Toedliche Offenbarung
lässt es noch einmal klingeln, dann nimmt sie das Gespräch an.
»Martha, endlich …«
»…«
» … Wie geht es dir? Ich wollte so gerne deine Stimme hören.«
»…«
»Sag doch etwas!«
Das hättest du alles haben können, du Blödmann. Tag und Nacht. Groll steigt in ihr hoch.
»Wie soll es mir gehen?« Sie überlegt einen Moment, dann bricht es aus ihr heraus. »Beschissen geht es mir. Trixi hat vorhin eine Leiche entdeckt, Borgfeld und Streuwald wuseln im Golfclub herum …« Diese weit aufgerissenen Augen, der offene Mund … Martha schluchzt noch lauter, als sie daran denkt.
Beckmann hat mit allem gerechnet, aber nicht mit einem solchen Ausbruch. Beschissen, Leiche, Trixi. Seine alten Kollegen Borgfeld und Streuwald. In was ist Martha jetzt schon wieder hineingeraten?
»Was ist … was ist passiert?«, stammelt er mehr, als dass er redet.
»Das weiß ich doch nicht. Nach dem Golftraining … Trixis Tasche ist umgefallen, die Bälle rollten raus und …« Reiß dich zusammen Martha, lass dich nicht so gehen. Erzähl in vernünftigen Worten, was passiert ist. Los! Ihre Stimmlage ist eine Nuance schriller als sonst, als sie sagt: »… da hat sie den Toten gefunden.«
»Und dann?«
Was ist das für eine blöde Frage? Kann dieser Mann nicht ein bisschen Einfühlungsvermögen zeigen? Den ganzen Vormittag lang hat Martha sich beherrscht. Jetzt kann sie nicht mehr. Sie fängt hemmungslos an zu heulen.
Beckmann ist irritiert. Als das Schluchzen am Telefon sich beruhigt, sagt er in leisem, doch bestimmten Ton: »Ich komme vorbei.«
Martha sieht die Szene im Dorfkrug mit Vanessa wieder vor sich. Vanessas Arme, die Beckmann umschlingen. Vanessas Liebesgesäusel. Trotzdem kommt ihr seine Stimme so vertraut vor. Vielleicht … nein, ermahnt sie die Stimme der Vernunft. Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Sag Nein. Leg den Hörer auf.
»Ich weiß nicht«, murmelt sie und möchte am liebsten gleich wieder losheulen.
»Aber ich. In einer halben Stunde bin ich bei dir.«
Erschöpft drückt sie auf die rote Taste ihres schnurlosen Telefons. Sie kann ja immer noch einfach so tun, als ob sie nicht zuhause ist, wenn er kommt.
21
Als Felix wieder zu sich kommt, schmerzt sein Brustkorb.
»Was machst du hier, du Arsch?«, schreit eine fremde Stimme ihn an.
Felix fühlt den heftigen Tritt, hört das Krachen seiner Rippen, spürt ein stechendes Ziehen in der Brust. Schützend hält er die Hände vors Gesicht. Aus dem Augenwinkel erkennt er die 88. Im nächsten Moment holt die Doppelacht zum Stoß aus. Felix rollt sich zur Seite. Nicht schnell genug. Er schreit vor Schmerz auf, als ihn die Kappe des Springerstiefels im Magen trifft.
»Ich hab dich was gefragt, du Arschgesicht. Antworte!« Der nächste Fußtritt landet in der anderen Körperhälfte. »Rede gefälligst!«
Felix liegt rücklings auf dem Boden, sein Peiniger steht breitbeinig vor ihm, in der rechten Faust einen Baseballschläger, dessen unteres Ende er mit lauerndem Blick ständig in die linke Handflächenhälfte schlägt.
»Spuck’s aus, sonst nehm’ ich dich in die Mangel.«
Der Schlagstock kracht schon im nächsten Augenblick auf seine Wade. Felix bäumt sich vor Schmerz auf. Was soll er nur machen?
»Ich …«, stottert Felix, »… ich mache Fotos.« Sein Herz schlägt bis zum Hals. »Naturaufnahmen.« Scheiße, in was ist er da hineingeraten?
»Das ist hier Privatgelände, du Arsch. Da hast du nichts zu suchen.« Der Baseballschläger donnert erneut auf ihn nieder. Dieses Mal trifft die 88 seine Schulter. Felix hört einen Knochen krachen. Das Schlüsselbein? Ein stechender Schmerz zieht von der Schulter abwärts. Felix hat Angst. Riesengroße Angst. Was soll er tun? Er muss den Typen beruhigen, sonst schlägt der immer weiter. Aber womit?
»Da hab ich mich wohl verlaufen«, versucht er es. »Kann doch passieren.«
»Los, Karl, zeig ihm, was wir mit Leuten tun, die heimlich auf unserem Gelände rumschleichen. Polier ihm die Fresse.« Die 88 zieht Felix mit seiner riesigen Pranke hoch. »Verpass ihm einen Denkzettel, den er so bald nicht vergisst.«
Der andere Junge tritt einen Schritt vor und ballt die Fäuste. Sie schnellen auf Felix’ Bauch zu, stoppen jedoch im letzten Moment, so als wenn sie es sich anders überlegt hätten.
»Lass gut sein, Matusch. Der hat genug abbekommen.«
Felix atmet erleichtert auf. Jetzt setzt die Vernunft bei denen ein. Natürlich. Die müssen doch Angst vor den
Weitere Kostenlose Bücher