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Toedliche Hoffnung

Toedliche Hoffnung

Titel: Toedliche Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Alsterdal
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zusammen.
    »Ich glaube, die Hure hat genug für heute«, sagte einer von ihnen auf Französisch.
    Der andere lachte. »Vielleicht will sie den hier aber auch von hinten spüren.«
    Der Sicherheitsmann, oder was auch immer er war, bückte sich und riss an meinen Haaren, zwang mich, ihn erneut anzusehen.
    »Übersetze, was ich jetzt sage, damit der Hure nichts entgeht«, bellte er dem anderen zu. Dann atmete er mir ins Gesicht, er stank nach Öl und fauligem Essen.
    »Verpiss dich nach Amerika«, sagte er, »sonst werfen wir dich auch ins Meer. Aber dich wird niemand finden.« Er schleifte mich ein Stück an den Haaren über den Boden. »Oder was meinst du«, sagte er zu dem anderen, »sollen wir sie lieber in einem Bordell in Moldawien aufwachen lassen? Dort könntest du noch einiges lernen, du miese Yankee-Hure.«
    Er riss meinen Kopf nach hinten.
    »Der Chef will keine weiteren amerikanischen Leichen in diesem Kaff sehen«, zischte er, räusperte sich ausführlich und spuckte mir ins Gesicht. »Das ist der einzige Grund, weshalb du noch am Leben bist.«
    Dann warf er mich wieder zu Boden.
    »Versuch nicht, dich zu verstecken. Wir finden dich überall.«
    Ein Tritt traf mich direkt zwischen den Beinen, und ichkrümmte mich zu einem kleinen Ball zusammen. Schlang die Arme fest um meinen Bauch. Kniff die Augen zusammen und wartete auf den nächsten Tritt. Wartete. Nichts geschah.
    Zweige knackten, dann wurde es still.
    Ein Auto, das wegfuhr.
    Motorengeräusche, die sich entfernten.
    Erst da öffnete ich die Augen und begann, den Boden nach meiner Hose abzutasten.
    Als ich die Stadt hinter mir ließ, wurde es still. Ein paar Möwen erhoben sich kreischend in die Lüfte, dann gab es nur noch mich und das Meer. Den Rhythmus der Wellen. Es gab nur die Dunkelheit und den Sand und dornige Gewächse, die mir in die Waden schnitten. Die schwarzen Steine ruhten wie schlafende Tiere im Wasser, und ringsherum atmete das Meer, hob und senkte seinen gewaltigen Bauch.
    Ich zog mich aus. Legte Jacke, Pullover, Jeans, Schuhe und Strümpfe auf einen Stapel. Der Wind peitschte den Sand gegen meinen Körper. Nur in Unterhose und BH ging ich ins Wasser hinaus. Die Wellen schwappten über meine Füße, Fesseln, Waden. Das Wasser war plötzlich mild, beinahe warm. Ich meinte, das Meer singen zu hören.
    Neben dem schwarzen Steinpier, auf der rechten Seite, auf halbem Wege, setzte ich mich und ließ meine Hände ins Wasser sinken, streichelte den Boden. Hier, zwischen den Steinen eingeklemmt, hatte sein Körper gelegen. Ich versuchte, den Sand aufzufangen, doch er glitt zwischen meinen Händen hindurch.
    Entschuldige, flüsterte ich, entschuldige, dass ich nicht gut genug war.
    Und ich legte mich ins Wasser, und der Sand formte sich um meinen Körper. Die nächste Welle überrollte mich, und das Salzwasser drang mir in Mund und Nase.
    Wo bist du, flüsterte ich. Gibt es ein Danach?
    Die Welle zog sich zurück, und die Luft hüllte mich in Kälte, bis die nächste Welle kam und ich seine Hände spürte, warm, weichan meiner Haut, und der Sand unter mir zog sich zurück. Ich schloss die Augen.
    Alles für dich, dachte ich. Sag mir, was ich tun soll, ich weiß es nicht mehr. Lass mich nur wissen, ob du da bist oder ob alles verschwindet.
    Es brauste in meinen Ohren, ein dumpfer Ton, der an Stärke zunahm. Ich stand so schnell auf, dass sich alles drehte, und kletterte auf die Steine zurück, ließ mich von der Kälte auf meiner nassen Haut einhüllen. Der Gesang in meinen Ohren war zu einem Dröhnen angeschwollen, einem Orkan aus Stimmen. Wie leicht es doch gewesen wäre, sich einfach wegspülen zu lassen.
    Zu vergessen.
    Im Licht des Leuchtturms sah ich, wie sich die rasenden Wellen weiter entfernt gegen die Klippen warfen. Und ich musste an Mary Kwara denken, die jetzt vielleicht im Meer lag und an Land gespült wurde, heute oder morgen oder wann auch immer es dem Meer beliebte.
    Der Wind trug die letzten Gedanken fort. Die Unterwäsche war noch nass, aber mein Körper war getrocknet und eiskalt. Ich watete zum Strand zurück und spürte nichts als das lauwarme Wasser, das sich um meine Fesseln schnürte, mich lockte und an mir zerrte.

MARBELLA
    DONNERSTAG, 9. OKTOBER
    Bis zur Abfahrt blieben noch fünfzehn Minuten.
    In der Damentoilette befestigte ich den Schlüssel zum Schließfach mit einer Sicherheitsnadel in meinem Slip und kontrollierte meine rechte Socke. In der Ferse lag eine Rolle Scheine. Ich hatte das Geld an verschiedenen

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