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Toedliche Hoffnung

Toedliche Hoffnung

Titel: Toedliche Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Alsterdal
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gearbeitet, war geradezu besessen von den Dingen, mit denen er sich beschäftigte. Ich erinnerte mich an eine Frau, die er für die Serie über die New Economy interviewt hatte. Er hatte sie unter einer Brücke in Brooklyn aufgetan. Sie sprach immerzu davon, ihren Job als Chefbuchhalterin wiederzubekommen. Dann würde sie zu ihren Kindern zurückkehren und erneut in eine Wohnung in Park Slope ziehen. Unter ihren Kleiderschichten versteckte sie ein Handy, damit die Firma sie erreichen konnte, doch es enthielt weder eine SIM-Karte noch eine Batterie. Patrick war drei Nächte lang bei ihr geblieben. Als er nach Hause kam, warf er sich im Schlaf hin und her und redete. »Du musst Rose anrufen«, rief er. »Du musst Rose anrufen.« Ich bildete mir so lange ein, Rose sei eine heimliche Schönheit, bis ich die Artikel sah und begriff, dass es sich um die Frau handelte, die unter den Brücken von Brooklyn lebte. Von solchen Dingen träumte er nachts.
    Ich schob die letzte Schublade zu, und der Schreibtisch nahm wieder seine aufgeräumte, geschlossene Gestalt an.
    Hatte er den Namen des Hotels wirklich kein einziges Mal erwähnt?
    Mein Blick blieb an der Bücherreihe über dem Schreibtisch hängen. Hemingway.
    Bei seinem letzten Anruf hatte Patrick irgendetwas über Hemingway erzählt. Über die Kneipe, in der er saß. Ich hatte nicht genau hingehört, weil mir Hemingway egal war. Ich wäre nicht einmal in diese Kneipe gegangen, wenn er noch am Leben wäre. Aber Patrick hatte auch Victor Hugo erwähnt.
    Er hatte am Hotelfenster gestanden und etwas gesehen ... aber was? Ein Grab? Der Ort, an dem Victor Hugo begraben lag.
    Ich stieß mich mit den Füßen ab, sodass ich quer durchs Zimmer zu meinem eigenen Arbeitsplatz rollte, und drückte auf eine Taste. Der Bildschirm erwachte aus seinem Ruhezustand.
    Ich hatte Les Misérables und Der Glöckner von Notre Dame gesehen, sowohl das Musical als auch die Filme, hatte aber keine Ahnung, wo sie den Autor begraben hatten.
    Ich gab Victor Hugo + Grab bei Google ein und klickte auf Suchen . Bereits beim ersten Treffer erkannte ich den Namen wieder, den Patrick erwähnt hatte, Panthéon. Ich klickte mich weiter zu Wikipedia . Panthéon war griechisch und bedeutete alle Götter. Ursprünglich war es eine Kirche gewesen, doch nach der Französischen Revolution hatte man es in ein Mausoleum für die Nationalhelden umgewandelt. 1851 hatte Jean Bernard Léon Foucault im Dom ein Pendel aufgehängt, um zu beweisen, wie sich die Erde drehte. Victor Hugo lag in der Krypta Nummer 25.
    Ungeduldig scrollte ich nach unten, zu den bautechnischen Details.
    Patrick hatte gesagt, dass er die Kuppel von seinem Fenster aus sehen konnte. Das Gebäude war dreiundachtzig Meter hoch. Ich stellte mir vor, wie es über die Hausdächer ragte. Es konnte Hunderte von Hotels geben, die sich dieser Aussicht rühmten.
    Doch Patrick hatte auch in die Fenster der Sorbonne hineinsehen können. Dort wohnen Menschen, unter den Dächern. Ich tippte Sorbonne + Pantheon + Hotel in das Suchfenster ein.
    Als Erstes tauchte das Hôtel de la Sorbonne auf. Ich spürte einen Stich im Körper, ein Gefühl, dass Patrick näher kam und ich ihn zu mir holte.
    Ein Klicken in der Tür, seine Schritte auf dem Boden, und alles wäre wieder normal. Frühstück und Arbeit, abends mit einem Auge American Idol schauen. Tage, die vergehen, Nächte, in denen man schlafen kann. Seine Atemzüge neben mir.
    Die Website des Hotels erschien auf dem Bildschirm. In der Nähe von Panthéon, Sorbonne und Jardin du Luxembourg. Auf der Uhr rechts vom Bildschirm war es eins, also sechs Uhr früh in Paris. Ich wählte die Nummer und stellte mir vor, wie dort gerade die Sonne über schweren Steinhäusern mit glänzenden Kuppeln aufging.
    » Hôtel Sorbonne, bonjour.«
    Die Stimme am anderen Ende klang belegt und schlaftrunken.
    »Guten Morgen«, sagte ich. »Ich bin auf der Suche nach einem Gast, der möglicherweise bei Ihnen wohnt.«
    Man antwortete mir mit einem Wortschwall.
    »Sprechen Sie Englisch?«, fragte ich. »Ich suche einen Amerikaner, der Patrick Cornwall heißt.«
    Eine Weile lang war es still im Hörer. Ich sah, wie die Uhr von 00:53 auf 00:54 sprang. Am Dienstag, den dreiundzwanzigsten September.
    »Kein Cornell.«
    »Cornwall«, sagte ich langsam und überdeutlich. »Ein amerikanischer Journalist.«
    Doch anstelle einer weiteren Auskunft drang nur ein Brummeln an mein Ohr. Wie hielt Patrick es dort nur aus? Aber er sprach natürlich fließend

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