Tödliche Investitionen
Namensschilder sorgfältig gelesen, ohne Auto Gunder zu finden. Am Ende war er aus dem Hof geschlichen, hatte sich die Hausnummer noch einmal angesehen und die Adresse noch einmal überprüft. Hatte geflucht, sich einem kleinen, dünnen Typen in ölbeflecktem Overall zugewandt, der über die Straße kam. »Auto Gunder. Das bin ich«, hatte der Widerling gesagt und war mit mildem Lächeln an ihm vorbeigegangen. Dann hatte er ihn in die Garage gewinkt.
Es war noch Platz für den Skoda gewesen. Gunder hatte ihn hereingelotst. »Dort! Dort! Dahin! So, ja, geradeaus, geradeaus, na los, na los!«
Bis der Polizist endlich schweißnass und erschöpft am Ziel war. Und er hatte verdammt noch mal noch nicht mal die Autotür aufgemacht, als der magere Pfeifenreiniger auch schon einen Wagenheber zur Seite getreten und einen Metalleimer weggeschoben hatte, in dem sicher Schnaps angesetzt war. Gunnarstranda erkannte das an dem Steigrohr und dem leicht entrüsteten Ausdruck, der zwei Minuten lang das Gesicht des Mechanikers geziert hatte.
Der Mann hatte kein Papier gehabt und war deshalb schließlich die Treppe zum Klo hochgestiegen, um sich was zu schreiben zu holen. Er kam mit zwei Blatt Klopapier und einem schmutzigen Bleistift in der Hand wieder zurück.
»Jahaaa, Probleme mit der Zündung, jahaaa, krepiert beim Gas geben, jahaaa, macht ’nen Höllenlärm!«
Der Kriminalhauptkommissar hatte den Mechaniker zweifelnd angesehen. Zögernd hatte er gefragt, wann er seinen Wagen wieder abholen könnte. Ohne darauf eine richtige Antwort zu erhalten. Der Mann redete einfach weiter darüber, was vielleicht nicht in Ordnung war und was bei diesem elektrischen Teufelszeug noch alles kaputtgehen konnte.
Im Bus hatte er sich gefragt, auf was zum Teufel er sich da eingelassen hatte, und eine Weile mit dem Gedanken gespielt, seine Verwirrung an Frølich auszulassen, der ihn schließlich dorthin geschickt hatte. Dieser Gunder wohnte ja mit Frølichs Freundin in einer WG. Andererseits hatte Gunnarstranda überlegt, dass er schließlich das Auto aus dem Hof fahren und sich hätte retten können. Deshalb wollte er erst auf die Rechnung warten, ehe er seinen Kollegen zur Schnecke machte.
Jetzt begab er sich ins Grand Café, wo er gleich bei der Tür stehen blieb und Ausschau nach seinem Schwager hielt.
Ein Zischen erklang an einem der Fenster zur Karl Johans Gate. Sein Schwager. Zu hören, aber nicht zu sehen. Gunnarstranda ließ seinen Blick noch einmal durch das Lokal schweifen. Da! Ein Jackett, das mit einer Zeitung winkte.
Gunnarstranda deutete eine Verbeugung an, und der Oberkellner nickte reserviert zurück. Er ging zum Tisch seines Schwagers und setzte sich. Ein langes Leben hatte Edels Bruder gelehrt, sein Lachen zu unterdrücken. Es war trocken und schrill, wie der klagende Gesang eines rotierenden, rostigen Zahnrades. Das Geräusch erweckte überall Aufmerksamkeit. Zum Ausgleich war sein Lachen dann, wenn er ihm freien Lauf ließ, sehr ansteckend. Aber Gunnarstrandas Schwager wollte kein Clown sein. Deshalb zischte er wie eine Schlange, wenn er lachen, grüßen oder einfach nur Aufmerksamkeit erregen wollte.
»Welch seltener Anblick«, begann der Schwager höflich und nippte am Kaffee. Gunnarstranda nickte ihm zu, lehnte sich zurück und winkte einer Kellnerin. »Kaffee«, murmelte er, sah wieder seinen Schwager an und erwiderte etwas Belangloses.
Es war das erste Mal seit vier Jahren. Das erste Mal seit Edels Beerdigung. Überall im Saal saßen gut gekleidete Damen und schwatzten bei einem Stück Kuchen und dem Vormittagskaffee. Dazwischen mühten sich müde Geschäftsleute mit einem späten zweiten Frühstück ab. Sein Schwager passte hierher mit seiner runden Brille und der grauen Weste über dem weißen Hemd. Er hatte einen sanften und nachsichtigen Gesichtsausdruck. Wenn man es nicht besser gewusst hätte, hätte man ihn auch für beschwipst halten können.
Ein Diplomatenkoffer aus Leder belegte den Stuhl am Fenster. Ein überdimensionaler Terminkalender mit vielen Extrafächern und losen Blättern lag aufgeschlagen auf dem Tisch.
Der Schwager winkte einem schwarz gekleideten Herrn zu, der auf der Straße vorübereilte.
»Kennst du eine Firma namens Software Partners?«, fragte Gunnarstranda.
»Nein.«
»Die machen Computerprogramme für Büros.«
»Das tun doch alle!«
Der Schwager pustete über seinen Kaffee. Aber in seinem Blick lag jetzt, nachdem Gunnarstrandas Grund für dieses Treffen geklärt war, weniger
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