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Tödliche Gier

Tödliche Gier

Titel: Tödliche Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Keine Anzeichen für einen Kampf, keine Indizien für einen Überfall und keinen Anlass zu der Vermutung, dass er gegen seinen Willen verschleppt wurde. Wir haben die Gegend abgegrast und in jedem Haus in Reichweite nachgefragt. Kein Mensch hat an diesem Abend irgendetwas gesehen oder gehört.«
    »Fiona glaubt, er könnte aus freien Stücken verschwunden sein. Sind Sie derselben Meinung?«
    »Mir persönlich behagt die ganze Geschichte nicht. Neun Wochen ohne einen Mucks. Man muss fast annehmen, dass irgendetwas anderes dahinter steckt. Wir gehen jetzt alles erneut durch und suchen nach etwas, das uns beim ersten Mal entgangen ist.«
    »Hat Fionas Geschichte die Ermittlungen beeinflusst?«
    »Inwiefern?«
    »Mit ihrem ganzen Gerede davon, dass er früher schon mehrmals verschwunden ist«, sagte ich.
    Odessa winkte ab. »Nichts als Gelaber. Sie behauptet, er sei früher schon abgehauen. Vielleicht ja, vielleicht nein. Ich bin mir über ihre Motive nicht ganz im Klaren.«
    »Laut eigener Aussage will sie Resultate sehen.«
    »Sicher, aber wer will das nicht? Wir sind Cops, keine Zauberkünstler. Wir bewirken keine Wunder.«
    »Haben Sie die Geschichte geglaubt, die sie erzählt hat?«
    »Ich glaube, dass er sie verlassen hat. Ob er tatsächlich Probleme mit der jetzigen Mrs. P. hatte, ist nicht bewiesen.« Er hielt inne. »Haben Sie Crystal schon kennen gelernt?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    Odessa zog die Brauen hoch und schüttelte eine Hand, als hätte er sich verbrannt. »Sie ist eine schöne Frau. Kaum vorstellbar, dass ein Mann sie verlässt.«
    »Haben Sie eine Theorie?«
    »Ich doch nicht. Aus unserer Perspektive ist die Sache noch immer kein Kriminalfall. Ohne Verbrechen braucht man weder jemanden auf seine Rechte aufmerksam zu machen, noch braucht man Durchsuchungsbefehle, und das macht unsere Arbeit wesentlich einfacher. Wir sind doch nur ein paar brave Jungs, die den Angehörigen einen Gefallen tun wollen. Ich persönlich bin zwar der Ansicht, dass die Sache übel aussieht, aber das sage ich zu niemandem sonst, Sie eingeschlossen.«
    Ich zeigte auf die Akte. »Darf ich mal einen Blick hineinwerfen?«
    »Von mir aus gern, aber das ist Paglias Fall, und er pocht auf Geheimhaltung. Allerdings hat er nichts dagegen, wenn wir an passender Stelle den Kern der Geschichte skizzieren. In erster Linie geht es darum, den Mann zu finden, was heißt, dass wir kooperieren, wenn wir können.«
    »Es stört ihn also nicht, wenn ich ein paar dieser Leute aufsuche und mit ihnen rede?«
    »Sie können tun, was Sie wollen.«
    Als er mich hinausbegleitete, sagte er: »Falls Sie ihn finden, sagen Sie uns Bescheid. Er kann verschwunden bleiben, wenn er will, aber es würde mir stinken, wenn ich weiter an der Sache arbeite, während er mit einer Nase voller Koks in Vegas sitzt.«
    »Das glauben Sie aber nicht.«
    »Nein. Und Sie auch nicht«, sagte er.
    Auf dem Rückweg ins Büro machte ich einen Umweg von zwei Blocks und ging an der Bank vorbei. Ich füllte ein Einzahlungsformular aus, girierte Fionas Scheck und wartete, bis ich an der Reihe war. Am Schalter angelangt, wies ich auf die aufgedruckte Kontonummer. »Könnten Sie den Stand dieses Kontos überprüfen? Ich möchte sichergehen, dass der Scheck gedeckt ist, bevor ich ihn einzahle.« Eine weitere Lektion, die ich auf die harte Tour gelernt hatte. Ich fange nicht mit der Arbeit an, bevor ein Scheck sich als gedeckt erwiesen hat.
    Barbara, die Bankangestellte, kannte mich schon seit Jahren. Ich sah ihr zu, wie sie die Kontonummer in ihre Computertastatur eintippte und dann den Bildschirm musterte. Sie drückte einmal auf die Eingabetaste. Tipp. Noch einmal. Tipp. Ich sah zu, wie ihr Blick die Zeilen entlangwanderte.
    Sie sah noch einmal auf mein Einzahlungsformular und verzog das Gesicht. »Der Scheck ist gedeckt, aber es ist knapp. Wollen Sie es lieber in bar?«
    »Nein, eine Gutschrift ist mir recht, aber erledigen wir es lieber, bevor der nächste Scheck kommt und sie pleite ist.«

3

    Als ich ins Büro zurückkehrte, stellte ich fest, dass Jill und Ida Ruth mir einen Zettel an die Tür gehängt hatten. »Kinsey: anbei eine genaue Aufstellung mit den Tagen, an denen Jeniffer zu spät gekommen ist, etwas vermasselt hat oder unentschuldigt ferngeblieben ist. Bitte schreib weitere Vorkommnisse hinzu, von denen du weißt, unterschreib das Ganze und leg es mir wieder hin. Wir halten es für das Beste, uns als gemeinsame Front zu präsentieren. Wir meinen es ernst! Ida

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