Tödliche Jagd
doch die
nachfolgenden Ereignisse bestätigten meine Einschätzung in
allen Punkten: Sie verfolgten nur noch ein einziges Ziel – den
Mann aufzuspüren und zu vernichten, der sie vernichtet hatte
– ihn auf ihre Art zu jagen und zu töten.
Er war im Begriff umzukehren, da riß er sein
Pony wieder herum. Ich weiß nicht, was er gesehen hatte, aber
allem Anschein nach genug. Sein Mund öffnete sich zu einem
furchterregenden Schrei, um sich selbst zu ermutigen und die ch'i -Energie zu aktivieren, er zog das Schwert und trieb das Pony in den Steinkreis.
Helen schrie auf, ich ließ mich auf den
Rücken fallen und feuerte eine kurze Salve ab. Der Reiter fiel aus
dem Sattel, überschlug sich zweimal und blieb regungslos liegen.
Das Pony galoppierte davon, und danach war es still, ganz still.
Die anderen Reiter standen zunächst dicht beisammen und
starrten den Hügel hoch, stoben dann wie auf Kommando nach links
und rechts auseinander, um uns einzukreisen. Ich sah wenig Sinn darin,
noch länger zu warten, versuchte einen Schnellschuß und
schoß tatsächlich einen der Angreifer aus dem Sattel.
Doch dann verließ mich mein
Glück; zumindest hatte ich diesen Eindruck, denn eine Bö
trieb den Regen wieder von der See her über die Insel und
verdeckte alles mit einem dichten, grauen Schleier.
Zu meiner Linken blitzte etwas Gelbes auf, ein Pony
kam herangestürmt, sein Reiter ganz flach geduckt. Ich konnte nur
eine kurze Salve abfeuern, denn ich mußte mich umdrehen, weil ich
direkt hinter mir Hufschläge hörte. Dieser Angreifer
hätte es beinahe geschafft; mit gezogenem Schwert raste er auf
mich zu, ich schoß das ganze Magazin leer und sprang zur Seite.
Das Pony raste geradeaus weiter, durch den Kreis und auf der anderen
Seite hinaus; der Reiter saß immer noch aufrecht im Sattel.
Ich konnte gerade noch ein neues Magazin aus dem
Gürtel ziehen und ins AK schieben, da waren schon wieder
Hufschläge zu hören – aus allen möglichen
Richtungen, so daß ich nicht wußte, wo die nächsten
Gegner auftauchen würden. Ich entschied mich dafür, kurze
Salven blindlings in den Regen und den Dunst abzufeuern, und das in
möglichst viele Richtungen.
Damit hatte ich ihnen offenbar für eine gewisse
Zeit den Schneid abgekauft; wie im Fieber lud ich wieder, ließ
mich zu Boden gleiten und lehnte mich gegen einen Stein, um kurz mal
Luft zu schnappen.
Helen beobachtete mich mit weit aufgerissenen Augen.
»Sie werden dich umbringen«, prophezeite sie düster.
»Du hast nicht die geringste Chance.«
»Einmal muß jeder von uns abtreten. Wie,
ist ganz egal. Die Tapfersten trifft's sowieso zuerst.« Ich
schlug mit der Faust auf den Stein, an dem ich lehnte. »Der hier
hat die letzten drei- oder viertausend Jahre nichts anderes gesehen.
Ich bin bestimmt nicht der erste.«
Aber wenn ich ins Gras beißen
sollte, dann so viele wie möglich von denen mit mir, das schwor
ich mir. Ich schob die letzte scharfe Granate in den M79, holte die
Rauchgranaten aus dem Gurt und legte sie schön in eine Reihe. Mit
ihnen konnte ich zumindest die Ponys scheu machen.
Dann flogen uns auch schon die ersten Kugeln um die
Ohren und widerlegten damit gründlich meine Theorien über
Ehre, Schwertkampf und Sterben nach uraltem Ritual.
Die Geschosse prallten von den Steinen ab, pfiffen
durch die Luft. Das dauerte vielleicht eine Minute, dann war es still,
und in diese Stille hinein dröhnten Hufschläge aus den
verschiedensten Richtungen.
Die Taktik war klar, aber vor dem Tod hatte ich
inzwischen keine Angst mehr. Ich sprang auf, stellte das AK auf
Automatik und feuerte in weitem Bogen in den Regen, schob dann
blitzschnell ein volles Magazin nach und wiederholte diese Übung
in die andere Richtung.
Nach den Rufen und dem Wiehern zu urteilen,
mußte ich getroffen haben. Ich lud das Gewehr erneut, fuhr herum,
als zwei mit irrem Tempo, Schulter an Schulter, das Schwert in der
Hand, von der anderen Seite auf mich zukamen. Ich schoß das ganze
Magazin leer auf die beiden; der eine rollte über das Gras und
blieb auf Helens Beinen liegen; ich stieß ihn mit dem Fuß
weg, doch er war bereits tot.
Wieder blies der Wind aus einer anderen Richtung,
zerriß den Regenvorhang und enthüllte das wüste
Durcheinander an den Hängen des Hügels: Sieben, acht
Männer lagen auf dem Boden, einige von ihnen lebten noch,
Hilferufe waren zu hören, Ponys liefen ziel- und reiterlos herum.
Der Rest, gut zwanzig Mann, standen
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