Toedliche Offenbarung
einem Tonfall, als wenn er gar nicht wüsste, warum er hier sitzt und befragt wird. Arroganz ist das Einzige, was ihm als Ablenkung einfällt. »Das fand vorgestern Nachmittag statt.«
»Und wo?«
»Bei uns im Clubhaus.«
»Kurz bevor er ermordet wurde, hat er sie also interviewt. Bemerkenswert, dass man Ihnen das so aus der Nase ziehen muss. Von Unterstützung der Ermittlungsarbeit kann da nicht gerade die Rede sein.«
»Aber ich bitte Sie, wie hätte ich denn ahnen können, dass Sie das interessiert.«
»Bei Mord interessiert uns alles, was das Opfer betrifft und seinen möglichen Mörder.«
Borgfeld und Streuwald gefallen Beckmanns Handkantenschläge in Goldmanns Selbstgefälligkeit. Beide haben sich schon gefragt, wie Beckmann den Angriff starten würde. Mit Genugtuung sehen sie nun, wie der Präsident nach dem letzten Satz erblasst und schweigt.
Beckmann macht Borgfeld ein unmerkliches Zeichen. Er hat lange genug das Gefühl ausgekostet, den Fisch zappeln zu sehen. Jetzt ist es Zeit, ihn mit Schwung an Land zu ziehen.
»Wo sollte das Interview veröffentlicht werden?«
»Auf einer seiner Internet-Plattformen. Das habe ich doch schon gestern gesagt.« Goldmann versucht sich an einem freundlichen Lächeln, obwohl er am liebsten aufspringen und gehen würde.
Borgfeld hat Beckmanns Zwinkern verstanden und übernimmt. »Vielleicht bei Bürger gegen Golf ?«
Goldmanns Gesicht wird noch eine Spur blasser, rote Flecken blühen auf seinen Wangen. Das betrachtet Beckmann als Startsignal für die nächste Runde. Er hebt den schlichten Buchenholzstuhl an, dreht ihn um und setzt sich rittlings vor Goldmann.
»Jetzt sagen Sie uns endlich, womit er sie erpresst hat.«
Goldmanns Hände zittern. Verdammt, Zwingel und er haben diese Polizisten unterschätzt.
»Ich möchte meinen Anwalt sprechen.« Mehr kommt nicht über seine Lippen.
»Dürfen Sie.« Beckmann hält ihm den Telefonhörer hin. Der Fisch liegt im Eimer und zappelt. Beckmann liebt diesen Anblick. »Wäre schön, wenn Sie uns vorher noch mitteilen, wo Sie vorgestern Abend waren.«
»Verdächtigen Sie mich etwa?« Goldmanns Stimme überschlägt sich. Sein rechtes Augenlid flackert nervös.
»Geben Sie uns Ihr Alibi, und die Sache ist erledigt. Ganz einfach.« Beckmann hält immer noch den Telefonhörer in der Hand.
Goldmann starrt aus dem Fenster und verfängt sich mit seinen Gedanken im Laub der Linden.
»Was ist?« Beckmann lässt nicht locker.
»Ich möchte meinen Anwalt sprechen.«
»Machen Sie das. Wir treffen uns um 13:00 Uhr im Clubheim. Ob mit oder ohne Ihren Rechtsbeistand, das ist mir egal. Aber dann möchte ich Antworten auf meine Fragen.« Beckmann öffnet die Tür.
12
Was für ein Idiot ist er gewesen, allein zu dem Grundstück zu gehen. Als wenn er mit so etwas Sonja beeindrucken könnte. Das kann nur einem Blödmann wie ihm einfallen. Statt seinen Mut zu demonstrieren, hat er seine Dummheit bewiesen. Wenn er hier je wieder lebendig rauskommt, kann er sich nicht wieder unter ihre Augen trauen. Das wird ihm schlagartig klar. Kein Mädchen wie Sonja will etwas mit einem Trottel wie ihm zu tun haben.
Felix’ Zunge klebt am Gaumen, als hätte er Haftcreme benutzt. Die Haut im Gesicht brennt und juckt. Seine Lippen sind aufgeplatzt und trocken. Oben in den Baumwipfeln klagen die Krähen. Modriger Geruch steigt ihm in die Nase. Wird er hier sterben? Der Gedanke kommt und geht, aber er schmerzt nicht. Felix hat nicht einmal mehr die Kraft, sich selbst zu bemitleiden. Grenzenlose Schwäche bemächtigt sich seiner.
Er muss wieder eingeschlafen sein. Als Felix die Augen erneut öffnet, blendet ihn die Sonne. Er will in den Schatten robben, doch beim ersten Versuch, sich zu bewegen, hält er inne. Nicht weit weg von ihm knackt etwas, erst leise, dann lauter. Ein dumpfes Geräusch kommt näher. Schritte. Sein Herz schlägt schneller. Der Förster, ein Jäger, irgendjemand kommt und rettet ihn. Aus den Augenwinkeln sieht Felix dunkle Hosenbeine auf sich zukommen. Nein, das kann nicht sein. Felix rührt sich nicht. Das darf nicht sein. Bitte, nicht wieder der. Felix versucht, nicht zu atmen, schickt immer wieder stumme Bittgebete zum Himmel, zu einem Gott, an den er gestern nicht mehr geglaubt hat.
Die schweren Schritte nähern sich, bleiben kurz vor Felix stehen. Über ihm hört er metallenes Ratschen. Scheiße, es ist der mit dem Messer. Felix bricht der Angstschweiß aus allen Poren, als er eine Hand auf seiner Stirn fühlt. Finger
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