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Tödliche Investitionen

Tödliche Investitionen

Titel: Tödliche Investitionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl
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leben, auch wenn im Nachbarblock ein altes Schwein wohnte. »Sie fühlte sich gewissermaßen verletzt!«
    Kristin Sommerstedts braune Augen strahlten bewegt. »Verletzt, weil sie nicht in Ruhe gelassen wurde.«
    Gunnarstranda nickte. Er versuchte, sich ein blondes und langbeiniges Busenwunder vorzustellen, das die Vorhänge offen ließ und die Nacht mit diesem langhaarigen Jungen verbrachte, um sich von Arvid Johansens Unterdrückung zu befreien. Gunnarstranda kam sich ein bisschen alt vor, wenn er ihr zuhörte. Er lächelte deshalb kühl, als sie verstummte. »Und es hat ihr nicht auch Freude gemacht? Es hat ihr nicht gefallen, den alten Sack aufzugeilen?«
    Ihre Augen begegneten seinen. Sichtlich enttäuscht.
    »Besteht diese Möglichkeit? Dass es ihr Freude gemacht hat?«
    Sie starrte zu Boden. Die Wut kochte in ihrem Gesicht.
    Er wartete.
    »Ich hätte einfach die Klappe halten sollen!«, rief sie, sprang auf und lief aufgebracht auf und ab. Das hier war kein Schauspiel.
    Er lehnte sich zurück. Das Sofa war unangenehm tief. Es war unmöglich, entspannt darauf zu sitzen. »Beruhigen Sie sich«, krächzte er und beugte sich vor. Er seufzte resigniert.
    »Ich habe gefragt, ob es ihr Freude gemacht hat, den Mann aufzugeilen, weil ich Sie für klug genug halte, das zu beurteilen. Jetzt sehen Sie mich nicht so an! Erzählen Sie mir, ob ihr ihr Job gefallen hat.«
    Es blitzte in ihren Augen. Sie kommunizierten wieder. Ein selbstironisches Lächeln über dem Muttermal, ein Seufzer, ein unausgesprochenes »na gut«. Sie setzte sich.
    »Hatte Reidun einen Freund?«, fragte er.
    »Mir ist keiner bekannt.«
    Er wartete.
    »Es gab schon Typen, die ein bisschen scharf auf sie waren«, murmelte sie.
    »Jemand Spezielles?«
    Sie antwortete mit einem Schulterzucken. »Mir ist keiner bekannt.«
    »Hat sie noch von anderen Nachbarn gesprochen?«
    Kristin Sommerstedt dachte nach. »Kann mich nicht erinnern.«
    »Vielleicht von einem Ehepaar mit einem kleinen Kind?«
    »Nein.«
    »Auch kein Mann aus der Gegend, der ihr mit Kleinigkeiten geholfen hat, zum Beispiel den Wagen anzulassen, wenn es sehr kalt war?«
    »Leider nein.«
    Kristin Sommerstedt lächelte.
    »Mochte sie ihre Arbeit?«
    »Na ja …«
    Sie zögerte. »Waren Sie schon dort?«, fragte sie.
    »Nein.«
    »Der Chef ist ein bisschen speziell.«
    »Engelsviken?«
    Sie nickte. »Er ist über vierzig und hält sich für fünfundzwanzig. Er fährt in einem offenen Sportwagen durch die Gegend, trägt nur Seidenanzüge und immer eine Sonnenbrille. Grüßt nie. Flucht viel und spricht überhaupt viel Slang. Er will, dass die Leute ihn exotisch finden. Aber er ist bloß klebrig und fett und arsch- und tittenfixiert.« Sie schauderte, und ihre Schultern bebten sehr überzeugend.
    »Seine Frau ist das genaue Gegenteil. Ganz die feine Dame. So fromm und bieder wie im Märchen. Ziemlich unglaublich, dass die beiden verheiratet sind.«
    »Unglaublich?«
    Sie überlegte. »Eigentlich glaube ich nicht, dass es ihr sehr gut geht«, sagte sie leise.
    Gunnarstranda wartete. Die Frau starrte vor sich hin. »Sie hat es sehr schwer. Es kann nicht leicht sein, immer solchen Dreck aushalten zu müssen. Die Fassade zu wahren.«
    »Warum lassen sie sich nicht scheiden?«, fragte Gunnarstranda. Und als er ihren Gesichtsausdruck sah, fügte er hinzu: »Sie haben vielleicht Kinder, die sie verbinden?«
    »Keine Ahnung. Aber ich glaube nicht.«
    Kristin Sommerstedt fuhr fort: »Trotzdem kann ich mir kaum vorstellen, dass Sonja Hager ihn verlässt. Oder aus ihrem schönen Haus auszieht. Oder allein durch die Stadt zieht. Oder …« Sie grinste. »Ehrlich gesagt, ich kapiere nicht, wie sie das aushält. Fragen Sie sie selber.«
    Er konnte nicht mehr still sitzen. Er sprang auf, begann hin und her zu laufen.
    »Was ist mit dem Finanzplaner?«
    »Jagdgeiler Trainingsjunkie.«
    »Jagdgeil?«
    Sie nickte. »Der hat das ganze Jahr so einen Sarg auf dem Autodach. Hat immer sein Gewehr dabei.«
    Gunnarstranda runzelte die Stirn.
    »Das ist wahr! Er hat es mir gezeigt. Wollte mir wohl imponieren. Er ist so. Macht dicke Muskeln und gibt damit an, dass er unter freiem Himmel schläft. Erzählt, dass er abends losfährt und in den Wald geht und Hasen abknallt und so, außerdem verbreitet er sich gern darüber, wie leicht es ist, Tiere sauber zu machen.«
    »Auszuweiden.«
    »Was?«
    »Es heißt ausweiden, wenn man die Innereien aus Tieren herausholt«, sagte Gunnarstranda leicht zerstreut. »Darüber verbreitet

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