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Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)

Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Marjorie.
    »Das ist nicht zu übersehen. Wie geht es dir, Liebes? Konntest du letzte Nacht schlafen?«
    »Nicht eine einzige Minute. Du, Mutter?«
    »Nein, natürlich nicht. Mir sind zu viele Gedanken durch den Kopf gegangen. Warum hat sie das nur getan, Marjorie?«
    »Ich weiß nicht, Mutter. Sie hat immer so fröhlich auf mich gewirkt. Ich dachte immer, sie wäre der sorgloseste Mensch auf der Welt.«
    »In den letzten ein, zwei Monaten war sie stiller als sonst, finde ich«, sagte Mrs Clair.
    Doch es war nicht möglich, ein ungestörtes Gespräch zu führen. Die Unterbrechungen setzten sofort ein. Mrs Taylor von nebenan klopfte an die Seitentür, gleich nachdem ihr Ehemann zur Arbeit gegangen war, und wollte etwas über die neuesten Entwicklungen erfahren. Und Mrs Posket, die vier Türen weiter wohnte und Marjorie eigentlich nur entfernt vom Grüßen kannte, aber die berüchtigtste Klatschbase des Harrison Way war, kam fünf Minuten später, genau wie von Marjorie erwartet. Sie war gestern am späten Abend auch aufgewacht, hatte dummerweise aber den Krankenwagen nur noch wegfahren sehen. Voller Neid hörte sie Mrs Taylors atemlosen Bericht an, wie Mrs Graingers Klopfen sie aus dem Bett geholt habe und wie sie in dies Haus gekommen sei, in ebendiese Küche hier, und tatsächlich die tote junge Frau mit dem Kopf im Gasherd habe daliegen sehen.
    »Oh!«, rief Mrs Posket. Es zerriss ihr das Herz, wenn sie daran dachte, was sie verpasst hatte.
    »Es war schauderhaft«, sagte Mrs Taylor. »Das werde ich mein Lebtag nicht vergessen.«
    »Sie lag wohl ganz verrenkt da?«, fragte Mrs Posket.
    »Nein«, sagte Mrs Taylor widerstrebend. »Einfach nur mit ihrem Gesicht auf dem Arm, so, als würde sie schlafen.«
    »Ich hätte ja gedacht, wenn sie erstickt ist, müsste sie eigentlich auch ganz verrenkt sein«, erwiderte Mrs Posket misstrauisch. »Warum hat sie es denn getan?«
    »Das weiß keiner«, sagte Mrs Taylor. »Danach habe ich Mrs Grainger gerade gefragt, als du kamst.«
    »Vielleicht gibt uns die Leichenschau da ja Aufschluss«, sagte Mrs Posket und wechselte einen bedeutungsvollen Blick mit Mrs Taylor. Bis zu diesem Augenblick war es weder der Mutter noch der Schwester der Toten in den Sinn gekommen, dass sie möglicherweise schwanger gewesen sein könnte – es brauchte eine Mrs Posket, um diesen Verdacht aufzubringen. Mrs Clair sah, wie bleich Marjorie geworden war.
    »Also, Marjorie«, begann sie forsch. »Leichenschau hin oder her, die Hausarbeit muss gemacht werden. Wenn du nach oben gehst und die Betten machst, werde ich das Geschirr hier abwaschen und an die Tür gehen.«
    Doch selbst danach gab es noch gewisse Zwischenfälle, die Marjories persönliche Anwesenheit erforderten. Ein Polizist klopfte mit einem donnernden Rat-tat an die Tür und brachte einen Brief für Mrs Grainger, den er ihr selbst aushändigen musste – Mrs Clair durfte ihn nicht annehmen.
    »Und hier habe ich auch noch einen für Ihren Ehemann, Mrs Grainger«, sagte der Constable.
    »Er ist im Büro«, erwiderte Marjorie.
    »In den Geschäftsräumen der Gas-Gesellschaft in der High Street?«, fragte der Constable nach einem Blick in seine Unterlagen.
    »Ja.«
    »Dann werde ich ihm den Brief dort übergeben. Also, mal sehen. Ihrer Mutter habe ich den für sie bestimmten schon gegeben. Das ist dann alles. Danke, Madam.«
    Der Umschlag enthielt die Vorladung – untermauert mit Hinweisen auf die schwerwiegenden Konsequenzen, die eine Zuwiderhandlung nach sich ziehen würde –, sich zum Zwecke der Feststellung der Todesursache von Dorothy Evelyn Clair im Untersuchungsgericht einzufinden, die ebendort am 20. Juni um elf Uhr vormittags abgehalten werde – das war morgen. Marjorie erriet die Bedeutung dieser Aufforderung in ihrem benommenen Zustand eher intuitiv – die leicht altmodischen Formulierungen machten nur wenig Eindruck auf sie.
    Sie war kaum die Treppe wieder hinaufgegangen, um mit der allwöchentlichen gründlichen Reinigung des Schlafzimmers fortzufahren, als die nächste Unterbrechung kam. Derrick war es gelungen, sich in den Finger zu schneiden, und er wollte es nicht einmal seiner geliebten Grannie erlauben, ihn zu verbinden; keiner außer seiner Mummy durfte das tun. Marjorie fand ein Stück Mullbinde und bandagierte die böse Schnittwunde.
    »Wie hast du das nur gemacht, mein Junge?«, fragte Marjorie.
    Jetzt ließ Derrick nur noch schweigend den Kopf hängen, sein Geheule war plötzlich verstummt – ein sicheres Zeichen

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