Tödliche Geschäfte
wir uns unterhalten?«
Er setzte sich wieder. »Die Leute beobachten uns nicht«, sagte er. »Wann begreifst du das endlich?«
»Wie kannst du dir so sicher sein?« fragte sie.
Sean wollte etwas sagen, besann sich jedoch eines Besseren.
»Können wir zur Abwechslung nicht mal über was Lustiges reden?« fragte Janet. »Ich bin total gestreßt.«
»Worüber willst du denn reden?«
»Was wir am nächsten Sonntag machen«, erwiderte Janet. »Ich muß unbedingt raus aus diesem Krankenhaus und der permanenten Anspannung. Ich möchte irgendwas Erholsames machen und mich einfach nur amüsieren.«
»Okay«, versprach Sean. »Aber jetzt will ich mit dieser Medizin unbedingt zurück ins Labor. Wäre es immer noch zu auffällig, wenn ich dich jetzt allein lasse?«
»Hau schon ab!« sagte Janet. »Du bist wirklich unmöglich.«
»Ich seh dich dann in deinem Apartment«, verabschiedete er sich und machte, daß er wegkam, bevor Janet irgend etwas in der Art sagen konnte, daß er nicht eingeladen wäre. Als er die Kantine verließ, drehte er sich noch einmal um und winkte ihr zu.
Beide Hände um die Fläschchen in seinen Taschen geballt, eilte er zurück über die Brücke zwischen den beiden Gebäuden. Er konnte es kaum erwarten anzufangen. Dank Janet verspürte er zum ersten Mal seit seiner Ankunft etwas von der Abenteuerlust und Begeisterung eines Forschers, wie er sie sich ausgemalt hatte, als er beschlossen hatte, an das Forbes-Krebszentrum zu gehen.
Robert Harris schleppte den Pappkarton mit den Personalakten in sein fensterloses Büro und stellte ihn neben seinen Schreibtisch. Er setzte sich, machte den Karton auf und entnahm die erste Akte.
Nach dem Gespräch mit Dr. Mason und Ms. Richmond war er direkt in die Personalabteilung gegangen. Mit Hilfe von Henry Falworth, dem Personalchef, hatte er eine Liste der nichtmedizinischen Angestellten zusammengestellt, die Zugang zu den Patienten hatten. Die Liste umfaßte das Küchenpersonal, das Essen auf die Stationen brachte und Bestellungen entgegennahm, auf den Zimmern servierte und die Tabletts einsammelte. Ebenfalls auf der Liste standen sämtliche Mitarbeiter, die im Hausmeisterdienst oder für kleinere Reparaturarbeiten auf den Zimmern angestellt waren. Zu guter Letzt waren die Mitglieder des Reinigungspersonals aufgeführt, die Zimmer, Flure und Aufenthaltsräume der Klinik saubermachten.
Alles in allem kam eine beträchtliche Zahl zusammen. Leider hatte Harris sonst keine Ideen, die er weiterverfolgen konnte, mit Ausnahme der Kameraüberwachung auf den Zimmern, obwohl er schon jetzt wußte, daß sich diese Maßnahme als zu kostspielig erweisen würde. Er würde zwar entsprechende Angebote einholen und einen Kostenvoranschlag zusammenstellen, doch er wußte, daß Dr. Mason den Preis unakzeptabel finden würde.
Als nächstes plante Harris, die gut fünfzehn Akten durchzugehen, um zu sehen, ob ihm irgendeine Unstimmigkeit oder Merkwürdigkeit auffiel. Wenn er auf etwas Fragwürdiges stoßen würde, wollte er die betreffende Akte in die Gruppe der zuerst zu überprüfenden Personen sortieren. Harris war genausowenig Psychologe wie Arzt, aber er glaubte, daß die Akte eines Menschen, der verrückt genug war, Patientinnen zu ermorden, irgendeine Besonderheit aufweisen müßte.
Die erste Akte, die er sich vornahm, war die von Ramon Concepcion, einem Angestellten des Küchenbedienungspersonals. Concepcion war fünfunddreißig Jahre alt und hatte seit seinem sechzehnten Lebensjahr für eine Reihe von Hotels und Restaurants gearbeitet. Harris las sich das Bewerbungsschreiben und die Referenzen durch, studierte sogar die Unterlagen der Krankenversicherung, aber nichts fiel ihm ins Auge. Er warf die Akte auf den Boden.
Eine Akte nach der anderen arbeitete er sich durch den Karton. Er bemerkte keine Auffälligkeiten, bis er zu Gary Wanamaker kam, einem weiteren Mitglied des Service-Personals. Unter der Rubrik Frühere Beschäftigungsverhältnisse hatte Gary auch seine fünfjährige Tätigkeit in der Küche des Rikers-Island-Gefängnis von New York angegeben. Auf dem Bewerbungsphoto hatte der Mann braunes Haar. Harris legte die Akte auf die Ecke seines Schreibtisches.
Nur fünf Akten später stieß Harris erneut auf etwas Auffälliges. Tom Widdicomb arbeitete im Reinigungsdienst.
Was Harris’ Aufmerksamkeit erregte, war die Tatsache, daß der Mann als Rettungssanitäter ausgebildet war. Obwohl er nach seiner Ausbildung eine Reihe von Putzjobs angenommen hatte,
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