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Toedliche Hoffnung

Toedliche Hoffnung

Titel: Toedliche Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Alsterdal
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abputzt. Spätestens dann müsste Europa den Geruch seiner eigenen Scheiße riechen.«
    Ich schob einen Stapel Post beiseite und setzte mich auf den Schreibtisch.
    »Wann hast du Patrick zum letzten Mal gesehen?«, fragte ich.
    »Das muss ungefähr zwei Wochen her sein.« Er fuhr sich mit der Hand durch das Haar. »Wie geht es mit seinen Artikeln voran?«
    »Ich habe sie noch nicht gelesen.«
    »Also ist er jetzt wieder zu Hause in New York?«
    »Nein, er musste erst noch etwas anderes erledigen.«
    Ich wich seinem Blick aus und betrachtete die Regale, in denen die Bücher zweireihig standen, darunter Karl Marx, Malcolm X und Che Guevara. Arnaud Rachid sprach derweil weiter von Politikern, die die Grenzen dichtmachten und gleichzeitig das Recht haben wollten, unter den Bevölkerungen dieser Welt Arbeitskräfte zu wählen und sie genauso schnell wieder loswerden zu können. Ich muss zur Sache kommen, dachte ich, sonst versinkt die ganze Angelegenheit im Sumpf von Rhetorik und Propaganda.
    »Patrick hat einige Männer interviewt, die aus der Sklaverei geflohen waren«, sagte ich und hielt meinen Notizblock parat. »Hattest du auch etwas mit dieser Sache zu tun?«
    »Darüber kannst du nicht schreiben. Das gehört nicht zum offiziellen Teil unserer Tätigkeit.«
    »Ich schreibe nicht, ich recherchiere.«
    Arnaud öffnete seinen Schal und wickelte ihn dann erneut um seinen Hals.
    »Wir versteckten sie«, sagte er. »Ich habe Patrick zu ihrem Unterschlupf geführt.«
    Er lehnte sich zurück, und ich beobachtete ihn, während er erzählte. Ich hatte den Eindruck, dass er nervös war, seine Hand nestelte ständig am Schal herum, der Fuß wippte auf dem Boden.
    Es ging um drei junge Männer aus Mali, die ins Land geschleust worden waren und als Arbeitssklaven ausgenutzt wurden, auf dem Bau, als Umzugshelfer und bei schweren Verladearbeiten, ganz ohne Lohn. Wenn sie nicht arbeiteten, wurden sie unter Gewaltandrohung in einem alten Lager, einem so genannten safe house, gefangen gehalten. Arnaud wurde der Kontakt zu den Männern hergestellt, nachdem ihnen die Flucht gelungen war.
    »Also hatte Patrick darauf sein Hauptaugenmerk gelegt? Auf eine Art kriminelles Netzwerk, das Menschen nach Frankreich schleuste?«
    Er seufzte laut und legte seine Füße auf den Schreibtisch.
    »Das darfst du jetzt nicht missverstehen«, sagte er und rauftesich die Haare, sodass sie noch zerzauster aussahen. »Wir sind nicht gegen Menschenschmuggel, wir sind für ein Europa der offenen Grenzen. Wenn die Einwanderung nicht so stark begrenzt würde, gäbe es auch keinen Markt für Schlepperbanden. Sie bieten lediglich eine gefragte Dienstleistung an. Natürlich gibt es auch Schurken, die unverschämte Preise verlangen und das Leben der Menschen aufs Spiel setzen, aber das ist eine andere Sache.«
    »Wusste dieses kriminelle Netzwerk etwas über Patricks Projekt?«
    »Wieso, ist ihm etwa was zugestoßen?« Arnaud Rachid zog mit einem Ruck die Füße vom Tisch und riss dabei einen Teil der Post zu Boden. Er beugte sich hinab und hob die Umschläge auf.
    »Wo wollte Patrick hin, als er Paris verließ?«, fragte ich weiter.
    »Ich habe keine Ahnung.« Er sah mich forschend an. »Wisst ihr in der Redaktion denn etwa nichts darüber?«
    Zum Glück wurde ich davor bewahrt, mir eine Antwort ausdenken zu müssen, denn im selben Moment hörte ich Sylvies Stimme hinter mir.
    »Möchtet ihr auch einen Kaffee?«, fragte sie.
    »Ich kümmere mich darum«, sagte Arnaud schnell und erhob sich hastig.
    Die Kaffeemaschine war in einer engen Rumpelkammer untergebracht. Arnaud wühlte in einer Schublade zwischen kleinen Plastikverpackungen in verschiedenen Farben, wählte eine schwarze und stopfte sie in eine Öffnung, die sich oben in der Kaffeemaschine befand. Er zog an einem Hebel und drückte einen Knopf. Nichts geschah.
    »Wer ist Josef K.?«, fragte ich.
    Er zuckte zusammen und sah mich an.
    »Wie, Josef K.? Wie bei Kafka, oder was meinst du?«
    »Ich weiß nicht«, sagte ich, »Patrick erwähnte den Namen ...« Die Kammer war eng, und seine Hüfte stieß gegen meine, als er sich bewegte. Ich schluckte und ging ein Stück zurück, sodass ich in der Tür stand. »Was ist aus diesen Männern geworden?«, fuhr ich fort. »Versteckt ihr sie immer noch? Kann ich sie treffen?«
    »Merde« , sagte Arnaud und hämmerte gegen die Kaffeemaschine. »Ich verstehe nicht, warum diese Dinger nie einfach so funktionieren. Sieh dir das an!« Er wedelte mit der kleinen

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