Tödliche Küsse
Schmuck war kamerafreundlich gewählt, ihre Gesichter tadellos geschminkt.
Jeder schien zu tun zu haben. Einige der Journalisten saßen vor den Bildschirmen ihrer Links und speisten, wie Eve annahm, sicher die allerneuesten Nachrichten in die Satelliten ein. Andere bellten ihre Computer an oder wurden von ihnen angebellt, während sie Informationen abfragten, eingaben oder an die gewünschten Partner übermittelten.
Das alles wirkte vollkommen normal, nur mischte sich in das Aroma des schlechten, abgestandenen Kaffees der klebrige Geruch der Angst.
Ein oder zwei der Journalisten hatten sie kommen sehen und wollten sich gerade mit ihren Fragen an sie wenden, als sie sie mit einem derart harten, kalten Blick bedachte, dass sie wortlos an ihre Plätze zurückkehrten.
Sie marschierte in Richtung der mit zahllosen Bildschirmen bestückten Wand. Roarke verfügte über eine ähnliche Ausstattung, und sie wusste, dass auf den Monitoren entweder verschiedene, gleiche oder aber teils verschiedene und teils gleiche Bilder aufgerufen werden konnten. Im Augenblick jedoch sah sie überall Nadine, die vor der vertrauten dreidimensionalen New Yorker Skyline live zu den Zuschauern sprach.
Auch sie sah perfekt aus. Sie schien Eve direkt in die Augen zu sehen, als diese etwas näher trat, um zu hören, was sie sagte.
»Und so kam es heute Nacht erneut zu einem neuen, völlig sinnlosen Mord. Louise Kirski, eine Angestellte unseres Senders, wurde nur wenige Schritte vor dem Gebäude, aus dem ich zu Ihnen spreche, getötet.«
Eve machte sich gar nicht erst die Mühe zu fluchen, als Nadine ein paar weitere Einzelheiten nannte, ehe sie das Mikrofon an das kleine Frettchen übergab. Schließlich hatte sie nichts anderes erwartet.
»Ein ganz normaler Abend«, erklärte Morse mit klarer Stimme. »Ein regnerischer Abend in der City. Aber wieder einmal kam es trotz der angestrengten Bemühungen der Polizei zu einem brutalen Mord. Lassen Sie mich ihnen erzählen, welchen Horror, welchen Schock, welches Entsetzen ein solcher Mord einem Menschen, der ihn beinahe hautnah miterlebt, zufügen kann.«
Er machte eine kunstvolle Pause, während derer sein Gesicht in Großaufnahme auf dem Monitor erschien. »Ich habe Louise Kirskis Leiche gefunden. Sie lag zusammengekrümmt und blutüberströmt am Fuß der Treppe des Gebäudes, in dem sie und ich viele Nächte gearbeitet haben. Ihre Kehle war durchtrennt, und ihr Blut ergoss sich auf dem nassen Gehweg. Ich schäme mich nicht zu sagen, dass ich vor Schreck erstarrte, dass mir übel wurde, dass der Geruch des Todes mir den Atem nahm. Ich stand da und war unfähig zu glauben, was ich mit eigenen Augen sah. Wie konnte das sein? Eine Frau, die ich kannte, eine Frau, mit der ich häufig ein paar freundliche Worte gewechselt hatte, eine Frau, mit der ich gelegentlich hatte zusammenarbeiten dürfen. Wie konnte es sein, dass sie plötzlich vollkommen reglos vor mir auf der Erde lag?«
Sein bleiches, ernstes Gesicht wurde auf dem Bildschirm durch eine grässliche Aufnahme des Leichnams ersetzt.
Sie hatten wirklich nichts verpasst, dachte Eve und wandte sich angewidert an den nächstbesten Reporter. »Wo ist das Studio?«
»Wie bitte?«
»Ich habe gefragt, wo das verdammte Studio ist?« Sie zeigte mit dem Daumen auf den Bildschirm.
»Tja, nun…«
Wütend beugte sie sich vor und stützte ihre Hände links und rechts des armen Kerls auf der Schreibtischplatte ab. »Wollen Sie sehen, wie schnell ich den ganzen Laden hier dicht machen lassen kann?«
»Zwölfter Stock, Studio A.«
Sie wirbelte herum, und genau in diesem Augenblick kam Feeney durch die Tür. »Du hast dir ganz schön Zeit gelassen.«
»He, ich war zu Besuch bei Verwandten in New Jersey.«
Ohne irgendeine Frage zu stellen, passte er sich einfach an ihre schnellen Schritte an.
»Ich brauche ein sofortiges Sendeverbot.«
»Tja.« Er kratzte sich am Kopf. »Wir könnten uns die Genehmigung zur Beschlagnahmung der Bilder vom Tatort holen.« Er zuckte mit den Schultern, als Eve ihn fragend ansah. »Auf dem Weg hierher habe ich einen Teil des Berichts gesehen. Sie kriegen das Material sicher zurück, aber zumindest für ein paar Stunden könnten wir es aus dem Verkehr ziehen.«
»Dann sieh am besten zu, dass du diese Genehmigung möglichst umgehend bekommst. Außerdem brauche ich sämtliche Informationen über das Opfer. Sicher gibt es hier eine Akte über sie.«
»Wird sofort erledigt.«
»Schick sie mir einfach ins Büro, ja? Ich werde
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