Toedliche Hoffnung
fragte er.
»Ich glaube schon«, antwortete ich und steckte das Handy in die Tasche, ging im Kopf noch einmal das Gespräch durch, rief mir den Tonfall der Frau in Erinnerung. Sie hatte förmlich, aber nicht feindselig geklungen. Ich strengte mich an, um mich an all die ergebnislosen Anrufe am Nachmittag zu erinnern, doch ich brachte sie im Kopf alle durcheinander.
Ich lächelte den Portier erneut an.
»Servieren Sie hier auch um diese Uhrzeit noch Abendessen?«, fragte ich.
Der Portier musterte meine Kleidung – die Jeans und den roten Anorak, den ich im Laden der Heilsarmee auf der Achten Avenue erstanden hatte.
»Es tut mir leid, aber wir sind heute Abend schon ausgebucht.«
Inzwischen war das nächste Auto vorgefahren. Er ging darauf zu, um die Tür zu öffnen, und ich schlich mich hinter seinem Rücken durch den Eingang.
Innen dämpften dicke Teppiche alle Geräusche. Der Eingangsbereich war in beige und braun gehalten und schien in den letzten fünfzig Jahren keine stilistische Veränderung erfahren zu haben. Eine Treppe mit einem pompösen, schmiedeeisernen Geländer mit Goldbesatz führte ins obere Stockwerk. Der Oberkellner versperrte mir den Weg.
»Entschuldigen Sie, ich spreche kein Französisch«, sagte ich, »aber ich würde mich gern nach einem Gast erkundigen, der vor etwas mehr als einer Woche hier war ...«
»Wir geben keine Informationen über unsere Gäste heraus«, antwortete der Mann. »Auf unsere Diskretion kann man sich verlassen.«
»Ja, das verstehe ich natürlich«, sagte ich und lächelte ihn an, während ich meinen Kopf nach einer geeigneten Lüge durchforstete, nach einer Rolle, die ich spielen könnte. Ich wusste, dass Patrick niemals einfach nur zum Essen in ein solches Restaurant gegangen wäre. Er musste jemanden getroffen haben, jemanden, den er interviewen wollte.
»Es ist mir so peinlich«, fuhr ich fort und nahm einen mädchenhaften Tonfall an. »Ich vertrete eine größere amerikanische Firma hier in Paris, und einer unserer Geschäftspartner hat bei Ihnen einen Tisch reserviert, aber ich hatte so viel anderes im Kopf, meine Mutter ist vor Kurzem gestorben, und jetzt fürchte ich, dass ich sowohl Tag als auch Woche durcheinandergebracht haben könnte.«
Der Oberkellner runzelte die Stirn und sah sich nervös um.Zwei Männer in unterschiedlichen Grautönen standen an der Garderobe und unterhielten sich. Eine kleine Frau mit Pagenkopf und wichtiger Miene stolzierte herbei und nahm ihnen die Mäntel ab.
»Wenn Sie einfach nur nachschauen könnten, an welchem Tag er den Tisch bestellt hat ...« Ich legte die Hand auf den Arm des Oberkellners. »Die feuern mich, wenn dieser Vertrag nicht zustande kommt, verstehen Sie!«
Er wippte ein wenig mit den Füßen und schielte zu einem Sekretär aus Edelholz, auf dem das Reservierungsbuch aufgeschlagen lag.
»Wie war Ihr Name noch?« Der Oberkellner sah sich erneut unruhig um und ging zögerlich zum Sekretär.
»Cornwall«, antwortete ich. »Der Tisch muss auf den Namen Cornwall reserviert sein. Patrick Cornwall, so heißt mein Geschäftspartner.«
»Nein, tut mir leid, ich kann nicht sehen ...« Der Mann fuhr mit dem Zeigefinger über die zurückliegenden Reservierungen.
»Oh mein Gott«, sagte ich, »das wird doch hoffentlich nicht schon letzte Woche gewesen sein!« Ich schlug die Hand vor den Mund. »Dann bräuchte ich wirklich eine sehr gute Entschuldigung ...«
Der Oberkellner blätterte weiter, und plötzlich hielt sein Finger abrupt inne.
»Ein Mister Cornwall hatte letzten Donnerstag, am elften September, hier reserviert, aber nur für eine Person.« Hastig sah er zu mir auf und schlug das Buch zu.
Was machte er bloß allein in einem Luxusrestaurant?, dachte ich. Unser Geld auf den Kopf hauen? Unwillkürlich schnellte meine Hand zu meinem Bauch.
»Einen Augenblick«, sagte der Oberkellner und ging in den nächsten Raum. Ich folgte ihm einige Schritte. Er blieb bei einem älteren Mann im weinroten Sakko stehen.
»Die Dame dort drüben fragt nach Monsieur Cornwall, Patrick Cornwall«, sagte er leise. »Aber dann habe ich eine Notizbemerkt ...« Der Oberkellner schielte zu mir herüber. Ich starrte an die Wand.
»Cornwall? Sie meinen diesen amerikanischen Journalisten?«
Der ältere Mann dämpfte seine Stimme. »Er ist hier nicht mehr willkommen.«
»Ich weiß, aber was soll ich der Dame sagen?«
Im nächsten Moment drehten sich beide um und marschierten auf mich zu, der Ältere vorneweg.
In den nächsten
Weitere Kostenlose Bücher