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Toedliche Hoffnung

Toedliche Hoffnung

Titel: Toedliche Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Alsterdal
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angerührt.
    Ich starrte auf die Ziffern, die im grauen Schein des Bildschirms flimmerten.
    Der Saldo auf dem Sparkonto betrug 6 282 Dollar. Am siebzehnten August war eine Überweisung von zehntausend Dollar getätigt worden. Auf Patricks Privatkonto.
    Ich ließ die Maus los, klammerte mich an die Armlehnen und rollte mit dem Stuhl rückwärts, bis zwischen mir und dem Bildschirm ein Abstand von zwei Metern lag. Als ob mich der Verrat dann nicht mehr erreichte.
    Der Tag, an dem er für die Reise packte. Es war eineinhalb Monate her, mitten in der schlimmsten Hitzewelle des Sommers, als der Asphalt schmolz. Ich hatte auf dem Sofa gelegen, lediglich mit einem dünnen, langen Hemd bekleidet. »Es kann sein, dass sich die Sache etwas in die Länge zieht«, hatte er gesagt, als er den Laptop zusammenklappte. »Sie wollen meine Titelgeschichte im Oktober bringen, also muss ich spätestens Mitte oder Ende September fertig sein.« Sein Kuss kitzelte leicht meine Wange, als er an mir vorbei ins Schlafzimmer schlüpfte.
    »Hast du denn dann Geld für die Rechnungen im nächsten Monat?«, hatte ich ihm hinterhergerufen. Ich wünschte, ich hätte etwas Liebevolleres gesagt, aber ich wusste, wie schwer es für ihn war, den Lebensunterhalt zu bestreiten. Er hatte einfach zu wenige Aufträge, die auch noch schlechter bezahlt wurden als früher. Paris klang wie ein teurer Ausflug. Und ich war sauer, weil er so enthusiastisch darüber war, von mir wegzufahren.
    »Kein Problem«, sagte er. »Die Zeitung hat mir einen Vorschussgezahlt, damit komme ich mindestens zwei Monate über die Runden.« Noch ein Kuss. »Diese Reportage wird alles ändern, das verspreche ich dir.«
    Ich drehte mich mit dem Stuhl und betrachtete Patricks Seite des Arbeitszimmers. Der Schreibtisch war dunkel und aufgeräumt. Die externe Tastatur lehnte an der Wand, sie wirkte einsam und aus dem Leben gerissen, das Kabel hing ziellos in der Luft.
    Worüber hatte er mich noch angelogen? War er überhaupt in Paris?
    Er hätte genauso gut mit einer Geliebten nach Palm Beach reisen können. Ich stellte mir vor, wie sich unser Startkapital in Champagner auflöste. Dann verwarf ich den absurden Gedanken wieder.
    Er hatte doch einen Brief geschickt, der in Paris abgestempelt worden war. In dem er schrieb, dass er mich liebte.
    Ich legte die Hand auf meinen Bauch, glaubte zu spüren, wie etwas darin heranreifte. Nur ein kleines Ding, ein Wurm. Noch.
    Es bestand kein Zweifel daran, dass er in Paris war.
    Und in der nächsten Sekunde sah ich eine andere Frau vor mir, adrett und smart und elegant, wie das Mädchen, das die Amélie gespielt hatte oder irgendeine andere großäugige und dunkle, kleine, heimliche Französin.
    Ich stand auf und ging durch die Wohnung, blieb in der Küche stehen und trank ein großes Glas eiskaltes Wasser. Blickte auf das Bett, in dem Patricks Seite ordentlich gemacht war, während meine ein Chaos darstellte, die Decke war zur Hälfte auf den Boden gerutscht.
    Als ich die Augen schloss, konnte ich fast seine Schritte hören, wie er in die Küche kam und den Schrank öffnete, in dem der Kaffee stand, das Ploppen, wenn sich der Vakuumdeckel der Dose löste.
    Wir hatten die Wand zwischen den Räumen entfernt, als wir einzogen, um Raum für ein Zusammenleben in Luft und Licht zu schaffen. Anfangs hatte mich seine Anwesenheit beim Arbeitengestört. Das Klappern der Tastatur hinter meinem Rücken, das schwache Quietschen von Gummi auf Holz, wenn er mit dem Stuhl zurückrollte und die Schritte, wenn er eine Runde durch den Raum ging, um die passende Formulierung zu finden. Irgendwann hatte ich dann gelernt, ihn zu ignorieren, mich auf meinen Bildschirm zu konzentrieren und nicht sofort an Sex zu denken, sobald er mir so nahe kam, dass ich den Lufthauch seiner Bewegungen spürte, seinen Geruch wahrnahm: Wolle, Olivenseife und ein wenig Aftershave. Das nennt man wohl Alltag.
    Das größte Problem hatte die Vereinigung unserer Plattensammlungen verursacht. Er sortierte alles nach Buchstaben und ich nach Relevanz. Es endete damit, dass wir für jeden von uns ein identisches Regal bei IKEA in Newark kauften und meine Doors --Platten ein friedliches Dasein fristen konnten. »Strange people, strange lyrics, strange drugs«, war sein einziger Kommentar zu ihnen.
    Hinter dem Bett führte eine Glastür zu einem kleinen Balkon. Wenn ich hinaustrat, konnte ich aus einem bestimmten Winkel das Empire State Building sehen. Und dass unsere drei Topfpflanzen verwelkt

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