Tödliche Nähe
Klinik aufgespürt, und als er den Kopf hob und sie ansah, wurde ihm schlagartig bewusst, dass sie ihn auch so schnell nicht wieder allein lassen würde.
Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter, die er mit seiner bedeckte, und nahm neben ihm auf der kleinen Holzbank Platz. »Hast du dich von den Ärzten durchchecken lassen?«
»Nicht nötig. Er hat mich ja nicht einmal angefasst.« Liebevoll strich sie ihm die Haare aus dem Gesicht und betrachtete ihn mit besorgter Miene. »Alles in Ordnung?«
Remy lachte bitter auf. »In Ordnung? Ich habe eben erst herausgefunden, dass mein Cousin ein Mörder war, ein äußerst brutaler Killer.« Er stockte, bevor er fortfuhr: »Weißt du, was mir einer der Deputies erzählt hat, mein Schatz? Sie haben in seiner Werkstatt höchstwahrscheinlich menschliche Asche gefunden. Asche! «
»Asche? … Wie kann das sein?«
»Die Brennöfen.« Er sah ihr in die Augen. »Letztes Jahr hat er meiner Mutter zu Weihnachten eine Schale geschenkt. Die Glasur war einfach umwerfend – sie schimmerte, fast als wäre sie lebendig. Sie hat ihn daraufhin gefragt, wie er einen so einzigartigen Überzug hinbekommen habe. Früher im College hat sie selbst ein wenig getöpfert, und da sie total ehrfürchtig war – muss ihm etwas wirklich, wirklich Außergewöhnliches gelungen sein.«
Er hielt inne, um die grauenhaften Informationen etwas sacken zu lassen. Alles würde herauskommen, alles. »Weißt du, was er ihr geantwortet hat? Er habe eine besondere Aschemischung für seine Glasur verwendet. Asche, Hope. Er meinte, die verleihe dem Ganzen ein besonderes Glühen, ein Eigenleben.«
Hope wurde kreidebleich. »Oh Gott, Remy!«
Sie wollte ihn in den Arm nehmen, doch er sprang von der Bank auf und schüttelte den Kopf.
»Nein! Um Himmels willen, wie kannst du mich jetzt noch berühren wollen, Hope?«
Schweigen. Schweres, unangenehmes Schweigen, das erst gebrochen wurde, als er sich wieder zu ihr umdrehte. »Jetzt, nachdem du darüber nachgedacht hast, möchtest du wohl lieber doch nicht, was?«
»Sei kein Dummkopf«, fauchte sie ihn an, stand auf und bohrte ihm einen ihrer Zeigefinger in die Brust. »Warum sollte ich dich nicht mehr berühren wollen? Du hattest mit seinen Machenschaften doch gar nichts zu tun. Oder wusstest du, was er getrieben hat? Hast du ihm geholfen? Ihn gedeckt?«
»Großer Gott, natürlich nicht!« Er starrte sie entsetzt an.
»Warum sollten sich meine Gefühle für dich dann ändern?«
Er schüttelte, immer noch vollkommen erschüttert, den Kopf, konnte nicht klar denken. Sie sollte nicht in seiner Nähe sein und ihn schon gar nicht anfassen.
Sie packte ihn mit ihren kleinen und dennoch erstaunlich kräftigen Händen am Hemdkragen. »Verdammt noch mal, du Idiot!« Hope schüttelte ihn. »Ich liebe dich. Ich habe mein ganzes Leben lang auf jemanden wie dich gewartet, und wenn du glaubst, ich würde nun einen Kerl wie Carter dazwischenfunken lassen, dann vergiss das ganz schnell.«
»Hope …«
»Nein!«, fiel sie ihm kopfschüttelnd ins Wort, ließ ihn los und legte ihm die Hände an die Wangen. »Ich muss nur eins wissen, mehr nicht. Liebst du mich?«
Remy schaute in ihre sanften, grünen Augen und seufzte. Irgendetwas versuchte das Entsetzen in ihm zu durchbrechen – etwas Wahres , Reines und Echtes . Es war sie . Hope. Er lehnte die Stirn gegen ihre und antwortete leise: »Mehr als mein eigenes Leben.«
»Das ist das Einzige, was zählt. Das Einzige! «
Lena lag auf dem Krankenhausbett und streichelte Puck über die Flanke. Zwar war sie selbst nicht verletzt worden, ihren Hund hatte es hingegen schwer erwischt. Der Arme … Zu allem Überfluss wollte Ezra sie nicht mit ihm zum Tierarzt fahren lassen. Doch unter der Hand konnte man ihn zum Glück auch hier auf gebrochene Rippen und Ähnliches hin untersuchen.
»Du hast dich wacker geschlagen, mein Dicker«, flüsterte sie und starrte in die Dunkelheit. Sie fühlte sich so furchtbar einsam. Puck schlief, wobei ›lag bewusstlos da‹ es besser traf. Anscheinend hatte Carter schweres Geschütz aufgefahren. Puck war von einem Betäubungspfeil getroffen worden, atmete jedoch noch …
Tränen strömten ihr aus den Augen. Sie kniff sie zusammen und vergrub das Gesicht in dem weichen, goldenen Fell des Hundes. »Halt durch, mein Junge. Für mich.«
Plötzlich streichelte ihr jemand übers Haar.
»Ezra!«
Sie schoss hoch und umklammerte ihn. Die Schluchzer, die ihr während der vergangenen Stunden sprichwörtlich in
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