Tödliche Geschäfte
leicht alarmiert.
»Als ich mit Dr. Walsh gesprochen habe«, entgegnete Dr. Mason, »hat er ausdrücklich betont, daß Sie umfangreiche und erfolgreiche Erfahrung bei der Anzüchtung von monoklonalen Antikörpern in Mäusen haben.«
»Das war in meinem Jahr am MIT«, erklärte Sean. »Aber mein Interessengebiet hat sich mittlerweile verschoben. Ich habe, offen gestanden, den Eindruck, daß diese Technologie bereits überholt ist.«
»Den Eindruck haben wir gar nicht«, sagte Dr. Mason. »Wir glauben, daß sie kommerziell noch immer rentabel ist und auch noch für einige Zeit bleiben wird. Wir haben einige gute Erfolge bei der Isolation und Produktion eines Glykoproteins von Patienten mit Kolonkarzinom erzielt. Jetzt brauchen wir einen monoklonalen Antikörper, weil wir hoffen, daß er uns bei der Früherkennung hilfreich sein wird. Aber Sie wissen ja, daß Glykoproteine recht knifflig sein können. Bis jetzt haben wir es nicht geschafft, bei den Mäusen eine Reaktion auf das Antigen hervorzurufen, und auch an der Kristallisation der Substanz sind wir gescheitert. Dr. Walsh hat mir versichert, daß Sie ein wahrer Künstler der Protein-Chemie sind.«
»Das war ich früher einmal«, sagte Sean. »Ich habe so etwas schon eine ganze Weile nicht mehr gemacht. Mein Interessenschwerpunkt ist jetzt die Molekularbiologie, vor allem Onkogene und Onkoproteine.«
»Genau das hatte ich befürchtet«, sagte Dr. Levy zu Dr. Mason. »Ich habe gleich gesagt, daß es keine gute Idee ist. Wir sind nicht auf Praktikanten eingestellt. Ich bin viel zu beschäftigt, um für einen Medizinstudenten den Babysitter zu spielen. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen wollen, ich muß zurück an meine Arbeit.«
Dr. Levy stand auf. »Ich möchte Sie bitten, meine Unhöflichkeit nicht persönlich zu nehmen. Ich bin sehr beschäftigt und arbeite unter Hochdruck.«
»Tut mir leid«, sagte Sean, »aber es fällt mir schwer, das nicht persönlich zu nehmen, da die Ergebnisse Ihrer Medulloblastom-Studie der Grund dafür waren, daß ich mich überhaupt für dieses Praktikum beworben und die ganze lange Fahrt hierher gemacht habe.«
»Das ist, offen gesagt, nicht mein Problem«, erwiderte sie und schritt zur Tür.
»Dr. Levy«, rief Sean. »Warum haben Sie Ihre Medulloblastom-Ergebnisse bisher noch nicht veröffentlicht? So ganz ohne Publikationen wären Sie doch, wenn Sie eine akademische Laufbahn anstrebten, wahrscheinlich demnächst auf Arbeitssuche…«
Dr. Levy blieb stehen und warf Sean einen mißbilligenden Blick zu. »Impertinenz bekommt einem Studenten nur selten gut«, sagte sie und schloß die Tür hinter sich.
Sean blickte zu Dr. Mason und zuckte die Schultern. »Das mit der gegenseitigen Offenheit war schließlich ihre Idee. Und außerdem hat sie wirklich seit Jahren nichts veröffentlicht.«
»Clifford hatte mich schon gewarnt, daß Sie nicht der diplomatischste wären«, bemerkte Dr. Mason.
»Ach, tatsächlich?« fragte Sean arrogant. Er begann ernsthafte Zweifel zu hegen, ob seine Entscheidung, nach Florida zu kommen, wirklich so gut gewesen war. Vielleicht hatten alle anderen doch recht gehabt.
»Aber er meinte auch, Sie seien außergewöhnlich intelligent. Und ich glaube, Dr. Levy hat auf Sie vielleicht ein wenig schroffer gewirkt, als es ihre Absicht war. Wie dem auch sei, sie hat in letzter Zeit tatsächlich unter erheblichem Druck gestanden. Wie wir alle übrigens.«
»Aber die Ergebnisse, die Sie bei der Behandlung von Medulloblastom-Patienten erzielt haben, sind doch phantastisch«, wandte Sean ein, in der Hoffnung, etwas für seine Sache tun zu können. »Daraus müssen sich doch Rückschlüsse ziehen lassen auf die Behandlung von Krebs im allgemeinen. Ich will Ihre Methode unbedingt kennenlernen. Mit einem frischen, unverbrauchten und objektiven Blick fallen mir möglicherweise Dinge auf, die Ihre Leute übersehen haben.«
»An Selbstbewußtsein mangelt es Ihnen jedenfalls nicht«, sagte Dr. Mason. »Und vielleicht können wir eines Tages ja tatsächlich einen unverbrauchten Blick gebrauchen. Ich will offen zu Ihnen sein und Ihnen ein paar vertrauliche Informationen geben. Es gibt verschiedene Gründe, warum Sie nicht an unserem Forschungsprojekt über Medulloblastome mitarbeiten können. Zum einen wird die Behandlungsmethode bereits klinisch erprobt, während Sie hier sind, um Grundlagenforschung zu betreiben, was Ihrem Doktorvater auch deutlich mitgeteilt wurde. Zweitens können wir Fremden generell keinen
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