Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödliche Jagd

Tödliche Jagd

Titel: Tödliche Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
hin und blickte über den Felsrand hinunter.
      Er lag immer noch da, die Augen vor Schmerz
geschlossen, doch als er sie öffnete, erkannte er mich sofort. Er
hob den linken Arm, ich streckte ihm den rechten entgegen, konnte seine
Hand greifen und hielt sie fest.
      »Was ist, altes Haus?« Und nach einem
kurzen Atemholen: »Hast du sie fertiggemacht, alter Junge? Hast
du's ihnen so richtig besorgt?«
    »Wie sie kamen.«
      »Hab' immer gewußt, daß was in dir
steckt. Ich werd' nicht sagen, daß mir alles leid tut. Hat keinen
Zweck. Solltest inzwischen wissen, wie das Leben ist.«
    »Niemand verlangt es von dir.«
      Eine Welle spülte über uns hinweg. Die
Fallschirmjäger waren bereits sehr nahe. »Laß jetzt
los, Ellis«, bat er.
    »Ums Verrecken nicht.«
    »Dreißig Jahre, und ein Krüppel dazu. Willst du das wirklich? Heißt das, es ist nie passiert?«
      Er lächelte mich an, dieses einzigartige,
unverkennbare St. Claire-Lächeln, und es schnürte mir die
Kehle zu. Ich konnte jetzt, wo alles zu Ende war, ein lautes Schluchzen
nicht unterdrücken, hielt ihn fest, bis die nächste Welle
kam, und ließ ihn dann los. Ich sah ihn noch einmal, das dunkle
Gesicht umgeben von weißem Schaum, und dann war er verschwunden.
      Kaum eine Minute später packte mich eine Hand,
die zu einer kräftigen Gestalt im Tarnanzug gehörte. Ich
umklammerte ein Bein mit meinem gesunden rechten Arm, drehte mich um
und blickte zu Hilary Vaughan hoch.
      Er half mir auf die Füße, wir standen
knietief im Wasser, und er winkte seine Männer zurück.
»Ich hab' ihn losgelassen«, stammelte ich.
    Er nickte. »Unter diesen Umständen das beste.«
    »Für wen?«
      Er gab mir keine Antwort auf diese Frage. Nahm mich
einfach am Arm und half mir dorthin, wo seine Männer warteten.

    Bis zum Hubschrauber war es nicht weit, doch ich setzte mich auf
einen Stein, und Vaughan schob mir eine Zigarette in den Mund.
»Du hast es aber grade noch rechtzeitig geschafft«, stellte
ich fest.
      »Umgekehrt wird viel eher ein Schuh draus, glaub' ich«, erwiderte er nachdenklich.
      »Jedenfalls hast du doch erreicht, was du
wolltest, oder? Haben deine Männer Schwierigkeiten mit dem
Rest?«
      »Ich hab' die Guards Parachute Company
mitgenommen. Diese Jungs haben keine Schwierigkeiten – mit
niemandem.«
      Eine mir bekannte Person stieg aus dem Hubschrauber
und lief auf uns zu – Helen St. Claire, die Wunde an der Wange
bereits notdürftig versorgt.
    Vaughan sah mich über die Schulter an. »Wir haben sie oben
    auf dem Hügel aufgelesen – ganz hysterisch. Das
könnte unangenehm für dich werden, mach dich darauf
gefaßt.«
      Drei, vier Meter blieb sie vor uns stehen und starrte
mich lauernd an. »Was ist mit Max?« erkundigte sie sich mit
weinerlich klagender Stimme. »Was hast du mit Max gemacht?«
    »Max ist tot, Helen«, antwortete ich tonlos.
      Sie stand geraume Zeit wie zur Salzsäule
erstarrt, dann stellte sie sich direkt vor mich und sah mir mitten ins
Gesicht.
      »Du hast ihn getötet, stimmt's? Du hast
meinen Bruder umgebracht, du weißer Scheißkerl! Meinen
Bruder!«
      Sie bekam einen Weinkrampf und ohrfeigte mich immer
wieder, bis Vaughan sie wegzog. Er hielt sie so lange fest, bis sie
sich etwas beruhigt zu haben schien, ließ sie dann erst wieder
los. Ohne sich noch einmal umzudrehen, lief sie den Strand entlang zum
Hubschrauber zurück.
      Ich glaube, ich war zu diesem Zeitpunkt nicht
fähig, einen klaren Gedanken zu fassen. »Du hast mich
angelogen«, sagte ich zu Vaughan. »Du hast von Anfang an
über St. Claire Bescheid gewußt.«
    Er nickte. »Es ging nicht anders, Ellis.«
      Genau wie St. Claire sah er keine Veranlassung, sich
zu entschuldigen. Mein Blick folgte Helen, wie sie mit gesenktem Kopf
den Strand entlangging. »Es ist aus zwischen euch beiden, ist dir
das bewußt, Ellis?« bemerkte er nüchtern. »Ein
schwerer Verlust für dich, nehm' ich an.«
      »Was man nicht hat, kann man auch nicht
verlieren.« Ich schaute hinaus aufs Meer. »Ich hatte
eigentlich noch nie etwas, für das es sich zu leben lohnt.«
    »Das würd' ich nicht so sehen.
Du hast gute Arbeit geleistet, Ellis. Hervorragende sogar. Wir
hätten Verwendung für dich – irgendwann einmal, meine
ich, wenn du über das hier hinweg bist.«
      Mir kam sein Angebot so komisch vor, daß ich
beinahe laut losgelacht hätte. Aber ich schüttelte statt
dessen nur den Kopf. »Kann ich mir nicht vorstellen.«
      »Da wäre ich

Weitere Kostenlose Bücher