special«, sagte Anderson.
»Sorgen Sie dafür, daß das Gebäude abgesichert wird«, sagte Hector. »Ich will, daß niemand rein oder raus kommt. Haben Sie mich verstanden?«
»Jawohl, Sir«, erwiderte Anderson.
Nachdem er Anderson versprochen hatte, in ein paar Minuten am Tatort zu sein, machte Hector noch drei Anrufe. Zuerst alarmierte er ein Team, das besonders für die Verhandlungen mit Geiselnehmern geschult war, und sprach mit dem Leiter, einem gewissen Ronald Hunt. Als nächstes rief er den diensthabenden Kommandanten des mobilen Einsatzkommandos, George Loring, an. Zuletzt benachrichtigte er Phil Darell, den Leiter des Sprengstoff-Kommandos. Allen dreien erklärte er, daß sie ihre Mannschaft zusammentrommeln und am Forbes-Krebszentrum versammeln sollten, wo er sie erwarten würde.
Hector hievte seine zweihundert Pfund Lebendgewicht aus dem Schreibtischstuhl. Er war ein untersetzter Mann und als Twen das reinste Muskelpaket gewesen. Mit Anfang Dreißig hatte sich ein gut Teil dieser Muskeln in Fett verwandelt. Mit seinen fleischigen, schaufelartigen Händen steckte er die üblichen Polizeiutensilien in seinen Gürtel, die er abgelegt hatte, als er sich an seinen Schreibtisch gesetzt hatte. Er wollte gerade seine kugelsichere Weste überstreifen, als das Telefon erneut klingelte. Es war der Chief, Mark Whitman.
»Ich habe gehört, es gibt eine Geiselnahme«, sagte Chief Whitman.
»Ja, Sir«, stotterte Hector. »Ich bin eben informiert worden. Wir haben die nötigen Einsatzkräfte mobilisiert.«
»Fühlen Sie sich der Situation gewachsen?« fragte Chief Whitman.
»Ja, Sir«, erwiderte Hector.
»Sind Sie sicher, daß nicht lieber ein Captain den Einsatz leiten soll?« fragte Whitman.
»Ich denke, es wird keine Probleme geben, Sir«, sagte Hector.
»Okay«, sagte Chief Whitman. »Aber Sie müssen wissen, daß ich bereits einen Anruf vom Bürgermeister hatte. Wir haben es hier mit einer politisch sensiblen Situation zu tun.«
»Ich werde das berücksichtigen«, sagte Hector.
»Ich will, daß dieser Einsatz strikt nach Vorschrift läuft«, sagte Withman.
»Jawohl, Sir«, erwiderte Hector.
Entschlossen machte sich Sean an die Arbeit. Er wußte, daß seine Zeit begrenzt war, also bemühte er sich um größtmögliche Effektivität und versuchte, immer einen Schritt voraus zu denken. Als erstes ging er in den sechsten Stock und kontrollierte das automatische Peptid-Analysiergerät, das er am Samstag gestartet hatte, um die Aminosäuresequenzen zu bestimmen. Er befürchtete, daß man den Arbeitsvorgang möglicherweise unterbrochen hatte, weil Deborah Levy ihm kurz nach Inbetriebnahme des Apparats die Leviten gelesen hatte. Aber weder die Maschine noch seine Probe waren angetastet worden. Er riß den Ausdruck aus dem Drucker.
Als nächstes holte er zwei hitzestabile Mikrotiterplatten vom sechsten in den fünften Stock, die ihn heute nachmittag beschäftigen sollten. Man benutzte sie bei der Durchführung einer Polymerase-Kettenreaktion.
Nachdem er kurz bei den Masons hereingeschaut hatte, die offenbar die meiste Zeit damit verbrachten, sich darüber zu streiten, wessen Schuld es war, daß sie überhaupt als Geiseln genommen worden waren, begann Sean mit der eigentlichen Arbeit.
Zunächst ging er die Ergebnisse der Peptid-Analyse auf dem Computer-Ausdruck durch. Die Resultate waren frappierend. Die Aminosäuresequenzen der Antigen Bindungsstellen von Helen Cabots und Louis Martins Medikament waren identisch. Die Immunglobuline waren identisch, was bedeutete, daß alle Medulloblastom-Patienten zumindest anfangs mit dem gleichen Antikörper behandelt wurden. Diese Information bestätigte Seans Theorie, und er arbeitete noch aufgeregter weiter.
Als nächstes holte er Helens Gehirn und die Ampulle mit dem Liquor aus dem Kühlschrank. Er entnahm eine weitere Probe des Tumorgewebes und deponierte das Organ wieder im Kühlschrank. Nachdem er die Probe in kleine Stückchen geschnitten hatte, gab er diese in Reagenzgläser mit Enzymen, um eine Zellösung der Tumorzellen herzustellen,
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