Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toedliche Hoffnung

Toedliche Hoffnung

Titel: Toedliche Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Alsterdal
Vom Netzwerk:
Rechnungen schicken werden.«
    Ein zottiger Hund überquerte die Gasse, der Gemüsehändler war dabei, seine Kisten in einen Gang zu schieben. Ich presste die Mappe fest an den Körper und warf einen Blick über die Schulter. Ich konnte niemanden sehen. Als ich den Aussichtspunkt erreicht hatte, versank gerade die Sonne hinter den Hügeln, und die unzähligen Ziegeldächer schimmerten golden.
    In der Straßenbahn rief ich Benji an. Ich dachte: Ich werde die ganze Fahrt über mit ihm sprechen. Dann gibt es jemanden, der weiß, dass ich es bin, wenn sie mich finden.
    »Lissabon, ist das dein Ernst?«, rief er. »Oh mein Gott, wie romantisch, sag nicht, dass du auch Fado hörst. Amália war eine Göttin.«
    Fast konnte ich hören, wie es schmerzte, als er sich auf die Zunge biss.
    »Entschuldige«, sagte er. »Ich vergaß. Hast du ...?«
    »Nein«, antwortete ich, »ich habe ihn nicht gefunden.«
    Eine Kurve, fast wäre ich umgefallen, und erwischte gerade noch eine der Halteschlaufen. Benjis Stimme klang in meinem Ohr wie eine Injektion meines alten Lebens. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal mit ihm gesprochen hatte; es kam mir wie eine halbe Ewigkeit vor. War es zwei Tage her oder drei? Bevor ich in Paris ausgecheckt hatte, waren viele Mails von ihm in meinem Posteingang gewesen. Irgendetwas zu einem Meeting, viel über die Arbeit, ich hatte mir nicht einmal gemerkt, worum es ging.
    Die Bremsen kreischten vor Anstrengung, als die Straßenbahn ihre Nase nach unten richtete und abwärts rollte.
    »Was sind das für Geräusche?«, fragte Benji. Seine Stimme war so wirklich und klar. Sie half mir, wieder zu mir selbst zu finden. Ally, seine Arbeitgeberin, seine Freundin.
    »Du wirst es mir nicht glauben, wenn du es nicht mit eigenen Augen gesehen hast«, sagte ich, »diese Stadt ist ein Museum, dessen Instandhaltungsabteilung geschlossen wurde.«
    »Haben die deshalb kein Internet? Ich habe dir schon mindestens siebentausend Mal geschrieben.«
    »Du hättest ein Telegramm schicken sollen. Was wolltest du denn?«
    »Ach, eigentlich nur Lappalien. Zum Beispiel will dich das Cherry Lane Theatre in der nächsten Saison für ihre Medea buchen, und vielleicht auch noch für eine Herbstvorstellung. Sie brauchen bis Ende der Woche Bescheid.«
    »Ist das alles?«, fragte ich.
    »Soll ich zusagen, oder willst du es lieber selber tun?«
    Die Straßenbahn machte eine scharfe Kurve um eine Kathedrale herum, und ich sehnte mich nach den geraden, nummerierten Straßen New Yorks. Ich versuchte mich zu erinnern, wie der Direktor des Cherry Lane Theatre aussah. Wie er hieß. Ich kam einfach nicht darauf.
    »Das klären wir später«, sagte ich. »Bist du in der Nähe eines Computers?«
    »Natürlich.«
    »Kannst du mir bitte mal ein Postamt in Lissabon raussuchen?«
    »Aber natürlich, wozu hat man als Bühnenbildnerin denn sonst einen Assistenten?« Ich hörte das Klappern der Tastatur. »Sie spielen übrigens Joyce vor ausverkauftem Haus. Duncan droht damit, von all seinen Aufträgen abzuspringen, weil er gerade in einer Lebenskrise steckt. Er hatte vorher noch nie einen Publikumserfolg, und jetzt muss er erst mal nach Indien, um nach dem tieferen Sinn zu suchen. Und Leia hat gerade beim American Ballet unterschrieben. Die Armen.«
    Ich ließ sein Geplauder an mir vorüberziehen und sah mich im Waggon um. Touristen mit Reiseführern und Digitalkameras, junge Mädchen auf Shoppingtour, zwei sehr alte Männer, so alt, dass sie die Straßenbahn mitgebaut haben könnten, einige Portugiesen, die aussahen, als wären sie auf dem Weg von der Arbeit nach Hause, eine schwarze Frau mit Zöpfen. Ich war mir völlig sicher, dass mir niemand folgte. War Patrick sich sicher gewesen?
    Die Straße wurde eben, und ich war in Baixa, dem flachen Stadtteil zwischen den Hügeln Lissabons, wo Behörden und internationale Kleiderboutiquen lagen.
    »Ich nehme an, du willst zu dem zentralen Postamt«, sagte Benji. »Praça dos Restauradores, Avenida da Liberdade, kommt dir das bekannt vor?«
    »Perfekt«, sagte ich. »Da war ich schon mal, im Hard Rock Café . Stehen die Öffnungszeiten dabei?«
    »Sie machen um sieben zu.«
    Einer der sehr alten Männer zwinkerte mir flirtend zu. Ich sah auf die Uhr.
    »Oh nein. Und wann öffnen sie?«
    »Um neun.«
    Die Dokumente scheuerten unter meiner Jacke. Ich war gezwungen, sie heute Nacht im Hotel aufzubewahren.
    Ein Signal ertönte an der Haltestelle, wo ich aussteigen musste. Von dort waren es zu

Weitere Kostenlose Bücher