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Tödliche Gier

Tödliche Gier

Titel: Tödliche Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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ich doch gerne für dich«, sagte William. Er legte zwei Deckchen auf ein Tablett, stellte auf jedes ein Glas und kam hinter dem Tresen hervor.
    Ich bahnte mir den Weg zur Damentoilette und drückte die Tür auf. Der Raum roch nach Scheuermittel und hatte nur eine Kabine. Aus trauriger Erfahrung wusste ich, dass die hölzerne Klobrille einen Riss hatte und zwickte, wenn man sich darauf setzte. Mariah stand am Becken und rückte ihre Perücke zurecht. Abgesehen vom Waschbecken gab es lediglich einen großen Abfalleimer mit Plastiktüte und ein vergittertes Fenster, das auf einen engen Hinterhof hinausging. Aus der Nähe sah ich, dass Mariah unter dem Regenmantel einen wuchtigen Strickpullover, eine schlabberige, blau bedruckte Hose und darunter eine Art dick machende Polsterung in der Taille trug. Die Birkenstockschuhe und die weißen Socken gaben ihrem Aufzug den letzten Schliff. Todschick.
    »Na, wie finden Sie’s?«, fragte sie.
    »Die Verkleidung ist mau. Ich habe Sie einmal im Leben gesehen und habe Sie erkannt, sowie ich das Lokal betreten habe.«
    Sie nahm einen grobzinkigen Kamm aus der Handtasche und hob die obersten Schichten ihrer Perücke an, um ihr mehr Höhe zu verschaffen. »Mist. Das Ding hat mich ein Vermögen gekostet, und dabei ist es nicht mal echtes Haar.«
    »Was machen Sie überhaupt hier? Wissen Sie eigentlich, wie haarscharf Sie fast aufgeflogen wären?«
    »Als ob mir das nicht klar wäre. Ich und meine tollen Ideen«, erwiderte sie. »Ich habe versucht, Sie anzurufen, aber ich habe nur Ihren Anrufbeantworter erreicht und wollte keine Nachricht hinterlassen. Das ist nämlich unklug. Man weiß ja nie, wer dabei ist, wenn die Dinger abgehört werden. Ich wollte das Risiko nicht eingehen, dass Tommy meine Stimme hört. Ich dachte, es wäre leichter, Sie hier zu treffen. Ich komme rein, wähne mich in Sicherheit, und dann sitzt er da. Mir wäre fast das Herz stehen geblieben.«
    »Mir auch. Wieso hat er Sie nicht gesehen?«
    »Fragen Sie nicht. Es war reiner Dusel, schätze ich. Er hat an seinem Regenmantel herumgefummelt, und ich habe so getan, als hätte ich eine Freundin entdeckt, und bin auf eine Nische im hinteren Teil zugesteuert. Dort habe ich eine Viertelstunde lang gesessen und meine Flucht durch die Küche geplant. Dann habe ich zufällig aufgeblickt und Sie hereinkommen sehen. Wie gut stehen die Chancen darauf, dass Sie ihn hier rausschleusen können?«
    »Ich tue, was ich kann, aber die Sache gefällt mir nicht. Gestern Abend ist er vor meiner Wohnung aufgekreuzt. Ich habe es zwar geschafft, ihn abzuwimmeln, aber er ist hartnäckig. Eigentlich will ich ihn loswerden, und jetzt muss ich ihm schöntun, um Sie zu decken.«
    »Das Leben ist hart.« Sie schob ein paar Strähnen ihrer künstlichen Haare zurecht und lächelte sich selbst zu. »Es gibt auch gute Neuigkeiten. Sämtliche Kreditkarten der beiden sind restlos ausgereizt. Jeder von ihnen besitzt sechs bis acht Karten, und die unbezahlten Beträge kosten achtzehn Prozent Zinsen. Sie leisten ihre Mindestzahlungen, um sich über Wasser zu halten. Luxusuhren, Luxusautos. Die Hypothek für diese Monstrosität, die sie ihr Zuhause nennen, beläuft sich auf fünfzehn Riesen im Monat. Die beiden stecken mit den Eiern im Schraubstock, und mittlerweile spüren sie den Druck.«
    »Sie sind völlig pleite?«
    »In Kürze, wenn sie sich nicht schnell etwas einfallen lassen.« Ihr Blick begegnete meinem im Spiegel. Die Kombination aus der Perücke und ihrer Kluft ließ sie derb wirken, ganz anders als die kühle Karrierefrau, die sie in meinem Büro gegeben hatte, als sie ihre Unterlagen vor mir ausgebreitet hatte. Vielleicht war sie doch wandlungsfähiger, als ich ihr zugetraut hätte. »Vermutlich sind Sie noch nicht dazu gekommen, Tommy von dem Hehler zu erzählen.«
    »Ich werde es auch nicht tun. Da kann ich Ihnen wirklich nicht helfen. Tut mir Leid.«
    »Machen Sie sich keinen Stress.« Sie steckte den grobzinkigen Kamm wieder ein, wandte sich um und lehnte sich gegen das Waschbecken, um mich zu mustern. »Ich kriege die Ärsche mit oder ohne Ihre Hilfe.«
    »Wodurch ist die Sache denn so persönlich geworden?«
    »Mord ist immer persönlich. Es stört mich, wenn solche Typen ungestraft davonspazieren. Abgesehen davon hat mir die Guardian eine dicke, fette Prämie versprochen, wenn ich den Fall kläre.« Ihre Augen waren hinter der Brille von einem klaren und eiskalten Blau. Sie nickte zur Tür hin. »Gehen Sie lieber wieder raus. Der

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