Toedliche Hoffnung
Plastikverpackung, die eine Portion Kaffee enthielt. »Warum diese Ressourcenverschwendung für eine einzige Tasse Espresso?«
Arnaud drückte erneut auf den Kopf, woraufhin die Maschine Wasser ausspie.
»Wir gehen draußen was trinken«, sagte er und stellte die Maschine aus. »Ich muss nur eben schnell aufs Klo.«
Als er eine kleine Treppe nach oben verschwand, kam das Mädchen mit den zerrissenen Jeans zu mir.
»Du musst es ruhig angehen lassen mit Arnaud«, sagte sie und kam mir etwas zu nahe. »Wusstest du, dass er einige von denen kannte, die in dem Haus verbrannt sind? Man merkt es ihm nicht an, aber es macht ihm schwer zu schaffen.«
Mir wurde kalt.
»In dem Hotel, meinst du? Das vor zwei Wochen abgebrannt ist?«
Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Arnaud wieder auf uns zukam, quer durch den Raum, die Jacke über die Schulter geworfen.
»Übrigens habe ich gehört, dass du nach Josef K. gefragt hast«, sagte Sylvie leise.
Mein Herz begann zu rasen.
»Was weiß du über ihn?«, fragte ich.
»Ich dachte, du wüsstest es«, sagte sie und blickte mich forschend an. »Josef K. ist ein Menschenhändler, es handelt sich natürlich um einen Decknamen, ein Gangster aus der Ukraine. Früher war er beim KGB, dann wurde er Kapitalist, wie alle anderen auch nach Glasnost, ein wirklich widerlicher Typ.«
Ich musste mich am Türrahmen abstützen. Der letzte Name in Patricks Notizbuch. War er abgereist, um ihn zu treffen? Das Klischee eines Russengangsters tauchte vor meinem inneren Auge auf, kahlköpfig und vernarbt, mit totem Blick. Nur noch eine Sache erledigen ... dies ist eine Reise in die Dunkelheit ...
Nein, dachte ich, mein Liebster ...
»Ich komme gern mit«, sagte Sylvie, »wenn ihr draußen einen Kaffee trinken wollt.«
Arnaud schüttelte den Kopf.
»Nicht jetzt«, sagte er und setzte sich in Bewegung. Es gelang mir, Sylvie kurz zuzulächeln. Es war offensichtlich, dass sie hoffnungslos in ihren Revolutionskameraden verschossen war.
»Wenn dich die Sache wirklich interessiert, kannst du dich hier für unseren Newsletter anmelden«, sagte sie und reichte mir einen Flyer, den ich zusammenknüllte und in den nächsten Mülleimer warf, sobald wir auf der Straße waren.
»Sylvie ist unglaublich engagiert«, sagte Arnaud. »Ich erkenne mich selbst darin wieder, die Anfangszeit, in der einem gerade erst die Augen geöffnet worden sind. Damals konnte ich auch rund um die Uhr arbeiten. Sie ist immer hier.«
Er machte große Schritte, und ich musste im Stechschritt nebenhereilen, um mithalten zu können.
»Sie hat mir erzählt, dass du einige der Menschen kanntest, die verbrannten«, sagte ich. »War das bei dem Hotelbrand auf dem Boulevard Michelet?«
Arnaud blieb abrupt stehen und sah mich an.
»Was weißt du von dem Brand?«, fragte er.
»Dass siebzehn Menschen dabei ums Leben kamen«, antwortete ich. »Außerdem glaube ich, dass Patrick in jener Nacht dort war.«
Arnaud ging weiter, ohne mir zu antworten.
»Habt ihr sie dort versteckt, in dem Hotel?«, fragte ich und begriff im gleichen Moment, wie alles zusammenhing. »Diese Männer aus Mali gehören auch zu den Opfern, oder?«
Arnaud Rachid bog rechts in die Rue Bretagne ab und drängte sich an Gemüseauslagen und Eimern mit lebenden Schalentieren vorbei. Wieder musste ich mich anstrengen, um mitzuhalten. Dies war ein Wohnviertel, in dem die Menschen Fahrrad fuhren, gutes Essen kauften und ihren Müll in farbigen Plastikcontainern trennten. Es erinnerte mich ein wenig an East Village.
»Wir gehen hier rein«, sagte er und hielt die Tür zu einer Bar auf. »Was möchtest du haben?«
Ich bat um ein Sandwich und einen Saft und setzte mich in eine Ecke. Arnaud gab die Bestellung auf und gesellte sich zu mir, holte ein Tabakpäckchen aus der Jackentasche und drehte sich eine Zigarette.
»Wir dachten, es wäre sicher«, sagte er. »Ansonsten hätten wir diese Unterkunft ja nicht gewählt.«
Bei der Erinnerung an das ausgebrannte Haus überkam mich ein Schauer. Arnauds Hände zitterten so sehr, dass ein Teil des Tabaks auf den Boden fiel.
»Sie mussten sich ein Zimmer teilen«, sagte er. »Es war sehr einfach, aber immerhin hatten sie ein Dach über dem Kopf und Betten. Es gab ein Bad mit Warmwasser auf dem Flur.«
»Das Hotel war eine Todesfalle«, sagte ich.
»Es gibt nicht viele Orte in Paris, wo sie nicht nach den Papieren fragen. Niemand wusste, dass sie dort wohnten, außer mir und einigen wenigen anderen.«
Arnaud zog ein Feuerzeug
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