Tödliche Gier
aus. Das stört mich.«
»Du auch. Du siehst aus wie eine Pennerin. Der Pulli hängt dir bis an die Knie.«
»Glücklicherweise gehe ich nicht aus. Und du gehst jetzt bitte nach oben und suchst dir etwas Anständiges zum Anziehen.«
»Mein Gott, dir ist immer dermaßen wichtig, was andere Leute denken.«
»Hör auf. Ich hab’s wirklich satt, mit dir zu streiten.«
»Warum lässt du mich dann nicht in Ruhe? Ich kann mich anziehen, wie ich will. Das wirft doch kein schlechtes Licht auf dich.«
»Leila, du verlässt das Haus nicht in diesen Klamotten.«
»Toll. Dann gehe ich eben nicht. Herzlichen Dank und leck mich.«
»Wo ist dein Koffer?«, fragte Crystal geduldig, indem sie Leilas Aufforderung zur Eskalation ignorierte.
»Ich habe keinen. Ich habe dir doch gesagt, dass ich nicht hingehe. Ich möchte hier bleiben.«
»Du hast ihn letztes Mal schon nicht besucht, und ich habe ihm versprochen, dass du kommst.«
»Ich muss nicht hingehen, wenn ich nicht will. Es ist meine Entscheidung.«
»Nein, ist es nicht. Es ist meine, also hör auf zu widersprechen.«
»Warum?«
»Leila, mich ärgern diese ganzen Frechheiten, die du mir an den Kopf wirfst. Was ist denn los mit dir?«
»Ich will einfach nicht hin. Es ist langweilig. Wir sitzen nur herum und gucken Videos.«
»Das tust du doch hier auch!«
»Du hast mir versprochen, dass ich mich mit Paulie treffen darf.«
»Ich habe nichts dergleichen versprochen. Und wechsle gefälligst nicht das Thema. Paulie hat nichts damit zu tun. Lloyd ist dein Vater.«
»Ist er nicht ! Wir sind nicht einmal verwandt. Er ist einer deiner blöden alten Exmänner.«
» Mein einziger Exmann. Ich bin nur einmal zuvor verheiratet gewesen«, erwiderte sie. »Warum bist du so aggressiv und ekelhaft? Lloyd vergöttert dich.«
»Na und?«
»Leila, ich warne dich.«
»Wenn er mich derart vergöttert, warum zwingt er mich dann, gegen meinen Willen zu ihm zu kommen?«
»Er zwingt dich nicht. Ich zwinge dich, und das ist mein letztes Wort. Los jetzt.«
»Ich gehe, wenn ich mich mit Paulie treffen darf.«
»Kommt nicht in Frage.«
»Mein Gott, du bist so fies. Ich bin dir scheißegal.«
»Genau. Ich bin nur hier, um dich zu beschimpfen und zu misshandeln. Los. Ruf den Kinderschutzbund an.«
»Wenn du Lloyd so toll findest, warum besuchst du ihn dann nicht selbst?«
Crystal schloss die Augen und rang um Beherrschung. »Wir fechten das nicht vor unserem Gast aus. Lloyd hat mit mir gemeinsam das Sorgerecht, okay? Er holt dich um sieben Uhr ab, was bedeutet, dass er bereits unterwegs ist. Ich komme am Sonntagmorgen um zehn und nehme dich wieder mit. Und jetzt geh rauf und zieh dich um. Und pack lieber deine Sachen, sonst mache ich es, und ich garantiere dir, dass dir vor meiner Wahl grausen wird.«
Leilas Miene verschloss sich, und ich sah, wie sich um ihre Nase und ihren Mund ein roter Fleck bildete, während sie gegen die Tränen kämpfte. »Du bist so was von ungerecht«, sagte sie und polterte wieder die Treppe hinauf. Sie knallte die Tür hinter sich zu, nachdem sie ihr Zimmer betreten hatte, und brüllte dann noch einmal hinter der Tür: »Fiese Nuss!«
Crystal wandte sich wieder unserem Gespräch zu und gab außer einem Kopfschütteln und kurzen Augenrollen keinen Kommentar zu Leila ab. »Dow und ich haben uns in Vegas bei gemeinsamen Freunden kennen gelernt. Als ich ihn das erste Mal gesehen habe, wusste ich gleich, dass ich ihn eines Tages heiraten würde.«
»War er nicht schon verheiratet?«
»Doch, ja. Ich meine, theoretisch schon, aber nicht glücklich «, sagte sie, als ob Dows Eheprobleme es rechtfertigten, dass sie auf Fionas Territorium wilderte. »Sie haben Fiona ja kennen gelernt. Sie ist nur sechs Monate jünger als er, aber sie sieht aus, als wäre sie hundert. Sie trinkt. Sie raucht zwei Päckchen am Tag. Außerdem ist sie valiumsüchtig, was sie Ihnen wahrscheinlich nicht erzählt hat, als sie Sie engagiert hat. Dow ist letztes Frühjahr neunundsechzig geworden, aber so alt würde ihn keiner schätzen. Haben Sie mal ein Bild von ihm gesehen?«
»Es war eines in der Zeitung.«
»Ach, das war schrecklich. Ich habe ein besseres. Moment mal.«
Sie verließ die Terrasse und ging ins große Zimmer, aus dem sie kurz darauf mit einem gerahmten Farbfoto zurückkehrte. Sie setzte sich wieder auf ihren Stuhl und reichte mir das Bild. Ich musterte Dow Purcells Gesicht. Das Foto war auf dem Golfplatz aufgenommen und so zurechtgeschnitten worden, dass die anderen
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