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Toedliche Luegen

Toedliche Luegen

Titel: Toedliche Luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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diesem Mann Paroli zu bieten. Welche Macht hatte er über sie, dass sie sich ihm gegenüber so verwundbar zeigte?
    Jede Zelle ihres Körpers flehte sie an , sich wieder schlafen zu legen, denn nach wie vor war ihr speiübel. War das etwa immer noch das Hühnchen, was da in ihrem Magen kämpfte, als hätte es einen Teil seines Bewusstseins behalten? Nicht, dass dieser blöde Gockel jetzt versuchte, in Form eines niederträchtigen Dilemmas einen Schritt zu seiner Wiedergeburt zu tun!
    „ Weichei!“, knurrte sie und rappelte sich mühsam auf.
    „Teletubbizurückwinker“, setzte sie nach, als sie ihren Kopf mit beiden Händen stützte aus Angst, er könnte zerplatzen. Sacht stellte sie ihre Füße vor dem Bett ab und wartete, bis sich ihr Körper mit dieser Ortsveränderung halbwegs angefreundet hatte.
    „Geht doch, kleiner Kekstunker.“
    Wie lange hatte sie eigentlich geschlafen? Erschlagen und gevierteilt, wie sie sich fühlte, konnte es höchstens eine halbe Minute gewesen sein. Ungeachtet ihres Exzesses beim Abendessen zeigte der Wecker die übliche Zeit, zu der sie auch wochentags ohne sein Klingeln wach wurde. Also, wie viele Stunden waren das?
    Zehn Minuten später saß sie noch immer an der gleichen Stelle, weil sie sich nicht entscheiden konnte, ob eine kalte Dusche oder ein heißer Kaffee mehr Erfolg versprach, um auf die Beine zu kommen. Da sie bei ihrer Rechenaufgabe ebenfalls keine nennenswerten Fortschritte verbuchen konnte und in ihrem Kopf mittlerweile ein ganzes Orchester einen Höllenlärm veranstaltete, beschloss sie, sich das Ausmaß ihrer Erschöpfung nicht länger vor Augen zu führen.
    Behäb ig ließ sie sich wieder unter die warme Decke gleiten und grunzte selig. Oh, wie hatte sie schon als Kind die morgendliche Stille im Haus ihrer Eltern geliebt. Dann schliefen die beiden älteren Brüder noch und sie wurde von niemandem zurechtgewiesen, wenn sie auf nackten Zehenspitzen durch ihr Zimmer im Dachgeschoss huschte, sich auf dem breiten Fenstersims zusammenkauerte, ein Buch in den Händen und vom geöffneten Fenster aus mit ihren Helden durch die Luft auf und davon flog. Wie leicht war es, all die Sorgen hinter sich zu lassen! Von oben betrachtet erschienen diese winzig und unbedeutend. Einfach lächerlich. Wann hatte sie verlernt, wie ein Kind zu träumen uns Kummer und Sorgen einfach auszublenden?
    Eine halbe Stunde später räkelte und streckte sie sich ein letztes Mal genüsslich und hievte sich in Tai-Chi-Geschwindigkeit aus dem Bett. Ein Blick in den Spiegel sagte ihr mehr, als sie jemals über Alkohol hatte wissen wollen. Dann schlich sie, mit nichts als einem hauchzarten, seidenen Morgenmantel bekleidet, aus ihrem Zimmer. Der Duft von frischem Kaffee lockte sie in die Küche. Sie sollte Juliette für eine Heiligsprechung vorschlagen.
    Sachte tätschelte sie ihren Magen, der laut vernehmlich knurrte. Zugegeben, beim Abendessen hatte sie ihn nicht gerade verwöhnt, aber nach Alains kaltschnäuzigem Verhalten, seinen, wenngleich versteckten, so doch nicht minder treffenden Sticheleien und abfälligen Äußerungen über ihr chaotisches Leben war ihr verständlicherweise der Appetit vergangen.
    Sie prallte zurück.
    Das Bild, das sich ihr unerwartet beim Betreten der geräumigen Küche bot, verschlug ihr den Atem. Ihre Nerven vibrierten, als sie in fieberhafter Eile nach einem passenden Vergleich suchte. Dieser nackte Rücken mit den breiten Schultern und den schmalen Hüften stellte alles in den Schatten, was sie je zuvor gesehen hatte. Dieser Körper war eine Offenbarung. Ein Kunstwerk!
    Fasziniert beo bachtete sie das Spiel der wohlproportionierten Muskeln unter der straffen, gebräunten Haut. Geschäftig hantierte der Mann am Herd und es sah keineswegs so aus, als sei ihm diese Tätigkeit fremd. Er pfiff ungeniert vor sich hin und bewegte den Oberkörper geschmeidig im Takt der Musik aus dem Radio. Seine langen Haare hatte er mit einem Lederband zurückgebunden, damit sie ihm beim Arbeiten nicht wie sonst in die Augen fielen.
    In Beates gemartertem Hirn schrillten die Alarmglocken. Ihr Verstand arbeitete auf Hochtouren und forderte sie eindringlich auf , sich schnellstens umzudrehen und in ihr Zimmer zu retten. Besser noch wäre, sich darin bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag zu verbarrikadieren, wie es ihr Alain am Abend zuvor empfohlen hatte. Er musste genau gewusst haben, warum. Er war so verdammt überzeugt von seiner Schönheit! Und das Schlimmste daran war: Er hatte vollkommen Recht.

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