Tödliche Mitgift
Metallicbraun, dessen hintere Scheiben mit einer selbst angebrachten, Blasen werfenden Folie dunkel getönt worden waren, fanden sich wohl zwanzig unterschiedliche Fahrzeuge auf dem Hof.
Als Pia das zu der Werkstatt gehörige Büro betrat, hob eine dunkelhaarige Frau, die an ihrem Computer arbeitete, den Kopf. Rosa Fanelli, mit der Pia telefoniert hatte, sah jünger aus, als sie erwartet hatte. Entweder war sie sehr früh Mutter geworden, oder sie besaß dieses Gen, das einen Menschen über lange Zeit nicht sichtbar altern ließ. Ihre Haut sah glatt aus und hatte einen goldenen Ton, der sich in der goldbraunen Farbe ihrer Iris wiederholte. Frau Fanelli begrüßte Pia höflich, aber auch sichtlich beunruhigt.
»Mein Mann ist noch nicht fertig«, erklärte sie, »er ist seit Stunden mit der Fehlersuche bei einem Kundenfahrzeug beschäftigt: Elektrikprobleme unklarer Ursache. Da geht gerade nichts mehr. Wahrscheinlich ein Fehler im Kabelbaum. Meinetwegen können Sie ihn bei seiner Arbeit stören, doch ich habe die Erfahrung gemacht, dass er einem in so einer Situation gar nicht richtig zuhört.«
»Ich möchte sowieso zuerst mit Ihnen allein sprechen«, antwortete Pia. »Eigentlich suche ich nämlich Ihren Schwiegersohn. Wissen Sie, wo Matthias Nowak sich aufhält?«
»Nicht schon wieder! Was will die Polizei denn diesmal von ihm?«
»Ich habe schlechte Neuigkeiten für ihn. Es geht um seine Schwester Annegret Dreyling.«
»Questa puttana! Wenn sie in Schwierigkeiten ist, wundert mich das allerdings gar nicht!«
Pia stutzte. »Warum?«
»Ich kenne Annegret nicht persönlich, aber bis auf meinen Schwiegersohn Matthias taugt die Familie Nowak nun mal nicht viel. Schlechtes Blut, da kann man nichts machen. Meine Tochter Caterina hat mir Dinge über ihre Schwägerin Annegret und auch über Matthias’ Mutter erzählt, Sie würden es nicht glauben …«
»Was für Dinge? Können Sie das konkreter ausführen?«, fragte Pia. Die Erwähnung von Annegret Dreylings Namen schien bei Frau Fanelli hochgradig explosive Emotionen provoziert zu haben.
»Ach, die eine Nowak ist wie die andere. Da wird auch ein neuer Nachname nichts dran ändern. Die gehen mit jedem Mann mit, der ein dickes Auto fährt oder ihnen auch nur einen Drink spendiert. Ich habe mich schon sehr gewundert, als Matthias’ Schwester neulich geheiratet hat. Da muss sie wirklich einen Dummen gefunden haben. Meine Tochter Caterina ist auch gar nicht erst zu dieser Hochzeit gegangen, obwohl sie ihre Schwägerin ist …«
»Wir haben Grund zu der Annahme, dass Annegret Dreyling tot ist.«
»Was? Wieso das …?«
»In einem Hotelzimmer in Italien ist eine tote Frau gefunden worden. Sie war unter Annegrets Namen und Heimatadresse in einem Hotel in Perugia abgestiegen. Noch ist die Frau nicht zweifelsfrei identifiziert worden, aber die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um Annegret Dreyling handelt, ist hoch.«
»Sie … scherzen wohl nicht …« Pia beobachtete Rosa Fanelli genau. Ihr Erschrecken war echt, doch ob die Nachricht von Annegrets Tod oder die Erwähnung Perugias der Auslöser war, war schwer auszumachen.
»Nein, das ist gewiss kein Scherz. Wir sind von der italienischen Polizei um unsere Mithilfe gebeten worden. Es geht um Mord, und wir suchen dringend jemanden, der das Opfer identifizieren kann. Deshalb frage ich auch nach Annegrets Bruder, Matthias Nowak.«
»Ein Mord, sagen Sie? Das kann ich fast nicht glauben. Aber Sie können meinen Schwiegersohn trotzdem nicht sprechen. Er ist zurzeit gar nicht in Deutschland. Matthias ist auf Geschäftsreise. Ich kann Ihnen nur eine Telefonnummer geben, unter der Sie ihn erreichen können.«
»Das wäre schon nützlich. Wo genau hält sich Ihr Schwiegersohn denn auf?«
»In Italien, Umbrien, um genau zu sein.«
»Vielleicht in Perugia?«
»Er erwähnte so etwas. Ich verstehe das nicht …«
»Sagt Ihnen das Guarini Palace Hotel etwas?«
»Ich … weiß nicht.« Rosa Fanelli dachte einen Augenblick nach. Dann riss sie sich zusammen und sagte entschlossen: »Kommen Sie bitte mit. Francesco muss das auch zu hören bekommen.« Sie führte Pia durch eine Metalltür in die Werkstatt, die im rückwärtigen Teil des Gebäudes lag. Ein Mann in blauem Arbeitsoverall tauchte hinter einem auf Augenhöhe befindlichen Fahrzeug auf.
»Mein Mann, Francesco Fanelli. Die Kriminalkommissarin, die angerufen hatte, Francesco«, stellte Rosa Fanelli die beiden einander vor. Pia nannte ihren Namen und schüttelte die ihr
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