Tödliche Geschäfte
stehenden Kräften«, sagte Jefferson.
Noch während die Polizisten mit der Ermittlung der Fakten beschäftigt waren, tauchte eine weitere Person am Tatort auf: Robert Harris.
Robert Harris hatte sein Verhältnis zur Polizei von Miami sorgfältig gehegt und gepflegt. Obwohl er den Mangel an Disziplin und die miese körperliche Verfassung der Beamten beklagte, die sich bei den meisten etwa ein Jahr nach Beendigung der Polizeischule einzustellen begannen, war Harris pragmatisch genug zu begreifen, daß er sich mit ihnen gut stellen mußte. Dieser Überfall auf eine Krankenschwester in der Forbes-Residenz bestätigte das aufs neue. Hätte er sich nicht so gute Verbindungen aufgebaut, hätte er wahrscheinlich erst am nächsten Vormittag von der Sache erfahren. Und Harris fand, daß dies für den Chef des Sicherheitsdienstes untragbar gewesen wäre. Der Anruf des diensthabenden Sergeants hatte Harris auf seinem Trimmfahrrad vor dem Fernseher ereilt. Leider hatte man ihn erst eine halbe Stunde, nachdem der Streifenwagen losgeschickt worden war, benachrichtigt, aber Harris war nicht in der Position, sich zu beschweren. Zu spät zu kommen war immer noch besser, als gar nicht zu kommen. Harris wollte nicht, daß der Fall schon kalt war, bevor er eingeschaltet wurde.
Auf der Fahrt zur Residenz war ihm die Vergewaltigung und Ermordung von Sheila Arnold wieder eingefallen. So unwahrscheinlich es klang, er wurde den Verdacht nicht los, daß Arnolds Tod irgend etwas mit dem Tod der Brustkrebspatientinnen zu tun hatte. Harris war kein Arzt, also mußte er sich darauf verlassen, was Dr. Mason ihm vor einigen Monaten erzählt hatte, daß nämlich die Brustkrebspatientinnen seiner Ansicht nach ermordet worden waren. Die Tatsache, daß ihre Gesichter blau angelaufen waren, war ein verräterisches Indiz, ein Zeichen dafür, daß irgend jemand sie irgendwie kaltgemacht hatte.
Dr. Mason hatte betont, daß die lückenlose Aufklärung dieser mysteriösen Todesfälle Harris’ vordringlichste Aufgabe war. Wenn die Presse davon erfahren würde, konnte das Forbes-Zentrum nicht wiedergutzumachenden Schaden nehmen. Ja, es hatte ganz so geklungen, als wollte Dr. Mason Harris’ Weiterbeschäftigung an der Klinik von einer schnellen und unauffälligen Lösung dieses potentiell peinlichen Problems abhängig machen. Je schneller, desto besser für alle Beteiligten.
Aber in den letzten Monaten hatte Harris kaum Fortschritte gemacht. Dr. Masons Vermutung, daß es sich bei dem Täter wahrscheinlich um einen Arzt oder eine Schwester handelte, hatte sich nicht erhärten lassen. Eine umfassende Überprüfung des persönlichen Hintergrunds des gesamten medizinischen Personals hatte keinerlei Verdachtsmomente oder Unregelmäßigkeiten ergeben. Auch Harris’ Bemühungen, unauffällig ein Auge auf die Brustkrebspatientinnen der Forbes-Klinik zu halten, hatten nichts gebracht. Er hatte sie natürlich nicht alle gleichzeitig überwachen können.
Sein Verdacht, daß Miss Arnolds Tod etwas mit dem Tod der Brustkrebspatientinnen zu tun haben könnte, war ihm am Tag nach ihrer Ermordung auf der Fahrt zur Arbeit gekommen. Ihm war eingefallen, daß am Tag vor dem Mord wieder eine Brustkrebspatientin gestorben und blau angelaufen war.
Harris fragte sich, ob Sheila Arnold möglicherweise etwas gesehen hatte. Vielleicht war sie Augen- oder Ohrenzeugin einer Begebenheit geworden, deren Bedeutung ihr gar nicht aufgegangen war, was wiederum der Täter nicht wissen konnte, weswegen er sich trotzdem bedroht gefühlt hatte. Die Idee klang ganz vernünftig, obwohl Harris sich fragte, ob sie nicht nur das Hirngespinst eines verzweifelten Mannes war.
Wie auch immer, sein Verdacht hatte ihm kaum Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen geliefert. Von der Polizei hatte er erfahren, daß ein Zeuge beobachtet hatte, wie ein Mann in der Mordnacht Miss Arnolds Apartment verließ, aber die Personenbeschreibung war hoffnungslos vage gewesen: ein Mann von mittlerer Größe mit Durchschnittsfigur und braunem Haar. Das Gesicht hatte der Zeuge natürlich nicht gesehen. In einer Einrichtung von der Größe des Forbes-Zentrums war diese Beschreibung nur von geringem Nutzen gewesen.
Als Harris jetzt von einem weiteren Überfall auf eine Schwester der Forbes-Klinik gehört hatte, war ihm erneut der Verdacht einer möglichen Verbindung zu den mysteriösen Sterbefällen von Brustkrebspatientinnen gekommen. Denn am Dienstag hatte es wieder einen verdächtigen blauen Tod gegeben.
Als
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