Tödliche Geschäfte
ich wissen müßte?« fragte sie.
»Soweit ich weiß, nicht«, erwiderte Rombauer. »Die Klinikleitung läßt routinemäßig alle Mitarbeiter durchleuchten. Sicherheit wird im Forbes-Zentrum ganz groß geschrieben. Ich wollte Ihnen lediglich ein paar Fragen stellen.«
»Zum Beispiel?« fragte Anne.
»Hat Ihr Sohn Ihres Wissens je etwas mit biotechnischen Firmen zu tun gehabt?«
»Sie sind heute schon der zweite, der das wissen will«, bemerkte Anne.
»Ach?« sagte Rombauer. »Wer, wenn ich fragen darf, hat sich denn schon vor mir danach erkundigt?«
Anne griff in die Tasche ihrer Schürze, zog Tanakas Visitenkarte hervor und gab sie Rombauer. Sie konnte beobachten, wie seine Augen schmal wurden. Er gab ihr die Karte zurück.
»Und was haben Sie Mr. Yagamuchi erzählt?« fragte er.
»Ich habe ihm erzählt, daß mein Sohn zusammen mit ein paar Freunden eine eigene biotechnologische Firma gegründet hat«, sagte Anne. »Sie nannten sich Immunotherapy.«
»Vielen Dank, Ms. Murphy«, sagte Rombauer. »Ich weiß es zu schätzen, daß Sie sich die Zeit genommen haben, meine Fragen zu beantworten.«
Anne sah, wie der elegante Fremde die Stufen zum Haus hinabstieg und auf den Rücksitz einer wartenden schwarzen Limousine stieg. Sein Fahrer trug eine Uniform.
Noch verwirrter als zuvor ging Anne wieder nach oben, unschlüssig, was sie tun sollte. Schließlich rief sie doch Brian an. Nachdem sie sich für die Störung entschuldigt hatte, erzählte sie ihm von den beiden seltsamen Besuchern.
»Das ist in der Tat merkwürdig«, sagte Brian, als sie fertig war.
»Müssen wir uns wegen Sean Sorgen machen?« fragte seine Mutter. »Du kennst doch deinen Bruder.«
»Ich werde ihn anrufen«, sagte Brian. »Wenn bis dahin noch jemand vorbeikommt und Fragen stellt, erzähl ihm nichts. Schick ihn einfach zu mir.«
»Ich hoffe, ich habe nichts Falsches gesagt«, sagte Anne.
»Bestimmt nicht«, versicherte Brian ihr.
»Kommst du später noch?«
»Ich will es versuchen«, sagte Brian. »Aber wenn ich bis acht nicht da bin, eßt ohne mich.«
Mit Hilfe eines Stadtplans von Miami, der aufgeklappt neben ihr auf dem Beifahrersitz lag, fand Janet den Weg zurück zur Forbes-Residenz. Sie war froh, Seans Isuzu auf dem Parkplatz stehen zu sehen. Sie hoffte, ihn in seinem Apartment anzutreffen, weil sie, wie sie fand, gute Nachrichten brachte. Sie hatte ein geräumiges und geschmackvoll möbliertes Apartment auf der Südspitze von Miami gefunden, aus dessen Badezimmerfenster man sogar einen Blick aufs Meer hatte, wenn er auch stark eingeschränkt war. Zu Beginn ihrer Wohnungssuche hatte man ihr wenig Mut gemacht, weil zur Zeit »Saison« war. Das Apartment, das sie schließlich gefunden hatte, war bereits seit einem Jahr vorbestellt, doch die Mieter hatten unerwartet abgesagt. Ihre Stornierung war gerade eingegangen, als Janet das Maklerbüro betrat.
Sie nahm ihre Handtasche und die Kopie des Mietvertrags, ging zu ihrem Apartment, wusch sich kurz das Gesicht und tauschte ihr Kleid gegen Shorts und T-Shirt, bevor sie, den Vertrag in der Hand, den Balkon entlang bis zu Seans Tür ging. Sie traf ihn trübsinnig auf der Couch hockend an.
»Gute Nachrichten«, rief sie fröhlich und ließ sich in den Sessel ihm gegenüber fallen.
»Die kann ich gebrauchen«, sagte Sean.
»Ich hab ein Apartment gefunden«, verkündete Janet und präsentierte stolz den Mietvertrag. »Es ist keine Luxussuite, aber es ist nur einen Block vom Strand entfernt und liegt zudem direkt an der Schnellstraße zur Forbes-Klinik.«
»Janet, ich weiß wirklich nicht, ob ich hier bleiben kann«, sagte Sean. Er klang deprimiert.
»Was ist passiert?« fragte Janet, und ihre Angst wuchs von neuem.
»Das ganze Forbes-Zentrum ist verrückt«, sagte Sean. »Die Atmosphäre stinkt zum Himmel. Zum einen gibt es da diesen japanischen Spinner, von dem ich schwören könnte, daß er mich beobachtet. Jedesmal, wenn ich mich umdrehe, ist er auch da.«
»Was sonst noch?« fragte Janet. Sie wollte zunächst alle seine Einwände hören, um sich eine Strategie zurechtzulegen, diese zu entkräften. Mit der Unterzeichnung eines zweimonatigen Mietvertrags für ein Apartment war ihr Entschluß, in Miami zu bleiben, ein gutes Stück unwiderruflicher geworden.
»Irgendwie ist in dem ganzen Laden grundsätzlich der Wurm drin«, sagte Sean. »Die Leute sind entweder freundlich oder unfreundlich. Alles ist so schwarz-weiß. Das ist unnatürlich. Außerdem muß ich hier alleine in
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