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Tödliche Geschäfte

Tödliche Geschäfte

Titel: Tödliche Geschäfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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wurde Tom Widdicombs Angst. Er saß zusammengekauert auf dem Boden neben der Kühltruhe in der Vorratskammer. Er hatte die Knie hochgezogen und seine Arme darum geschlungen, als wäre ihm kalt. Manchmal zitterte er sogar, während die katastrophalen Ereignisse in der Forbes-Residenz wieder und wieder qualvoll vor seinem inneren Auge abspulten.
    Er war ein totaler Versager. Es war ihm nicht nur nicht gelungen, Gloria D’Amataglio einzuschläfern, er hatte es auch nicht geschafft, die Krankenschwester loszuwerden, die ihn davon abgehalten hatte. Und sie war ihm so nahe gewesen, daß sie ihn trotz des Nylonstrumpfes, den er über dem Kopf getragen hatte, möglicherweise wiedererkennen würde. Mehr als alles andere quälte Tom sein Fehler, einen blöden Fön für eine Waffe gehalten zu haben.
    Weil er sich so idiotisch angestellt hatte, sprach Alice nicht mehr mit ihm. Er hatte versucht, mit ihr zu reden, aber sie wollte nicht einmal zuhören. Er hatte sie enttäuscht. Er war nicht mehr »ihr kleiner Mann«. Tom hatte versucht, sie umzustimmen, hatte versprochen, Gloria noch an diesem Vormittag zu helfen und sie auch so bald wie möglich von dieser neugierigen Krankenschwester zu befreien. Aber all seine Versprechungen und Tränen hatten nichts bewirkt. Alice konnte sehr stur sein.
    Steifbeinig stand Tom auf und dehnte seine verspannten Muskeln. Er hatte stundenlang regungslos in der Ecke gekauert und gehofft, daß seine Mutter irgendwann Mitleid mit ihm haben würde. Doch es hatte nicht funktioniert. Sie hatte ihn ignoriert. Also wollte er jetzt mit ihr direkt reden.
    Er ging zur Kühltruhe, ließ das Schloß aufschnappen und klappte den Deckel auf. In die feuchtwarme Luft von Miami stieg ein feiner Eisnebel auf. Als sich die Schwaden verzogen hatten, tauchte das vertrocknete Gesicht von Alice Widdicomb aus dem Nebel. Ihr rot gefärbtes Haar war in zerzausten Strähnen gefroren, die Gesichtshaut eingefallen, fleckig und blau. An ihren Wimpern klebten winzige Kristalle. Die Augäpfel waren leicht zusammengezogen, die Oberfläche der Hornhaut ein wenig gekräuselt und trübe wie von winterlichem Frost. Ihre Mundwinkel waren zurückgezogen, und sie bleckte ihre gelblichen Zähne zu einem grausigen Grinsen.
    Da Tom und seine Mutter sehr zurückgezogen gelebt hatten, gab es kaum Probleme, nachdem er sie eingeschläfert hatte. Sein einziger Fehler war, nicht früh genug an die Kühltruhe gedacht zu haben, so daß sie nach ein paar Tagen angefangen hatte zu stinken. Einer der wenigen Nachbarn, mit denen sie gelegentlich ein paar Worte wechselten, hatte sogar eine Bemerkung deswegen gemacht, die Tom in helle Panik versetzt hatte. Dann war ihm die Kühltruhe eingefallen.
    Seither hatte sich nichts geändert. Sogar Alices Rente kam weiter pünktlich. Nur einmal, als der Kompressor der Gefriertruhe an einem heißen Freitagabend seinen Geist aufgegeben hatte, war es eng geworden. Erst am darauffolgenden Montag konnte ein Monteur vorbeikommen, um die Sache in Ordnung zu bringen, und Tom hatte die ganze Zeit Angst, daß er die Truhe öffnen würde. Doch das tat er nicht. Er meinte nur, Tom solle einmal nachsehen, ob ihm nicht irgendwelches Fleisch schlecht geworden sei.
    Tom hielt den Deckel der Truhe fest und betrachtete seine Mutter. Doch sie weigerte sich noch immer, auch nur ein Wort mit ihm zu sprechen. Sie hatte verständlicherweise Angst.
    »Heute werde ich es tun«, sagte Tom flehend. »Gloria bekommt bestimmt noch immer ihre Infusion. Und wenn nicht, denk ich mir was anderes aus. Und was die Schwester angeht, die werden wir schon los. Alles überhaupt kein Problem, alles wird gut. Niemand wird dich mir wegnehmen. Bei mir bist du sicher. Bitte!«
    Alice Widdicomb schwieg.
    Langsam klappte Tom den Deckel wieder zu. Er wartete noch einen Moment, ob sie es sich vielleicht doch noch anders überlegte, aber das tat sie nicht. Widerwillig ließ er sie allein und ging durch die Küche ins Schlafzimmer, das sie so lange geteilt hatten. Er zog die Schublade des Nachtschränkchens auf und nahm Alices Pistole heraus. Ursprünglich hatte sie seinem Vater gehört, doch nach seinem Tod war sie in Alices Besitz übergegangen. Sie hatte sie Tom oft gezeigt und gesagt, daß sie sie benutzen würde, wenn irgendwer je versuchen sollte, sich zwischen sie zu drängen. Tom hatte besonders den Perlmuttgriff gemocht.
    »Niemand wird uns je trennen, Alice«, sagte Tom. Bisher hatte er die Waffe nur einmal benutzt, und das war, als sich die kleine

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