Tödliche Geschäfte
Sean. »Ich mache mich in fünfzehn bis zwanzig Minuten auf den Weg. Wollen wir zusammen fahren oder was?«
»Ich glaube, ich fahre lieber selbst«, sagte Janet. »Ich muß mir noch eine Wohnung suchen. Ich kann hier nur ein paar Nächte lang bleiben.«
»Dann bis heute nachmittag«, sagte Sean und wandte sich zum Gehen.
»Sean!« rief Janet.
Er drehte sich noch einmal um.
»Viel Glück!« sagte Janet.
»Dir auch«, erwiderte Sean.
Nach dem Ankleiden fuhr er sofort zum Forbes-Zentrum, wo er seinen Wagen vor dem Forschungsgebäude parkte. Es war kurz nach halb zehn, als er durch die Eingangstür trat. Sofort richtete sich Robert Harris hinter dem Tisch auf, wo er dem diensttuenden Wachposten scheinbar etwas erklärt hatte. Sein Gesichtsausdruck lag irgendwo zwischen wütend und mißmutig.
»Auch schon aufgestanden, der Herr?« fragte er provozierend.
»Mein Lieblings-Ledernacken«, erwiderte Sean. »Ist es Ihnen gelungen, Ms. Masons Keuschheit zu wahren, oder war sie etwa verzweifelt genug, Sie auf die Lady Luck einzuladen?«
Robert Harris starrte Sean wütend an, während dieser sich gegen das Drehkreuz lehnte und dem Wachmann hinter dem Tisch seinen Hausausweis zeigte. Harris fiel auf die Schnelle keine passende Entgegnung ein, der Posten hinter dem Tisch entriegelte die Sperre und ließ Sean passieren.
Sean war sich nicht sicher, wie er seinen Arbeitstag beginnen sollte, und nahm zunächst den Aufzug in den siebten Stock, wo er Claires Büro ansteuerte. Beim Gedanken an das Treffen war ihm unbehaglich, da sie sich am Abend zuvor unter recht peinlichen Umständen verabschiedet hatten. Doch er wollte die Sache bereinigen.
Claire teilte sich ein Büro mit ihrem Vorgesetzten, die beiden Schreibtische standen einander direkt gegenüber. Glücklicherweise war sie allein, als er den Raum betrat.
»Morgen!« sagte Sean fröhlich.
Claire blickte von ihrer Arbeit auf. »Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen«, sagte sie spöttisch.
»Es tut mir leid wegen gestern abend«, entschuldigte sich Sean. »Ich weiß, es war für alle Beteiligten unangenehm und peinlich. Es tut mir auch leid, daß der Abend so enden mußte, aber ich versichere Ihnen, daß mich Janets Ankunft total überrascht hat.«
»Das glaube ich Ihnen aufs Wort«, erwiderte Claire kühl.
»Bitte«, sagte Sean, »werden Sie jetzt nicht auch noch unfreundlich. Sie waren einer der wenigen Menschen, die nett zu mir waren. Ich habe mich entschuldigt. Was kann ich sonst noch tun?«
»Sie haben recht«, sagte Claire, und ihre Miene wurde endlich freundlicher. »Vergessen wir das Ganze. Was kann ich heute für Sie tun?«
»Ich vermute, ich sollte mich mit Dr. Levy unterhalten«, sagte Sean. »Haben Sie eine Idee, wie ich sie finden kann?«
»Lassen Sie sie ausrufen«, sagte Claire. »Alle Ärzte und Wissenschaftler im Haus haben einen Piepser bei sich. Sie sollten sich auch einen besorgen.« Sie griff zum Telefon, fragte, ob Dr. Levy im Haus war, und ließ sie dann ausrufen.
Claire konnte Sean gerade noch erklären, wo er sich seinen Piepser abholen mußte, als das Telefon klingelte. Eine Sekretärin erklärte, Dr. Levy warte in ihrem Büro nur ein paar Türen den Flur hinunter.
Zwei Minuten später klopfte Sean an ihre Tür und fragte sich, wie der Empfang diesmal ausfallen würde. Als Dr. Levy ihn hereinbat, nahm er sich vor, höflich zu bleiben, selbst wenn sie es nicht war.
Dr. Levys Büro war der erste Raum, der Sean an seine gewohnte akademische Umgebung erinnerte. Es herrschte das übliche Durcheinander aus Fachzeitschriften und Büchern, dazwischen ein Binokular-Mikroskop, diverse Objektträger, Mikrophotographien, verstreute Farbdias, Erlenmeyerkolben, Kulturträger, Reagenzgläser und Labornotizbücher.
»Einen wunderschönen guten Tag«, sagte Sean in der Hoffnung, das Gespräch angenehmer beginnen zu lassen als am Tag zuvor.
»Ich habe Mark Halpern gebeten raufzukommen, als ich hörte, daß Sie hier sind«, sagte Dr. Levy, ohne Seans Höflichkeiten zu beachten. »Er ist unser leitender und zur Zeit auch einziger Labortechniker. Er wird Ihnen alles zeigen. Er kann Ihnen auch neues Material und Reagenzien bestellen, falls Sie irgend etwas benötigen, was wir nicht vorrätig haben, obwohl wir ein gut sortiertes Lager haben. Aber jede Bestellung muß vorher von mir genehmigt werden.« Sie schob Sean eine Phiole über den Tisch. »Hier ist das Glykoprotein. Ich rechne auf Ihr Verständnis, wenn ich Ihnen erkläre, daß diese Probe das
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