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Tödliche Investitionen

Tödliche Investitionen

Titel: Tödliche Investitionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl
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zugeworfen hatte. An ihre zerstörte Brust und ihren erstarrten Gesichtsausdruck. Als hätte sie sich zurückfallen lassen, um den Stichen zu entkommen, sei dann aber vom Boden aufgehalten worden und hätte keinen Ausweg mehr gehabt.
    Die Nachttischlampe erleuchtete das ganze Zimmer. Fast. Die Schlafzimmertür war zu. Er hörte deutlich, wie still es war. Es war zu still.
    War da jemand?
    Seine steifen Beine schmerzten. Die Schlafzimmertür leuchtete ihm entgegen.
    Er bemühte sich, die Panik zu unterdrücken. Er war zu Hause.
    Ganz allein. Die Wohnungstür war abgeschlossen. Er versuchte, sich zu beruhigen. Irgendwer hatte sich verwählt. Die Wohnungstür war abgeschlossen. Aber die Kette? Hatte er die Kette vorgelegt? Natürlich nicht.
    Das machte er nie. Sicherheitsketten sind etwas für alte Omas. Er schloss die Augen. Die Tür.
    Seine Beine wurden wieder schwerer. Hier ist niemand! Jemand hat sich verwählt! Hier ist niemand! Jetzt steh schon auf, geh auf den Flur, und leg die Kette vor!
    Diese verdammte Unsicherheit. Hatte er die Tür abgeschlossen?
    Er sah seine Hände die Decke hochheben. Sah sich aufrecht stehen.
    In diesem Moment klingelte es an der Tür. Das Blei in seinem Bauch drängte nach oben. Er spürte die Kälte im Nacken. Seine Gedanken blieben stehen. Seine Hände waren plötzlich taub, kraftlos, alt und wächsern und gehörten nicht mehr zu ihm.
    Er spürte seine Kleider nicht, als er sie anzog. Er hatte keinen Kontakt zu seinem Körper. Ein widerliches, taubes Gefühl. Er setzte sich aufs Bett. Rührte sich nicht.
    War das alles Einbildung?
    Das vertraute Dingdong. Hatte er es gehört oder nicht?
    Das klingelnde Telefon, und jetzt das Läuten an der Tür. Um diese Uhrzeit. Nachts um halb vier. Er dachte an das Messer auf dem Tisch des Polizisten. Blinkendes Metall.
    Er fand sich selber vor der Schlafzimmertür wieder. Fasste die Klinke. Langsam, langsam öffnete er lautlos die Tür. Wohnzimmer und Küche lagen dunkel und still vor ihm. Ein graues Licht von draußen ließ ihn in der Dunkelheit einige Konturen erahnen. Ein gelber Lichtstreifen im dünnen Spalt zwischen Badezimmertür und Rahmen verriet ihm, dass er gestern vergessen hatte, es auszuknipsen.
    Er stand ganz still vor der Wohnungstür und horchte.
    Wie unglaublich still. Das Klingeln von vorhin. Hatte er das nun gehört oder nicht? Warum hatte er keinen Spion in der Tür? Alle haben einen Spion in der Tür! Wenn er doch bloß hinausblicken könnte!
    Da.
    Es klingelte noch einmal. Das Geräusch hallte im stillen Flur wider. Es war wie ein Dröhnen. Seine Knie gaben unter ihm nach.
    Da war jemand. Da wartete jemand.
    Sein Mund trocknete aus. Sollte er etwas sagen, fragen, wer da sei? Seine Gedanken weigerten sich. Seine Stimme weigerte sich. Er konnte nur mit offenem Mund atmen. Aber dann musste er seine Haltung ändern. Sein Knie knackte. Es hallte in seinen Ohren. Es hörte sich an wie ein abbrechender Ast. Ob das durch die Tür zu hören war?
    Von draußen kein Laut. Sein Körper schmerzte. Seine Stellung war unerträglich. Wie lange stand er schon so? Es kam ihm vor wie eine Ewigkeit.
    Dann plötzlich Schritte. Jemand ging weg. Ganz deutlich. Er schloss die Augen, atmete auf. Seine Schultern sanken nach vorne. Seine Knie gaben nach. Sein ganzer Körper hatte sich verausgabt. Seine Muskeln, die allesamt angespannt gewesen waren, kamen wieder zur Ruhe. Er sah auf die Tür, versuchte die Zeit abzuschätzen und horchte. Zehn Minuten stand er so da. Zehn Minuten. Da draußen konnte niemand mehr sein. Jetzt nicht mehr. Seine Hand leuchtete ihm seltsam weiß entgegen, als er die Tür aufschloss und sie öffnete.

Zweiundzwanzig
    Gunnarstranda hatte sein Auto in Kampen abgeliefert, und deshalb lag eine gereizte Falte auf seiner Stirn, als er anderthalb Stunden später raschen Schrittes vom Bus zum Grand Hotel lief. Es war nicht leicht gewesen, sein Auto zu verlassen. Die Reparaturannahme war keineswegs so gewesen, wie er sich das vorgestellt hatte. Zuerst hatte er überhaupt keine Werkstatt entdecken können. Der Hinterhof war ein leerer, mit Kies bedeckter Platz, auf dem es nur einen Schuppen, eine Wäscheleine und einen Fahrradständer gab. Der Schuppen war eine baufällige Garage aus grauen, zersplitterten Brettern, die seit dem Krieg bestimmt nicht mehr angestrichen worden waren. Aus dem schiefen Dach ragte ein dünnes Metallrohr mit Hut, ein Schornstein wie aus einer Comiczeichnung.
    Eine einzige Tür in einer Ecke. Dort hatte er die

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