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Toedliche Hoffnung

Toedliche Hoffnung

Titel: Toedliche Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Alsterdal
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kutschieren ließe, dachte ich und kletterte aus dem Wagen.
    Darüber, dass Alain Thery sich um sein Auskommen keine Sorgen machen musste, herrschte dagegen kein Zweifel.
    Avenue Kléber 76 war ein alter Palast aus Stein, dessen gesamtes Untergeschoss komplett mit einer schwarzen Glasverkleidung modernisiert worden war. Es lag nur zwei Ecken vom Arc de Triomphe entfernt neben zwei Botschaften und einer Ferrari --Boutique.
    Da bei Lugus niemand auf meine Mail reagiert hatte, konnte ich Alain Thery genauso gut selbst aufsuchen, bevor er Feierabend machte. Von Telefongesprächen hatte ich für heute erst einmal genug. Außerdem wollte ich gern sein Gesicht sehen, wenn ich nach Patrick fragte.
    Lugus war kein Unternehmen, das zu einem spontanen Besuch einlud. Die Türen ließen sich nur von innen oder per Türcode öffnen. Eine Klingel gab es nicht. Ich versuchte, durch das dunkle Glas zu spähen, konnte aber nur eine Spiegelung meiner selbst und der Straße sehen. Als ich nach oben blickte, glotzte ein Löwenkopf aus Stein von einer Brüstung auf mich herab.
    Aus allen umliegenden Häusern kamen die Büroangestellten in einem gleichmäßigen Strom, doch die Pforte der Nummer 76 blieb geschlossen.
    Ich war kurz davor aufzugeben, als ein Motorrad vor dem Haus anhielt. Der Fahrer zog einen dicken Umschlag aus seiner Tasche, ging zu der Eingangssäule und gab einen Code ein. In der nächsten Sekunde glitt die Tür mit dem Geräusch eines langsamen Atemzugs auf.
    Schon war ich direkt hinter ihm.
    »Was für ein schönes Wetter wir heute haben«, sagte ich und folgte ihm dicht auf den Fersen durch die Eingangspforte.
    Drinnen lief Pop mit karibischem Einschlag auf niedriger Lautstärke, die Schritte wurden von einem dicken, grauen Teppich gedämpft. An der Rezeption saß ein blonder junger Mann und nahm das Päckchen entgegen. Alain Thery schien wirklich ein Fan von schwarzem Glas zu sein, denn die Innenwände waren genauso blank und undurchdringlich wie die Außenfassade. Vielleicht stand jemand auf der anderen Seite der Wand und beobachtete mich, jemand, den ich nicht erkennen könnte, so sehr ich mich auch bemühte. Stattdessen sah ich den Motorradboten in mehreren, ineinander gespiegelten Versionen, als er zur Türschleuse ging, die sich mit einem leisen Seufzen hinter ihm schloss.
    »Guten Morgen, ich würde gern mit Alain Thery sprechen«, sagte ich. »Ich repräsentiere eine amerikanische Firma, und wir würden unsere Kompetenzen im Zusammenspiel mit unserem Umfeld gern auf eine effektivere Weise ausbauen.«
    »Er ist nicht hier«, sagte der Rezeptionist und begann, seine Nagelhaut einzucremen. Ein Duft von Mandeln und Honig verbreitete sich. Im Hintergrund begann ein neues Lied, eine Sängerin, die zu tanzbaren Rhythmen auf Französisch zwitscherte.
    »Könnte ich dann bitte mit Alains Sekretärin sprechen?«, fragte ich und schielte zu der Treppe, die hinter ihm nach oben führte. Sie endete an einer weiteren Glaswand.
    »Schreiben Sie eine Mail«, sagte der Rezeptionist und holte eine Nagelfeile aus einem kleinen Etui.
    »Das habe ich bereits getan«, entgegnete ich, aber er würdigte mich keines Blickes.
    Na gut, dachte ich und ging zwei Schritte zurück. Dann nahm ich die Treppe ins Visier, umrundete blitzschnell die Rezeption und nahm zwei Treppenstufen auf einmal.
    »Warten Sie. Hallo. Sie können nicht einfach ... Bleiben Sie stehen!«
    Ich hörte, wie er hinter mir ins Französische wechselte. Merde und putain waren Worte, die ich ausgezeichnet verstand. Am Ende der Treppe stieß ich eine Glastür auf und betrat eine riesige Bürolandschaft,die sich über die gesamte Etage erstreckte. Die Geschichte des Hauses spiegelte sich in massiven Steinwänden und dem Stuck an der Decke, der Rest wirkte hingegen wie ein Ausschnitt einer Einrichtungszeitschrift für das moderne Büro. Schreibtische aus Aluminium und Glas, Computer mit überdimensionalen Bildschirmen, eingelassene Deckenstrahler. Ich blieb mitten im Raum stehen.
    Nicht ein einziger Mensch war zu sehen. Der Raum war vollkommen leer. Die Bildschirme schwarz, die Schreibtische blank, keine Akten, kein Büroklammerngewirr, keine farbenfrohen Schreibblöcke oder andere Dinge, die normalerweise zu einem Arbeitsplatz gehörten. Ich ging zu einem Papierkorb aus glänzendem Metall und sah hinein. Nicht eine zusammengeknüllte Aufzeichnung, nicht einmal das Kerngehäuse eines Apfels.
    Dies ist eine Kulisse, dachte ich. Hier gibt es nichts. Es ist nur die Projektion

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