Toedliche Hoffnung
Französisch und musste sich nicht wie etwas behandeln lassen, was die Katze nach Hause geschleppt hatte.
Auf der Seite des nächsten Hotels unter meinen Suchergebnissen, Cluny Sorbonne , warb man damit, dass Englisch gesprochen wurde. Mein Anruf wurde durchgestellt zu einem Ort im Herzen vom Quartier Latin; Notre-Dame, das Panthéon und den Louvre in fußläufiger Nähe.
»Ich suche einen Amerikaner namens Patrick Cornwall. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, er wohnt bei Ihnen.«
»Nein, tut er nicht.«
Ich klickte sofort zurück zur Suchliste. Gab es etwa noch weitere Sorbonne-Hotels?
»Er hat uns leider schon wieder verlassen.«
»Wie bitte?«
»Er hat ausgecheckt.«
Ich griff nach der Armlehne und klammerte mich am Stuhl fest.
»Wann denn?«
»Darf ich fragen, wer Sie sind?«
Ich war kurz davor, »seine Frau« zu sagen, aber etwas ließ mich innehalten. Die Scham. Meine Wangen wurden heiß. Plötzlichsah ich die Situation aus der Perspektive des Menschen am anderen Ende der Leitung. Frankreich war ein Land, in dem sich sogar der Präsident eine heimliche Geliebte leisten konnte und damit unbeschadet durchkam. Und ich war nur die gehörnte Hausfrau.
»Ich bin eine Kollegin von der Zeitung«, log ich, »und ich sitze hier mit einer Reisekostenabrechnung, aus der ich nicht schlau werde. Deshalb muss ich ihn erreichen, damit er sein Geld bekommt.«
Ich klang wie eine waschechte Bürokratin.
»Einen Moment mal.« Es verging eine Ewigkeit, in der er seine Auskünfte in einem Buch oder einem Buchungssystem, oder was auch immer sie in der Alten Welt benutzten, herausgesucht hatte. Irgendwo im Hintergrund hörte ich Geklapper, vielleicht wurde gerade fürs Frühstück eingedeckt.
»Das war letzten Dienstag«, antwortete er schließlich. »Am sechzehnten September.«
Vor einer Woche. Am selben Tag, an dem er den Brief losgeschickt hatte. Ich holte tief Luft.
»Waren Sie da, als er das Hotel verließ?«
»Ja, sicher. Er freute sich, wieder nach New York zu kommen, und sagte mir, er würde seine Frau vermissen. Ich habe geantwortet, dass er sie doch das nächste Mal mitnehmen sollte, wenn er nach Paris kommt. Es ist ja die Hauptstadt der Liebe.«
»Sind Sie ganz sicher? Dass er nach New York reisen wollte?«
Meine Hand krampfte sich um den Hörer.
»Ja, das sagte er ganz eindeutig. Wir sind fast darüber in Streit geraten, ich meine, dass er so froh war, uns zu verlassen.«
»Hat er noch mehr gesagt?«
»Nur, dass er das nächste Mal wieder bei uns wohnen würde, wenn er nach Paris käme.«
Ich legte auf. Die Stille presste sich gegen meinen Kopf. Er konnte jede Sekunde in tausend Stücke zerspringen. Über den Boden verstreute Informationsfragmente. Ausgecheckt. Zurück nach New York. The baby money. Der positive Schwangerschaftstest. Wir bewilligen grundsätzlich keine Vorschüsse.
Ich irrte ziellos durch die Wohnung. Holte einen Saft aus dem Kühlschrank und trank direkt aus der Flasche.
Wohin war er gereist? Warum log er darüber, wo er hinwollte? Und wenn er die Wahrheit erzählt hatte – warum war er dann nie hier angekommen?
Auf der Spüle standen die Reste meiner schnellen Mahlzeiten der letzten Tage. Da die Küche nur eine Ecke im Schlafzimmer war, spülten wir immer, bevor wir uns schlafen legten, um beim Aufwachen nicht das dreckige Geschirr zu sehen. Jetzt stand dort eine kleine Pyramide leerer Joghurtbecher. Ich bildete mir ein, dass sie bereits rochen. Der Gestank wurde immer aufdringlicher. Ungespülte Gläser und Besteck, Salatverpackungen und ein Pizzakarton. Die Zeichen seiner Abwesenheit.
Ich hob den Mülldeckel und fuhr mit dem Arm auf der Spüle entlang, damit der ganze Dreck auf einmal im Eimer landete. Einige Gabeln und ein Glas fielen mit hinein. Ich schloss den Deckel. Dann ging ich zum Computer zurück und loggte mich bei meiner Bank ein. Ich überwies 6 282 Dollar, alles, was vom baby money noch übrig war, auf mein eigenes Konto. Dann hämmerte ich drei kurze Worte bei Google ein.
New York. Paris. Flights.
TARIFA
MITTWOCH, 24. SEPTEMBER
»Er will wissen, was du mitten in der Nacht am Strand zu suchen hattest.«
Terese rutschte immer weiter auf dem harten Plastikstuhl vor. Es war, als könnten sie ihre Gedanken lesen, als könne man ihr alles ansehen. Obwohl sie stundenlang geduscht, sich umgezogen, siebzehn Stunden lang geschlafen und danach ein weiteres Mal geduscht hatte.
Der Polizist beugte sich vor und drehte einen Stift zwischen seinen Fingern.
Weitere Kostenlose Bücher