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Tödliche Gier

Tödliche Gier

Titel: Tödliche Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Ich wollte ihm sagen, dass ich mir seine Worte zu Herzen genommen hatte. Ich würde jede Beteiligung meinerseits bestreiten und ihm das alleinige Verdienst zuschreiben, das seltene Auftreten von Vernunft bei mir ausgelöst zu haben. In seiner Küche brannte Licht. Ich klopfte gegen die Scheibe und rechnete damit, ihn aus dem Flur in die Küche kommen zu sehen. Doch er war nirgends zu entdecken; ich hörte weder sein Klavier, noch konnte ich andere Anzeichen irgendwelcher Aktivitäten wahrnehmen. Allerdings erschnupperte ich den verführerischen Duft eines seiner Schmorgerichte aus dem Backofen und nahm daher an, dass er nicht weit sein konnte.
    Ich trottete zu meiner Wohnung zurück und ging hinein. Drinnen schaltete ich die Schreibtischlampe an und legte meine Umhängetasche auf einen Küchenhocker. Dann sammelte ich die Post zusammen, die durch den Schlitz geworfen und quer über den Fußboden verstreut worden war. Es war nichts als Reklame, und so warf ich den ganzen Schund in den Müll. Das Lämpchen an meinem Anrufbeantworter blinkte munter. Ich drückte die Abspieltaste.
    Tommy Hevener.
    »Hey. Ich bin’s. Ich musste an Sie denken. Vielleicht erwische ich Sie ja später. Rufen Sie mich doch zurück, wenn Sie heimkommen.«
    Ich drückte auf »Löschen« und wünschte, ich könnte das Gleiche mit Tommy tun.
    Schließlich ging ich in die Küche. Die Dose Tomatensuppe vom Samstag war meine Letzte gewesen, daher wusste ich bereits, dass nichts Essbares im Haus war. Brav durchsuchte ich meine Küchenregale und den Kühlschrank. Ehrlich gesagt habe ich noch nie ein Rezept gelesen, für das man zwei Plastiktütchen Sojasoße, eine halbe Tasse Olivenöl, Frühstücksflocken, Sardellenpaste, Ahornsirup und sechs gummiartige Karotten braucht, die mit etwas bewachsen sind, das wie Haare aussieht. Eine pfiffige Hauswirtschafterin hätte aus genau diesen Zutaten bestimmt ein nahrhaftes Gericht gezaubert, aber ich muss zugeben, dass ich ratlos war. Also schnappte ich mir erneut meine Tasche und verließ das Haus. Abendessen bei Rosie — was für eine nette Abwechslung.
    Die Nachtluft war diesig und roch nach Keller. Es hatte jetzt sechs Tage hintereinander fast ständig geregnet. Der Reiz des Neuen war verflogen, und diejenigen, die sich anfänglich über den Regen gefreut hatten, verfluchten nun seine Hartnäckigkeit. Der Boden war gesättigt, und die Bäche quollen über, rauschende Wasserläufe, die Schutt mit sich führten. Wenn nun nicht ein paar trockene Tage folgten, würden die Sturzbäche über ihre Ufer treten und die tief gelegenen Gebiete überfluten. Bereits jetzt gab es Nebenstraßen, die mit Matsch und Steinen überzogen waren und auf denen wabernde Wasserschichten das Fahren gefährlich machten.
    Wenn man die schwankende Besucherfrequenz bei Rosie’s bedachte, dann wimmelte es an der Bar von Gästen. Die Happy-Hour-Kundschaft würde allerdings nach sieben Uhr verschwunden sein, sobald die Getränkepreise anzogen. Der Geräuschpegel war auf einen schrillen, durchdringenden Ton gestiegen, der die zunehmende Reizbarkeit der Anwesenden widerzuspiegeln schien. Die Leute hatten genug von Regenmänteln, Gummistiefeln und Schimmelsporen, die ihre Allergien in Form von Niesanfällen und verstopften Nebenhöhlen aufflammen ließen.
    Ich stellte meinen Schirm neben die Eingangstür, schlüpfte aus dem Regenmantel und schüttelte einen Teil des Wassers von ihm ab, bevor ich ihn aufhängte. Aus reiner Höflichkeit vollzog ich demonstrativ das sinnlose Ritual, mir die Füße abzustreifen. Als ich durch die Innentür trat, entdeckte ich Tommy Hevener, der ganz allein an einem Tisch im vorderen Teil saß. Leise Wut wallte in mir auf, da ich mich in die Ecke gedrängt fühlte. Wie schaffte ich ihn nur wieder aus meinem Leben? Er trank einen Martini und hatte das breite Glas gerade an die Lippen gesetzt, als er mich sah. Ich blieb wie angewurzelt stehen — ein Sekundenbruchteil der Unentschiedenheit — , da die zweite Person, die ich sah, Mariah Talbot war, die in einer Nische ziemlich weit hinten saß. Das Adrenalin fuhr mir durch den Körper wie eine Dosis Speed. Ihr verräterisches silbergraues Haar war unter einer dunklen, zottigen Perücke verborgen, und die blauen Augen hatte sie mit einer Brille mit Plastikgestell und Strassapplikationen maskiert. Der Regenmantel, den sie trug, ließ ihren Körper gedrungen wirken. Wenn man nicht hinter die Fassade und auf die zarten Knochen ihres Gesichts blickte, machte sie einen

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