Tödliche Geschäfte
markierte. Das Biopsat wurde oberflächlich als fest, weiß und von ausreichender Menge beschrieben. Weiter war angegeben, daß man es verpackt und an Basic Diagnostics geschickt hatte. Über die Therapie hieß es, sie habe mit einer täglichen Dosis von 100 mg/kg Körpergewicht MB300C und MB303C begonnen, verabreicht als 0,05 ml/kg/Minute.
Janet warf einen Blick zu Tim, der noch immer telefonierte, bevor sie die Behandlungsinformationen auf einem Zettel notierte. Daneben schrieb sie die Kennummer T-9872, die unter der Rubrik Diagnose neben der Bezeichnung »Medulloblastome, multiple« stand.
Mit Hilfe dieser Schlüsselnummer rief sie dann die Namen aller zur Zeit im Krankenhaus behandelten Medulloblastom-Patienten auf. Mit den dreien im vierten Stock waren es insgesamt fünf. Die beiden anderen waren Margaret Demars im dritten Stock und Luke Kinsman, ein achtjähriger Junge, der auf der Kinderstation lag.
»Irgendwelche Probleme?« fragte Tim über Janets Schulter.
»Überhaupt keine«, sagte Janet und löschte rasch den Bildschirm, damit Tim nicht sah, was sie aufgerufen hatte. Schließlich durfte sie sich nicht gleich am ersten Tag verdächtig machen.
»Ich muß nur rasch diese Laborergebnisse eingeben«, sagte Tim, »dauert keine Sekunde.«
Während Tim am Computerterminal beschäftigt war, suchte Janet den Krankenblattbehälter nach den Namen Cabot, Martin und Sharenburg ab. Leider war keine der drei Akten an ihrem Platz.
In diesem Augenblick kam Marjorie hereingefegt, um etwas aus dem Medikamentenraum zu holen. »Sie haben jetzt Kaffeepause«, rief sie Janet zu.
»Bin dabei«, sagte Janet und hielt ihren Styroporbecher hoch. Sie nahm sich vor, morgen einen eigenen Becher mit zur Arbeit zu bringen. Jeder hatte hier seinen eigenen Becher.
»Ich bin schon genug beeindruckt von Ihnen«, scherzte Marjorie aus dem Nebenraum. »Sie müssen nicht auch noch die Pause durcharbeiten. Lehnen Sie sich zurück, Mädchen, legen Sie mal die Beine hoch.«
Janet lächelte und erklärte, daß sie sich zunächst mit dem Ablauf auf der Station vertraut machen wolle. Als Tim am Computer fertig war, fragte Janet ihn nach den fehlenden Krankenblättern.
»Die sind alle im zweiten Stock«, sagte Tim. »Die Cabot bekommt eine Plasmapherese, und Martin und Sharenburg werden biopsiert. Ihre Krankenblätter haben sie natürlich bei sich.«
»Natürlich«, wiederholte Janet. Sie fand, es war außerordentliches Pech, daß keines der drei Krankenblätter an seinem Platz war, wo sie doch gerade die Gelegenheit gehabt hätte, einen Blick darauf zu werfen. Ihr schwante, daß die Klinikspionage, der sie sich verschrieben hatte, vielleicht doch nicht ganz so leicht werden würde, wie sie gedacht hatte, als sie Sean den Plan vorgeschlagen hatte.
Sie gab die Suche nach den Krankenblättern zunächst auf und wartete, bis Dolores Hodges, eine der anderen Schwestern, in der Medikamentenkammer fertig war. Nachdem sie im Flur verschwunden war, vergewisserte Janet sich, daß niemand sie beobachtete, bevor sie in die winzige Kammer schlüpfte. Jeder Patient hatte ein Fach mit seinen Medikamenten, die aus der Zentralpharmazie im ersten Stock angeliefert wurden.
Janet fand Helens Fach und ließ ihren Blick rasch über die Fülle der Phiolen, Fläschchen und Röhrchen gleiten. Es gab anfallshemmende und übelkeitsmindernde Medikamente, Tranquilizer und nicht narkotisierende Schmerzmittel. Behälter mit der Aufschrift MB300C oder MB303C konnte sie nirgends entdecken. Sie überprüfte den Schrank mit den Narkotika für den Fall, daß die MB-Medikamente dort verschlossen wurden, doch auch hier wurde sie nicht fündig.
Als nächstes nahm sich Janet Louis Martins Fach vor. Es lag ganz unten. Bevor sie hinknien und es durchsuchen konnte, mußte Janet die untere Hälfte des quergeteilten Medikamentenschranks schließen, um Platz zu schaffen. Doch genausowenig wie in Helens Fach fand sie irgendwelche Gefäße, die mit einem besonderen MB-Code beschriftet waren.
»Du meine Güte, haben Sie mich erschreckt«, rief Dolores. Sie war eilig zurückgekehrt, über die vor Louis Martins Fach kauernde Janet gestolpert und fast der Länge nach hingeschlagen. »Tut mir schrecklich leid«, sagte Dolores. »Ich wußte nicht, daß jemand drinnen ist.«
»Mein Fehler«, sagte Janet und spürte, wie sie rot anlief. Sofort hatte sie Angst, sich verraten zu haben und daß Dolores sich fragen könnte, was sie hier eigentlich machte. Doch Dolores zeigte keinerlei
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